Freitag, 29. März 2024

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Liane Bednarz vs. Michel Friedman
Sollen wir die AfD wie jede andere Partei behandeln? 

Zum ersten Mal ist die AfD im Bundestag und schon wurde die Geschäftsordnung verändert. Die Verunsicherung in Politik und Medien ist spürbar. Kann man sie wie eine ganz normale Partei behandeln? Darüber diskutieren Liane Bednarz und Michel Friedman.

Am Mikrofon: Christiane Florin | 28.10.2017
    Michel Friedman vs. Liane Bednarz
    Michel Friedman vs. Liane Bednarz (dpa / picture alliance / Boris Roessler / Horst Galuschka)
    Die Publizistin Liane Bednarz empfiehlt entschiedene Gelassenheit und eine sachliche Auseinandersetzung mit den Positionen der AfD. Dem Journalisten Michel Friedman ist das zu wenig. Die AfD sei keine Partei wie jede andere, sie schüre Hass und zu viel Verständnis für ihre Wähler sei falsch.
    "Anhören, aber danach auch klaren Widerspruch äußern"
    Liane Bednarz ist Publizistin und Juristin. Sie hat mehrere Bücher über die AfD und die Neue Rechte veröffentlicht. Zur AfD im Bundestag meint sie:
    Ja, man soll sie wie jede andere Partei behandeln. Ich empfehle mit ihr umzugehen, als Motto könnte man sich setzen - das schrieb Thomas Schmid neulich - "entschiedene Gelassenheit". Man soll die AfD formal im Bundestag wie alle anderen Parteien behandeln, sprich: Man soll ihre Vertreter nicht unterbrechen. Man kann sich das anhören, aber danach auch klaren Widerspruch äußern. Was die Präsenz in den Medien anbetrifft, sollte man die AfD insofern wie jede andere Partei behandeln, als man sie zu Themen einlädt, zu denen sie sich äußert. Umgekehrt besteht kein Anspruch der AfD darauf, in den Medien besonders präsent zu sein. Wichtig ist es, im Gegensatz zu einer Totalstigmatisierung, die AfD inhaltlich zustellen. Da habe ich den Eindruck, dass das in den Talkshows immer noch zu wenig geschieht. Man muss darüber aufklären, was die Partei in ihrem Programm schreibt, wo Pappkameraden aufgebaut werden, was nicht überzeugend ist. Ich glaube, dass man durch eine Totalausgrenzung die AfDler nicht wieder für die bürgerliche Mitte gewinnen wird.
    "Keine Partei wie jede andere"
    Michel Friedman ist Jurist, CDU-Politiker, Publizist und Fernsehmoderator. Seit Jahren engagiert sich er sich gegen Antisemitismus und Rassismus. Er sagt über die AfD:
    Die AfD ist demokratisch gewählt, damit hat sie einen Anspruch, als solche auch behandelt zu werden, aber nein: Sie ist keine Partei wie alle anderen, denn sie arbeitet mit rassistischen Narrativen, sie arbeitet mit antisemitischen Überlegungen. Teilweise gibt es eine Umschreibung der Verantwortung Deutschlands im "Dritten Reich" und teilweise antwortet sie mit viel Hass und Menschenfeindlichkeit. Nicht rechtlich, aber politisch empfinde ich diese Partei als eine Partei, die das Grundgesetz nicht respektiert und wiedergibt, eine Partei, die unabhängig von der Frage, ob man sie als rassistisch und antisemitisch einordnet, die Würde des Menschen hintanstehen lässt. So gesehen ist sie keine Partei wie jede andere, aber wenn sie sich im Parlament äußert, wenn sie im Parlament arbeitet, dann hat sie einen Anspruch darauf, dass man sie demokratisch begleitet. Das gilt auch für uns, die Medien. Nur: Sie damit salonfähig zu machen, den Eindruck zu erwecken, dass das der Alltag der Zukunft sei, davor warne ich. In wenigen Tagen haben wir den 9. November, im Jahre '38 brannten überall die Synagogen. Wir haben nach 1945 gesagt: Wehret den Anfängen. Nach dem Einzug der AfD im Bundestag sind die Anfänge schon lange nicht mehr abgewehrt.