Stefan Koldehoff: Alle Jahre wieder in der Weihnachtszeit lädt das Goethe-Institut zu seiner Jahrespressekonferenz, um Bilanz zu ziehen. In diesem Jahr wurde diese Pressekonferenz mit besonderer Spannung erwartet, denn das deutsche Kulturinstitut mit 16 Niederlassungen im Inland und 128 im Ausland hatte im vergangenen Jahr neue Schwerpunkte gesetzt: Institute in Deutschland und im Ausland wurden geschlossen, die Arbeit im ganz nahen, im nahen und im fernen Osten sollte dafür ausgebaut werden. Das lag unter anderem daran, dass die rot-grüne Vorgängerregierung dem Goethe-Institut die Zuschüsse deutlich gekürzt hatte. Eine Finanzkrise war die Folge. Im November dann konnte Goethe-Präsidentin Jutta Limbach dann aber aufatmen, denn das Parlament beschloss zusätzliche Mittel in zweistelliger Millionenhöhe. Frau Limbach: Dann müsste das doch heute eine ganz und gar fröhliche Jahrespressekonferenz mit positiver Bilanz gewesen sein…
Jutta Limbach: Ja, zunächst einmal positive Bilanz und ein großer Dank an alle, die dafür gesorgt haben, dass es diese 13,5 Millionen durch den Bundestag gegeben hat, und das bedeutet ja Erhaltung des Netzes. Wir hatten auf etwas mehr gehofft. Diese Gelder, die wir bekommen haben, die sind für die institutionelle Förderung, das heißt für das Goethe-Netz mit seinen Mitarbeitern und Bibliotheken, aber was wir in gleicher Weise noch bräuchten, wären Programmmittel, denn manch ein Institutsleiter hat kaum 20.000 Euro, um also Programme wie Lesungen zu veranstalten, Theater einzuladen oder Musikveranstaltungen oder Filmwochen zu machen.
Koldehoff: Was heißt das? Als wir vor einem Jahr mit Ihnen gesprochen haben, hieß es, wir müssen Goethe neu denken, wir müssen überlegen, ob wir im Inland möglicherweise reduzieren, um im Ausland, und da gerade im Nahen Osten, vielleicht unsere Aktivitäten zu verstärken. Ist das nach wie vor Politik des Goethe-Instituts?
Limbach: Das hat nichts mit dem Inland zu tun, denn im Inland haben wir zwar auch Institute, aber die sind nicht an die öffentliche Hand gebunden, aber was wir durchaus diskutiert hatten, war die Frage, ob wir Budget von Westeuropa in andere Bereiche der Welt umschichten, und das hatten wir in der Tat damals schon im Jahre 2003 beschlossen. Damit konnte ja vor 1989/1990 im Grunde genommen niemand rechnen, dass uns eines Tages auch Ost-, Mittel- und Südeuropa offen stehen wird. Das also ist tatsächlich neu, und wir werden unser Netz zwar nicht in der bisherigen Weise immer mit Instituten, sondern auch mit leichtern Präsenzformen wie Dialogpunkten, Sprachlernzentren, sowohl in China, in Indien, als auch im Nahen und Mittleren Osten noch weiter ausbauen.
Koldehoff: Welche Erfahrungen haben Sie denn dort im vergangenen Jahr gemacht, wird das Angebot, das Goethe dort unterbreitet, angenommen?
Limbach: Sehr, sehr stark, und wir könnten im Grunde genommen die doppelte Zahl von Goethe-Instituten haben, und gerade heute ist auch mitgeteilt worden, dass wir gar nicht so viel Sprachlehrer haben, wie wir gegenwärtig in China einsetzen könnten, denn Deutsch ist die am zweithäufigsten gewählte Fremdsprache in China.
Koldehoff: Die Goethe-Institute unterstehen ja formell in ihrer Kooperation dem Auswärtigen Amt, weil sie Teil der auswärtigen Kulturpolitik sind. Damit verbunden ist natürlich immer auch die Hoffnung, politisch was bewirken zu können, Stichwort beispielsweise Dialog zwischen Islam und Christentum. Wird auch dieser Aspekt im Ausland wahrgenommen und wird da akzeptiert, dass man dort versucht zu vermitteln, ist es als nicht naiv zu glauben, die Kultur könne dort was leisten?
Limbach: Nein, lassen Sie mich das mal aus meiner eigenen Erfahrung schildern, ich war ja Anfang dieses Jahres in Kairo, also wir dort Ehrengast der deutschen Buchmesse waren, Deutschland also, und da habe ich sowohl mit dem Religionsminister als auch mit dem Menschenrechtsbeauftragten über die Frage der Toleranz diskutiert, aus welchen Ordnungen sich das Prinzip eigentlich ergibt, aus der Verfassung mehr im Westen, aus dem Koran, so behaupteten meine beiden Gesprächspartner, die das auch sehr gut dargelegt haben, ergäbe sich dieses Prinzip, und ich habe beispielsweise dort auch mit einer Richterin des Verfassungsgerichtshofs über die Frage diskutiert, ob aus der Scharia der Kopftuchzwang folgt. Die Diskussionen sind sehr stark auch von der eigenen Bevölkerung verfolgt worden, und, worüber wir uns besonders freuen, es kamen auch Fragen aus dem Publikum, die dann natürlich nicht nur dieses Thema betrafen, sondern die auch, was immer ein Thema ist, das uns sehr berührt, ich möchte fast sagen, peinlich berührt, habt ihr nicht eure Glaubwürdigkeit in Menschenrechtsfragen dadurch verloren, was sich dort in Abu-Ghraib abgespielt hat oder auf Guantanamo. Das heißt also, wir werden von dort sehr stark beobachtet, ob wir etwa mit doppelter Zunge über Menschenrechte reden und das Prinzip der Universalität und Allgemeinheit der Menschenrechte doch sehr wählerisch anwenden und meinen, dass man gerade auch die wichtigen Justizgrundrechte gegenüber Menschen nicht anzuwenden brauchen, die im Verdacht des Terrorismus stehen?
Koldehoff: Wie sehen Sie denn - die Adventszeit ist ja auch immer die Zeit der Wunschzettel - die Zukunft der inländischen Goethe-Institute?
Limbach: Bei den inländischen Goethe-Instituten müssen wir uns auch konzentrieren, auch dort haben wir gespürt, dass seit dem 11. September die Zahl der Deutsch lernenden Menschen zurückgegangen ist, aber seit wenigen Wochen, als ob sich insgesamt die Verhältnisse für Goethe bessern, haben wir ein starkes Ansteigen der Studentenzahlen, und wir haben sogar eine erfreuliche Voranmeldung für das kommende Jahr. Also da scheint es auch wieder einen Auftrieb zu geben, denn da sind wir beide uns einig, nirgends lernt man eine Sprache so gut wie in dem Land, wo sie als Muttersprache gesprochen wird.
Jutta Limbach: Ja, zunächst einmal positive Bilanz und ein großer Dank an alle, die dafür gesorgt haben, dass es diese 13,5 Millionen durch den Bundestag gegeben hat, und das bedeutet ja Erhaltung des Netzes. Wir hatten auf etwas mehr gehofft. Diese Gelder, die wir bekommen haben, die sind für die institutionelle Förderung, das heißt für das Goethe-Netz mit seinen Mitarbeitern und Bibliotheken, aber was wir in gleicher Weise noch bräuchten, wären Programmmittel, denn manch ein Institutsleiter hat kaum 20.000 Euro, um also Programme wie Lesungen zu veranstalten, Theater einzuladen oder Musikveranstaltungen oder Filmwochen zu machen.
Koldehoff: Was heißt das? Als wir vor einem Jahr mit Ihnen gesprochen haben, hieß es, wir müssen Goethe neu denken, wir müssen überlegen, ob wir im Inland möglicherweise reduzieren, um im Ausland, und da gerade im Nahen Osten, vielleicht unsere Aktivitäten zu verstärken. Ist das nach wie vor Politik des Goethe-Instituts?
Limbach: Das hat nichts mit dem Inland zu tun, denn im Inland haben wir zwar auch Institute, aber die sind nicht an die öffentliche Hand gebunden, aber was wir durchaus diskutiert hatten, war die Frage, ob wir Budget von Westeuropa in andere Bereiche der Welt umschichten, und das hatten wir in der Tat damals schon im Jahre 2003 beschlossen. Damit konnte ja vor 1989/1990 im Grunde genommen niemand rechnen, dass uns eines Tages auch Ost-, Mittel- und Südeuropa offen stehen wird. Das also ist tatsächlich neu, und wir werden unser Netz zwar nicht in der bisherigen Weise immer mit Instituten, sondern auch mit leichtern Präsenzformen wie Dialogpunkten, Sprachlernzentren, sowohl in China, in Indien, als auch im Nahen und Mittleren Osten noch weiter ausbauen.
Koldehoff: Welche Erfahrungen haben Sie denn dort im vergangenen Jahr gemacht, wird das Angebot, das Goethe dort unterbreitet, angenommen?
Limbach: Sehr, sehr stark, und wir könnten im Grunde genommen die doppelte Zahl von Goethe-Instituten haben, und gerade heute ist auch mitgeteilt worden, dass wir gar nicht so viel Sprachlehrer haben, wie wir gegenwärtig in China einsetzen könnten, denn Deutsch ist die am zweithäufigsten gewählte Fremdsprache in China.
Koldehoff: Die Goethe-Institute unterstehen ja formell in ihrer Kooperation dem Auswärtigen Amt, weil sie Teil der auswärtigen Kulturpolitik sind. Damit verbunden ist natürlich immer auch die Hoffnung, politisch was bewirken zu können, Stichwort beispielsweise Dialog zwischen Islam und Christentum. Wird auch dieser Aspekt im Ausland wahrgenommen und wird da akzeptiert, dass man dort versucht zu vermitteln, ist es als nicht naiv zu glauben, die Kultur könne dort was leisten?
Limbach: Nein, lassen Sie mich das mal aus meiner eigenen Erfahrung schildern, ich war ja Anfang dieses Jahres in Kairo, also wir dort Ehrengast der deutschen Buchmesse waren, Deutschland also, und da habe ich sowohl mit dem Religionsminister als auch mit dem Menschenrechtsbeauftragten über die Frage der Toleranz diskutiert, aus welchen Ordnungen sich das Prinzip eigentlich ergibt, aus der Verfassung mehr im Westen, aus dem Koran, so behaupteten meine beiden Gesprächspartner, die das auch sehr gut dargelegt haben, ergäbe sich dieses Prinzip, und ich habe beispielsweise dort auch mit einer Richterin des Verfassungsgerichtshofs über die Frage diskutiert, ob aus der Scharia der Kopftuchzwang folgt. Die Diskussionen sind sehr stark auch von der eigenen Bevölkerung verfolgt worden, und, worüber wir uns besonders freuen, es kamen auch Fragen aus dem Publikum, die dann natürlich nicht nur dieses Thema betrafen, sondern die auch, was immer ein Thema ist, das uns sehr berührt, ich möchte fast sagen, peinlich berührt, habt ihr nicht eure Glaubwürdigkeit in Menschenrechtsfragen dadurch verloren, was sich dort in Abu-Ghraib abgespielt hat oder auf Guantanamo. Das heißt also, wir werden von dort sehr stark beobachtet, ob wir etwa mit doppelter Zunge über Menschenrechte reden und das Prinzip der Universalität und Allgemeinheit der Menschenrechte doch sehr wählerisch anwenden und meinen, dass man gerade auch die wichtigen Justizgrundrechte gegenüber Menschen nicht anzuwenden brauchen, die im Verdacht des Terrorismus stehen?
Koldehoff: Wie sehen Sie denn - die Adventszeit ist ja auch immer die Zeit der Wunschzettel - die Zukunft der inländischen Goethe-Institute?
Limbach: Bei den inländischen Goethe-Instituten müssen wir uns auch konzentrieren, auch dort haben wir gespürt, dass seit dem 11. September die Zahl der Deutsch lernenden Menschen zurückgegangen ist, aber seit wenigen Wochen, als ob sich insgesamt die Verhältnisse für Goethe bessern, haben wir ein starkes Ansteigen der Studentenzahlen, und wir haben sogar eine erfreuliche Voranmeldung für das kommende Jahr. Also da scheint es auch wieder einen Auftrieb zu geben, denn da sind wir beide uns einig, nirgends lernt man eine Sprache so gut wie in dem Land, wo sie als Muttersprache gesprochen wird.