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Licht und Schatten auf der Intersolar

Viele deutsche Solarunternehmen kämpfen ums Überleben oder mussten im letzten Jahr schließen. Das wirkt sich auch auf die Münchner Fachmesse Intersolar aus, die um 500 Aussteller geschrumpft ist. Von den übrig gebliebenen Ausstellern setzen viele auf die zukunftsträchtige Speicherung von Solarstrom.

Von Michael Watzke | 19.06.2013
    Am knallgelben Messestand von Solarworld, Europas größtem Solar-Modul-Hersteller, hängt ein schickes Elektroflugzeug. Direkt darunter geht ein Mann vor Ärger fast in die Luft. Milan Nitzschke, Vice Präsident von Solarworld, musste seinen Aktionären gerade erst einen harten Schuldenschnitt verkünden. Jetzt schimpft er über China:

    "Alle Unternehmen auf der ganzen Welt leiden unter chinesischem Dumping. Das heißt, unsere gesamte Branche hat einen gewaltigen Knacks bekommen. Sie finden hier überall fußkranke Unternehmen, die alle ihre Verluste schreiben. Weil in China – staatlich finanziert – Produktionskapazitäten aufgebaut wurden, die heute doppelt so groß sind wie die weltweite Nachfrage. Das kann ja nicht funktionieren."

    Jürgen Trittin nickt. Der grüne Spitzenkandidat macht einen Rundgang über die Intersolar und hört viele Klagen aus der Branche. Trittin gibt der Bundesregierung die Schuld:

    "Ich hatte bis jetzt immer geglaubt, es sei Aufgabe eines deutschen Wirtschaftsministers, sich um die deutsche Industrie zu kümmern und nicht, sie zu beschädigen. Aber das scheint Herr Rösler anders zu sehen. Der klatscht vor Freude in die Hände, wenn mal wieder ein Solarunternehmen in die Knie geht."

    In die Knie sind im letzten Jahr viele deutsche Solarunternehmen gegangen. Deshalb ist die Münchner Fachmesse Intersolar um 500 Aussteller geschrumpft, sagt Messeveranstalter Markus Elsässer:
    "Die Intersolar ist natürlich der Spiegel des Marktes. Und der Solarmarkt ist derzeit in einer schwierigen Phase. In einer weltweiten Konsolidierungsphase. Das spüren wir auch auf der Intersolar. Aber wenn Sie hier in die Gänge schauen, sehen Sie: Es ist großes Interesse da. Weil es jetzt darum geht, neue Geschäftsmodelle in den Markt zu bringen."

    Hauptthema: die Speicherung von Solarstrom. Allein 200 Aussteller befassen sich mit diesem zukunftsträchtigen Markt, der vor allem für Hausbesitzer mit Solardach interessant ist, erklärt Umweltstaatssekretär Jürgen Becker:

    "Denn inzwischen ist ja die Vergütung, die man bekommt, niedriger als der Haushaltsstrompreis. Sodass sich der Eigenverbrauch auch für den Häuslebesitzer lohnt. Hier müssen wir Möglichkeiten finden, den Strom, der in der Mittagssonne produziert wird, auch abends beim Fernsehen noch nutzen zu können."

    Intelligente Stromkonzepte für den Endkunden, smart grid für zu Hause – das ist das Geschäftsfeld der Zukunft. Firmen wie die sächsische Solarwatt GmbH bieten das an. Und sie haben kein Interesse an Strafzöllen für China, sagt Produkt-Management-Leiter Rene Merlon:

    "Strafzölle sind für uns nicht wichtig. Wir sind mit unseren Systemen für Kunden unterwegs, die sich unabhängig versorgen wollen. Die ihre Energieversorgung in die eigene Hand nehmen wollen. Deswegen haben wir uns aus dem Thema 'Strafzölle' rausgehalten. Das ist für uns nicht zielführend."

    Das Thema "Strafzölle für China" spaltet die Branche. Große Modulhersteller wie Solarworld verlangen sie, spezialisierte Betriebe und Handwerker wollen sie nicht, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft:

    "Und vor diesem Hintergrund muss ein so breit aufgestellter Branchenverband, wie wir es sind, sich neutral verhalten. Wir hoffen nur sehr, dass man sich jetzt schnell einigt, damit auch die Politik weiß, wie man das gegebenenfalls über Förderbedingungen flankieren muss."

    Denn staatliche Förderung braucht die Solarbranche immer noch – ob in China, den USA oder Deutschland.