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Lidl
Umweltmogelpackung Plastikflasche?

Die Einwegplastikflaschen von Lidl, stellt der Discounter aus zurückgegebenen Flaschen selbst her. Experten kritisieren, dass mit diesem System der Schutz von Ressourcen vorgetäuscht werde. Die Deutsche Umwelthilfe prüft derzeit die Möglichkeit einer Abmahnung.

Von Daniela Siebert | 27.01.2016
    Ein Meer aus gebrauchten, blauen Plastikflaschen, die alle bereit für die Wiederverwertung sind.
    Ein Meer aus gebrauchten Plastikflaschen, die alle bereit für die Wiederverwertung sind. (imago / imagebroker / theissen)
    "Saskia" heißt das eine Corpus Delicti, "Freeway" das andere. Beide sind Eigenmarken des Discounters Lidl. Das Problem: Hier stecken Mineralwasser oder Apfelschorle in Einwegplastikflaschen, die Lidl selbst herstellt, auch aus Plastikflaschen, die die Kunden in die Pfandautomaten der Supermarktkette gesteckt haben. Thomas Fischer, den Experten für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe bringt das auf die Palme.
    "Wir werfen Lidl vor, dass sie den Verbrauchern vorgaukeln, dass Einwegplastikflaschen umweltfreundlich seien und dass man mit dem Kauf von Einwegplastikflaschen Ressourcen schützen würde und aktiven Umweltschutz betreiben würde, was vollkommener Unsinn ist."
    Lidl-Kreislaufflasche
    Tatsächlich bewirbt Lidl die eigenen Plastikflaschen derzeit als Beitrag zum Umweltschutz. Die sogenannte Lidl-Kreislaufflasche reduziere den Rohstoffeinsatz durchschnittlich um 55 Prozent und spare über 50.000 Tonnen CO2 jährlich. Für Thomas Fischer ist das eine Milchmädchenrechnung.
    "Man muss sich fragen, worauf beziehen sich die 50.000 Tonnen? Wenn ich etwas ziemlich Schlechtes mit etwas sehr Schlechtem vergleiche, dann kommt man zu dieser Entlastung, und zwar indem ich Einwegflaschen mit Recyclatanteil, mit Recyclingmaterial mit Einwegflaschen vergleiche, die aus Neumaterial besteht, das heißt aber nicht, dass diese Einwegflasche mit Recyclingmaterial umweltfreundlich ist, denn vergleicht man diese mit Mehrwegflaschen, dann bekommt man eigentlich das richtige Ergebnis, nämlich dass die Einwegflaschen nach wie vor Ressourcen- und Energie-Fresser sind, daran hat sich nichts verändert, denn die Flaschen bestehen immer noch fast zur Hälfte aus Neumaterial."
    Deshalb rät die Deutsche Umwelthilfe Verbrauchern, Mehrwegflaschen zu kaufen. Und damit ist sie nicht allein:
    "Auch das Umweltbundesamt vertritt in der Flaschenfrage eine klare Position. Dort lautet der Rat an Verbraucher ebenso klipp und klar: Kaufen Sie Mehrwegflaschen, am besten aus der Region."
    Und Thomas Fischer ergänzt: Mehrweg sei immer besser als Einweg, egal ob es um Plastik- oder Glasflaschen gehe. Bei Glasflaschen betrage der Recyclinganteil aber bis zu 90 Prozent, bei Plastik liege er durchschnittlich nur bei maximal zehn Prozent.
    17 Milliarden Einwegplastikflaschen würden jedes Jahr in den Verkehr gebracht bilanziert der Experte für Kreislaufwirtschaft.
    Deutsche Umwelthilfe hat Lidl konfrontiert
    Lidl sei dabei als großer Händler marktbestimmend, besonders bei Mineralwasserverpackungen, so Fischer. Die vielen Millionen Plastikflaschen aus der aktuellen Lidl-Kampagne sind also keineswegs eine Bagatelle. Die Deutsche Umwelthilfe habe Lidl bereits Ende letzter Woche mit ihren Vorwürfen und kritischen Nachfragen konfrontiert so Fischer.
    "Wir haben auch Lidl angeschrieben, zu bestimmten Dingen zu den Einwegplastikflaschen, haben Fragen gestellt, das ist alles komplett unbeantwortet geblieben bis jetzt und das finden wir sehr schade."
    Dem Deutschlandfunk antwortet Lidl auf seine gestrige Anfrage, warum man die Flaschen-Aktion für einen Beitrag zum Umweltschutz halte, nur schriftlich und eher ausweichend:
    "Lidl hat sich zur Aufgabe gemacht, eigene Verpackungssysteme auch ökologisch zu verbessern. Eines der wichtigsten Projekte dabei ist die Schließung des Wertstoffkreislaufs für Flaschen der Getränke-Eigenmarken Saskia und Freeway."
    Die Deutsche Umwelthilfe werde sich nun sämtliche Werbeunterlagen und -filme, die Lidl zu der Aktion publiziert hat genau ansehen und die Möglichkeit einer Abmahnung prüfen kündigt Thomas Fischer an. Damit war die Umwelthilfe 2008 schon einmal erfolgreich gegen Lidl: Damals hatte die Supermarktkette Einwegbierflaschen so designed, dass sie aussahen wie Mehrwegbierflaschen. Nach der Abmahnung der Umwelthilfe nahm Lidl diese Flaschen vom Markt.
    Viele Berliner Verbraucher haben indes noch nichts von der neuen Lidl-Kreislaufflasche gehört. Und so wie diese beiden Passanten spricht sie das Konzept nicht unbedingt an.
    "Ja, find ich nicht so besonders gut, Mehrweg ist besser, umwelttechnisch, ist halt einfach für CO2-Bilanz oder den Klimaschutz besser."
    Grundsätzlich Einwegplastikflaschen würde ich sagen: ist nutzlos. Sollte mehr Glasflaschen geben und mehr recyclebare Sachen, aber Plastikflaschen sind echt problematisch. Kauf ich wenn ich keine Wahl hab.