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Lichtblick in Sicht?

BSE - diese drei Buchstaben sind für den Fleischmarkt und insbesondere für die Rinderzüchter zu einer Abkürzung des Schreckens geworden. Durch eigenes und politisches Versagen konnte die Rinderkrankheit auch in Deutschland ihre verheerende Wirkung ausüben. Monate-, ja jahrelang haben viele Verbraucher beim Fleisch anschließend nur noch zögernd zugegriffen. Seitdem mussten die Teilnehmer der traditionellen Rindermastbereisung an der Westküste von Schleswig-Holstein immer wieder auf die besonders schlechte Lage der Rinderhalter verweisen. Doch jetzt, so zeichnete es sich in diesem Jahr bei diesem agrarpolitisch wichtigen Termin für Bund und Länder ab, gibt es eine Tendenz zum Besseren.

Von Annette Eversberg |
    Im Husumer Schlachthof des dänischen Fleischkonzerns Danish Crown laufen die Rinderhälften an einem Band zügig zur Zerlegung. 100.000 Rinder werden hier pro Jahr geschlachtet. Schlachthofdirektor Karl-Heinz Sievers weiß, dass diese Schlachtzahlen, die für seinen Betrieb eine Auslastung von 90 Prozent bringen, schon hoch sind:

    Die Tiere sind ja auch nicht so reichlich und die Landwirte werden auch immer weniger, und so müssen wir ständig hinterher sein, dass wir diese 90 Prozent auch halten.

    Die Rindfleischerzeugung ist im letzten Jahr um 2,5 Prozent gesunken. So sehr, dass sogar die Selbstversorgung in Europa nicht mehr gewährleistet ist. Deshalb müssen auch andere europäische Schlachtunternehmen wie die Nordfleisch, die im holländischen Bestmeat-Konzern aufgegangen ist, um die Landwirte buhlen. Dr. Dierk Boie, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, glaubt jedoch den Landwirten das bieten zu können, was heute gefragt ist. Und das ist der Zugang zu internationalen Märkten:

    Der Trend geht dahin, dass auf der Absatzseite ja auch eine starke Internationalisierung der Märkte ist, die großen Lebensmitteleinzelhandelsketten werden auch immer größer. Und sie müssen heute ein relativ großes Angebotsspektrum haben, um aus der Menge des Rindfleisches auch eine entsprechende Menge herauszusortieren, so dass wir in diesem Jahr feststellen können, dass wir deutliche Zuwächse bei den Schlachtungen haben, also Marktanteile den kleineren Vermarktungsunternehmen wegnehmen, weil die großen Ketten sich stärker auch bei den großen Schlachtunternehmen bedienen werden.

    Eine starke Nachfrage bedeutet auch höhere Preise, und die sind für Jungbullen gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozent pro Kilo Schlachtgewicht gestiegen. Dr. Theodor Seegers, Leiter der Abteilung Agrarmärkte im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft:

    Wir haben jetzt eine sehr stabile Preissituation, auch Tendenz. Das hängt auch etwas damit zusammen, dass doch erhebliche Mengen auch Richtung Osten fließen. Das heißt, die Erwartungen, die man hatte, dass mit dem Beitritt der neuen Mitgliedsstaaten sehr viel Fleisch von dort hierher kommen würde, haben sich so nicht bestätigt. Und das hat dann dazu beigetragen, dass wir eine sehr stabile Situation haben.

    Ob dabei bereits die Entkopplung eine Rolle spielt, die bedeutet, dass die Produktion nicht mehr durch Prämien honoriert wird, ist noch nicht klar. Allerdings wird das aus der Sicht von Peter-Harry Carstensen, Agrarpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, ab dem nächsten Jahr bei den betriebswirtschaftlichen Entscheidungen der Rindermäster durchaus zu Buche schlagen:

    Die rechnen sich ihre Rentabilität aus, und sie bekommen dieses Geld ja schon selbstverständlich, ohne dass sie Rindermast noch weiter machen. Und wenn sie dann sich ausrechnen, dass sie jedem Rind noch 100 Euro an den Schwanz hängen, wenn sie dann produzieren, dann werden die natürlich aussteigen. Und die Prognosen aus Braunschweig zeigen uns ja, dass 30 Prozent aus der Rindermast verschwinden werden aus Deutschland und 40 Prozent in der Mutterkuhhaltung. Wir werden weniger Rindermast bekommen und ich mach mir Sorgen um die Grünlandflächen, die dann nicht mehr bewirtschaftet werden.

    Dagegen sieht der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister Klaus Müller diesen Rückgang durchaus positiv:

    Die Produktion wird sich verändern und ich sage deutlich, das wird auch gewollt. Wir haben in vielen Bereichen Überproduktion und niedrige Preise. Das beklagen die Landwirte lautstark und jeder, der das Einmaleins der Wirtschaft verstanden hat, weiß, dass nur, wenn die Produktionsmengen bei hoher Qualität sich ändern, wir auch einen hohen Preis bekommen.

    Die Rechnung scheint aufzugehen, denn die FAO hat für den internationalen Rindfleischmarkt im laufenden Jahr ein rasantes Wachstum von 19 Prozent gegenüber dem letzten Jahr vorhersagt. Die Nase vorn haben allerdings nicht die europäischen Produzenten. Sie werden die Verlierer sein. Länder wie Brasilien gelten als die Gewinner auf dem internationalen Rindfleischmarkt. Nicht nur wegen der Qualität. Für Otto Dietrich Steensen, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, gibt es dafür einen anderen gewichtigen Grund:

    Unsere Produktionskosten sind im Vergleich zu anderen Drittländern viel zu hoch, so dass die Wettbewerbsfähigkeit bei den Rindermästern heut nicht gegeben ist.