Die Ausstellung beginnt mit einer Überraschung. Man wird empfangen mit einem Riesenformat von Adolphe Bougereau aus dem Jahr 1886: eine von schäkernden Amoretten umgebene Venus als Allegorie des Frühlings. Perfekte, akademische, klassizistische Malerei in der Tradition von Poussin – die Kuratoren Christian von Holst und Christofer Conrad wollen wenigstens an einem Beispiel die etablierte französische Salon-Kunst herbeizitieren, gegen die die so genannten Impressionisten im ausgehenden 19.Jahrhundert antraten.
Das zentrale Bild der Ausstellung ist ein Jahr später fertiggeworden als Bougereaus dekorative Dame: "Sous les peupliers, effet de soleil" von Claude Monet, also etwa: "Lichtspiele unter Pappeln" datiert von 1887 - und ist ganz dem Augenblick, dem flirrenden Sonnenlicht hingegeben. In diesen sanft wogenden Frühlingsfeldern steht, vor den Pappeln, sehr unscharf, eine aufs Land verirrte Pariser Dame mit türkisgrünem Schirm, seitlich winkt ein Kind, aber das ist fast schon aufgesogen von Ähren, Blumen, Landschaft.
Während der anmutig bewegte Vordergrund mit pointillistischer Verve aufgetragen ist, reine Farbwirkung, Farbkombinationen, -abstufungen, haben die Pappeln realistischere Kontur; sie bilden die senkrechten Koordinaten einer sorgfältigen Bildkomposition, die horizontal von einem flachen Bergzug und einem blassgrau-dunstigen Himmel abgeschlossen wird.
Dieses Bild, das vom Gefühl des Sich-Tragenlassens in einer Sommerstimmung erzählt, ist seit 1906 im Besitz der Stuttgarter Staatsgalerie. Der Kunsthändler Paul Cassirer veranstaltete damals eine Wanderausstellung mit Werken von Monet und Manet, der gerade gegründete Stuttgarter Galerieverein kaufte – und musste sich von der Presse damals ziemlich ausschimpfen lassen. Das Bild verschwand im Depot.
Mittlerweile weiß man natürlich, was man da hat – die Staatsgalerie gruppiert um dieses Bild herum – monothematisch - eine ganze Ausstellung: nur Monet, nur Landschaften. Sie sind weiträumig, luftig gehängt, skurrilerweise allerdings auf lila Wänden. Also: keine Kathedralen, keine Seerosen; keine Gärten. Ein paar einsame Frauen müssen sein. Gut, einige Vergleichsbilder von Pisarro und Sisley und sogar von van Gogh gibt es noch. Ansonsten: Mohnwiesen im Frühling, Mohnwiesen im Sommer. Sich spiegelnde Bäume in den Wassern der Epte. Lichtspiele, Sonnenreflexe. Blattwerk. Sümpfe. Rhapsfelder. Das Verschwinden der Landschaft im Nebel.
Und in der Konzentration auf das Immergleiche, in der Versenkung in diese oft nur geringfügig variierten Bildausschnitte sieht man dann, wie genau diese Bilder kalkuliert sind. Gerade weil die Staatsgalerie von weit her, bei den berühmtesten Museen ausleihen konnte und also viel Vergleichsmaterial hat, wird deutlich, dass hier nicht ein erster Eindruck, eine Impression im Freien spontan aufgepinselt wurde, sondern dass dieser Eindruck in einem langwierigen Arbeitsprozess hergestellt wurde, in vielen Farbschichten, Suchbewegungen, Übermalungen. Das Bild aus eigenem Besitz hat die Staatsgalerie sogar restauratorisch untersuchen lassen und die verschiedenen Farbauftragungen, Arbeitsstadien, aber auch spätere Farb-Absprengungen genau dokumentiert.
Des weiteren wird klar, dass Monet sich gerade in den Landschaftsbildern von einer (in den 1870iger Jahren) "verwischten" Gegenständlichkeit immer mehr zu einer Entmaterialisierung, wenn man so will: zu abstrakterer Malweise hinbewegte. Wie ein Musiker schreibt auch er Variationen über ein Thema; und was zu Beginn einfach das Festhalten von Wetteränderungen war, eine Palette für die sonnige Stimmung, eine für den aufziehenden Regen, wird dann als serielles (!) Prinzip beibehalten: ein Thema, immer wieder neu.
Die Landschaft verschwindet in den späteren Jahren dann in purer Farbkomposition, sie wird zu einer Art psychischem Innenraum – auch in der Bildaufteilung eine geniale, oszillierende Kunstwelt.
Man kann an diese Bilder sehr nah herangehen und sehen, wie viele Grüns, Blaus, Graus es gibt, wie die Farben sich ineinanderschlingen und wie diese Lichteffekte gemacht sind. Man kann die Ausstellung aber auch als eine Hommage an die französische Provinz begreifen. Denn wer diese Bilder sieht, der will schwerlich in Stuttgart bleiben, sondern sofort aufbrechen in die Normandie, zu Monets Orten, nach Argenteuil, Vetheuil, Giverny. Jetzt, im Mai, ist es am schönsten dort.
Das zentrale Bild der Ausstellung ist ein Jahr später fertiggeworden als Bougereaus dekorative Dame: "Sous les peupliers, effet de soleil" von Claude Monet, also etwa: "Lichtspiele unter Pappeln" datiert von 1887 - und ist ganz dem Augenblick, dem flirrenden Sonnenlicht hingegeben. In diesen sanft wogenden Frühlingsfeldern steht, vor den Pappeln, sehr unscharf, eine aufs Land verirrte Pariser Dame mit türkisgrünem Schirm, seitlich winkt ein Kind, aber das ist fast schon aufgesogen von Ähren, Blumen, Landschaft.
Während der anmutig bewegte Vordergrund mit pointillistischer Verve aufgetragen ist, reine Farbwirkung, Farbkombinationen, -abstufungen, haben die Pappeln realistischere Kontur; sie bilden die senkrechten Koordinaten einer sorgfältigen Bildkomposition, die horizontal von einem flachen Bergzug und einem blassgrau-dunstigen Himmel abgeschlossen wird.
Dieses Bild, das vom Gefühl des Sich-Tragenlassens in einer Sommerstimmung erzählt, ist seit 1906 im Besitz der Stuttgarter Staatsgalerie. Der Kunsthändler Paul Cassirer veranstaltete damals eine Wanderausstellung mit Werken von Monet und Manet, der gerade gegründete Stuttgarter Galerieverein kaufte – und musste sich von der Presse damals ziemlich ausschimpfen lassen. Das Bild verschwand im Depot.
Mittlerweile weiß man natürlich, was man da hat – die Staatsgalerie gruppiert um dieses Bild herum – monothematisch - eine ganze Ausstellung: nur Monet, nur Landschaften. Sie sind weiträumig, luftig gehängt, skurrilerweise allerdings auf lila Wänden. Also: keine Kathedralen, keine Seerosen; keine Gärten. Ein paar einsame Frauen müssen sein. Gut, einige Vergleichsbilder von Pisarro und Sisley und sogar von van Gogh gibt es noch. Ansonsten: Mohnwiesen im Frühling, Mohnwiesen im Sommer. Sich spiegelnde Bäume in den Wassern der Epte. Lichtspiele, Sonnenreflexe. Blattwerk. Sümpfe. Rhapsfelder. Das Verschwinden der Landschaft im Nebel.
Und in der Konzentration auf das Immergleiche, in der Versenkung in diese oft nur geringfügig variierten Bildausschnitte sieht man dann, wie genau diese Bilder kalkuliert sind. Gerade weil die Staatsgalerie von weit her, bei den berühmtesten Museen ausleihen konnte und also viel Vergleichsmaterial hat, wird deutlich, dass hier nicht ein erster Eindruck, eine Impression im Freien spontan aufgepinselt wurde, sondern dass dieser Eindruck in einem langwierigen Arbeitsprozess hergestellt wurde, in vielen Farbschichten, Suchbewegungen, Übermalungen. Das Bild aus eigenem Besitz hat die Staatsgalerie sogar restauratorisch untersuchen lassen und die verschiedenen Farbauftragungen, Arbeitsstadien, aber auch spätere Farb-Absprengungen genau dokumentiert.
Des weiteren wird klar, dass Monet sich gerade in den Landschaftsbildern von einer (in den 1870iger Jahren) "verwischten" Gegenständlichkeit immer mehr zu einer Entmaterialisierung, wenn man so will: zu abstrakterer Malweise hinbewegte. Wie ein Musiker schreibt auch er Variationen über ein Thema; und was zu Beginn einfach das Festhalten von Wetteränderungen war, eine Palette für die sonnige Stimmung, eine für den aufziehenden Regen, wird dann als serielles (!) Prinzip beibehalten: ein Thema, immer wieder neu.
Die Landschaft verschwindet in den späteren Jahren dann in purer Farbkomposition, sie wird zu einer Art psychischem Innenraum – auch in der Bildaufteilung eine geniale, oszillierende Kunstwelt.
Man kann an diese Bilder sehr nah herangehen und sehen, wie viele Grüns, Blaus, Graus es gibt, wie die Farben sich ineinanderschlingen und wie diese Lichteffekte gemacht sind. Man kann die Ausstellung aber auch als eine Hommage an die französische Provinz begreifen. Denn wer diese Bilder sieht, der will schwerlich in Stuttgart bleiben, sondern sofort aufbrechen in die Normandie, zu Monets Orten, nach Argenteuil, Vetheuil, Giverny. Jetzt, im Mai, ist es am schönsten dort.