"- Barry: (ahmt Sirene nach) "Geschmacksalarm!"
- Kundin: "Ich suche die Platte für meine Tochter. Haben sie die?"
- Barry: "Na, selbstverständlich haben wir die."
- Kundin: "Wunderbar! Kann ich die dann wohl bekommen?"
- Barry: "Nein, tut mir leid. Die können sie nicht haben."
- Kundin: "Hä? Warum nicht?"
- Brian: "Wir handeln nicht mit fucking "I Just Called To Say I Love You". Sehen wir aus wie ein Laden, der Dreck wie "I Just Called To Say I Love You" verkauft?""
Rob, Dick und Barry heißen die drei Verkäufer im Plattenladen "Championship Vinyl". Nach Stevie Wonders "I Just Called To Say I Love You" sollte man hier lieber nicht fragen. Und auch sonst kann man nicht unbedingt sagen, dass die Drei in Sachen Musik besonders tolerant sind. Insofern ist es also schon eine seltsame Idee, gerade über sie ein Musical zu schreiben. Musicals rangieren bei "Championship Vinyl" wahrscheinlich noch sehr weit hinter "I Just Called To Say I Love You".
" Da ist schon Mann/Frau das Thema. Und letztendlich, was mich wirklich gereizt hat, ist das Ding, das funktioniert ja wie ein Popsong: Boy loses girl, wants to have her back."
... verteidigt Regisseur Franz-Joseph Dieken das Stück. Und natürlich geht es um Männer und Frauen, in "High Fidelity", in den meisten Popsongs, und irgendwie ja überhaupt im Leben. Rob jedenfalls, Inhaber von "Championship Vinyl", wird von seiner Freundin Laura verlassen. Und sie weiß, wo man einen Typ wie Rob am empfindlichsten trifft:
"- Laura: "Rob, ich nehme deine selbstgemachten Kassetten nicht mit."
- Rob: "Laura, die habe ich extra für dich gemacht. Laura, so ne Kassette zusammenzustellen ist ne komplizierte Angelegenheit! Ja, am Anfang brauchst du einen Hammersong.""
Einer wie Rob würde tatsächlich auch heute noch Kassetten aufnehmen, abgesehen davon ist das Stück 15 Jahre nach dem Buch aber etwas modernisiert: Aus dem Plattenladen, damals gab es noch in jedem Städtchen einen, ist "der letzte Plattenladen geworden", ein Ort, wo es noch Vinyl zu kaufen gibt und man Amazon und iTunes vielleicht sogar noch mehr hasst als Musicals.
Überhaupt wird viel gehasst bei "Championship Vinyl". Und die wenigen Dinge auf der Welt, die man liebt, werden hier in Top-Fünf-Listen aufgezählt, ein hilfloser Versuch, der Welt eine Ordnung zu verpassen.
"- Brian: "Okay, Jungs: Die besten fünf Süßigkeiten, die es im Glas gibt. Oder nee, besser: Die fünf besten Platten von blinden Musikern. Oder nee, nee, noch besser – um bei Dicks Geschmack zu bleiben: Die fünf miesesten Duette aller Zeiten. Nummer eins: "Islands in the Stream" – Dolly und Kenny. Nummer zwei...""
Die Bühne besteht aus drei großen Ladentresen, an der Rückwand hängen als Leuchtkästen Plattencover, die Beatles, Stones, Police, AC/DC, Nirvana, Velvet Underground, B 52's. Dieser musikalischen Vielfalt wird das Musical auch ansatzweise gerecht, von Heavy Metal über HipHop bis zum dadaistischen Kunstlied.
Franz-Joseph Dieken: "Also, es ist schon ein Musical, weil es gibt so alle Elemente da drin, aber es ist ein Musiktheater. Und vor allen Dingen ist es Rock!"
Dennoch, die Jungs von "Championship Vinyl" hätten hier schon längst Geschmacksalarm ausgerufen, denn auf triefenden Musicalkitsch will man auch hier nicht verzichten.
Das ist die Musicalkrankheit überhaupt: Romantisch muss es sein, und je nach Thema wird die Musik ein bisschen angereichert, beim "König der Löwen" mit Buschtrommeln, hier eben mit Punk, HipHop und Heavy Metal. Doch das Schöne an dieser Inszenierung ist, dass sie trotzdem nicht versucht, den großen Produktionen in Hamburg, der deutschen Musicalhauptstadt, Konkurrenz zu machen. Die große Abendunterhaltung, wie sie die Musicaltouristen suchen, kann und will das Altonaer Theater natürlich nicht stemmen. Und bietet dafür einen umso größeren Spaß: Die schönen Choreografien sitzen nicht unbedingt immer hundertprozentig. Und dass eine Frauenrolle im Chor mit einem geschminkten Mann besetzt ist, bringt noch mehr unfreiwillige Komik hinein. Die beiden Hauptdarsteller singen zwar tadellos, das kann man aber nicht von allen Stimmen an diesem Abend behaupten.
Doch auf der Bühne geht es eben so liebenswert-chaotisch zu wie im Plattenladen "Championship Vinyl", das gibt der Inszenierung mehr Glaubwürdigkeit, als in der Broadwayversion angelegt ist. Und macht den Abend zu einem echten Vergnügen. Dass es nicht weit vom Altonaer Theater, im Schanzenviertel, die höchste Dichte an Plattenläden in Deutschland gibt, ist dabei nur ein schöner Zufall.
Musicalinfos:
Das Musical "High Fidelity" hat am Sonntag im Altonaer Theater in Hamburg Premiere und läuft dann immer donnerstags bis sonntags, bis zum 9. September.
- Kundin: "Ich suche die Platte für meine Tochter. Haben sie die?"
- Barry: "Na, selbstverständlich haben wir die."
- Kundin: "Wunderbar! Kann ich die dann wohl bekommen?"
- Barry: "Nein, tut mir leid. Die können sie nicht haben."
- Kundin: "Hä? Warum nicht?"
- Brian: "Wir handeln nicht mit fucking "I Just Called To Say I Love You". Sehen wir aus wie ein Laden, der Dreck wie "I Just Called To Say I Love You" verkauft?""
Rob, Dick und Barry heißen die drei Verkäufer im Plattenladen "Championship Vinyl". Nach Stevie Wonders "I Just Called To Say I Love You" sollte man hier lieber nicht fragen. Und auch sonst kann man nicht unbedingt sagen, dass die Drei in Sachen Musik besonders tolerant sind. Insofern ist es also schon eine seltsame Idee, gerade über sie ein Musical zu schreiben. Musicals rangieren bei "Championship Vinyl" wahrscheinlich noch sehr weit hinter "I Just Called To Say I Love You".
" Da ist schon Mann/Frau das Thema. Und letztendlich, was mich wirklich gereizt hat, ist das Ding, das funktioniert ja wie ein Popsong: Boy loses girl, wants to have her back."
... verteidigt Regisseur Franz-Joseph Dieken das Stück. Und natürlich geht es um Männer und Frauen, in "High Fidelity", in den meisten Popsongs, und irgendwie ja überhaupt im Leben. Rob jedenfalls, Inhaber von "Championship Vinyl", wird von seiner Freundin Laura verlassen. Und sie weiß, wo man einen Typ wie Rob am empfindlichsten trifft:
"- Laura: "Rob, ich nehme deine selbstgemachten Kassetten nicht mit."
- Rob: "Laura, die habe ich extra für dich gemacht. Laura, so ne Kassette zusammenzustellen ist ne komplizierte Angelegenheit! Ja, am Anfang brauchst du einen Hammersong.""
Einer wie Rob würde tatsächlich auch heute noch Kassetten aufnehmen, abgesehen davon ist das Stück 15 Jahre nach dem Buch aber etwas modernisiert: Aus dem Plattenladen, damals gab es noch in jedem Städtchen einen, ist "der letzte Plattenladen geworden", ein Ort, wo es noch Vinyl zu kaufen gibt und man Amazon und iTunes vielleicht sogar noch mehr hasst als Musicals.
Überhaupt wird viel gehasst bei "Championship Vinyl". Und die wenigen Dinge auf der Welt, die man liebt, werden hier in Top-Fünf-Listen aufgezählt, ein hilfloser Versuch, der Welt eine Ordnung zu verpassen.
"- Brian: "Okay, Jungs: Die besten fünf Süßigkeiten, die es im Glas gibt. Oder nee, besser: Die fünf besten Platten von blinden Musikern. Oder nee, nee, noch besser – um bei Dicks Geschmack zu bleiben: Die fünf miesesten Duette aller Zeiten. Nummer eins: "Islands in the Stream" – Dolly und Kenny. Nummer zwei...""
Die Bühne besteht aus drei großen Ladentresen, an der Rückwand hängen als Leuchtkästen Plattencover, die Beatles, Stones, Police, AC/DC, Nirvana, Velvet Underground, B 52's. Dieser musikalischen Vielfalt wird das Musical auch ansatzweise gerecht, von Heavy Metal über HipHop bis zum dadaistischen Kunstlied.
Franz-Joseph Dieken: "Also, es ist schon ein Musical, weil es gibt so alle Elemente da drin, aber es ist ein Musiktheater. Und vor allen Dingen ist es Rock!"
Dennoch, die Jungs von "Championship Vinyl" hätten hier schon längst Geschmacksalarm ausgerufen, denn auf triefenden Musicalkitsch will man auch hier nicht verzichten.
Das ist die Musicalkrankheit überhaupt: Romantisch muss es sein, und je nach Thema wird die Musik ein bisschen angereichert, beim "König der Löwen" mit Buschtrommeln, hier eben mit Punk, HipHop und Heavy Metal. Doch das Schöne an dieser Inszenierung ist, dass sie trotzdem nicht versucht, den großen Produktionen in Hamburg, der deutschen Musicalhauptstadt, Konkurrenz zu machen. Die große Abendunterhaltung, wie sie die Musicaltouristen suchen, kann und will das Altonaer Theater natürlich nicht stemmen. Und bietet dafür einen umso größeren Spaß: Die schönen Choreografien sitzen nicht unbedingt immer hundertprozentig. Und dass eine Frauenrolle im Chor mit einem geschminkten Mann besetzt ist, bringt noch mehr unfreiwillige Komik hinein. Die beiden Hauptdarsteller singen zwar tadellos, das kann man aber nicht von allen Stimmen an diesem Abend behaupten.
Doch auf der Bühne geht es eben so liebenswert-chaotisch zu wie im Plattenladen "Championship Vinyl", das gibt der Inszenierung mehr Glaubwürdigkeit, als in der Broadwayversion angelegt ist. Und macht den Abend zu einem echten Vergnügen. Dass es nicht weit vom Altonaer Theater, im Schanzenviertel, die höchste Dichte an Plattenläden in Deutschland gibt, ist dabei nur ein schöner Zufall.
Musicalinfos:
Das Musical "High Fidelity" hat am Sonntag im Altonaer Theater in Hamburg Premiere und läuft dann immer donnerstags bis sonntags, bis zum 9. September.