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Linke und Ausländer raus

Im Medienzentrum der Grassroots Media Coalition in Lower Manhattan, 50 Blocks entfernt vom Madison Square Garden, hängen rund 30 jugendliche Medienmacher an Telefonen und Walkie-Talkies. Sie hören die Berichte der Demonstranten mit, die in einer Auseinandersetzung zwischen Polizei und Protestierenden feststecken, und geben einige davon live auf Sendung.

Von Gerti Schön |
    Die Lage ist gerade sehr angespannt, wir bekommen jede Menge Anrufe von Leuten, die auf der Straße dabei sind. Das ist bürgernahe Berichterstattung. Man kann sich dieses lächerliche Medienspektakel im Mainstream-Fernsehen anschauen, oder bei uns einschalten, wo man Live-Berichte von der Straße hört, wie Polizisten auf die Leute einschlagen. Die Leute wollen wissen, was wirklich los ist.
    Über 600 Freiwillige wurden seit Februar zusammengetrommelt, sagt Chris Anderson, einer der Organisatoren, um während des republikanischen Parteitags einen 24-Stunden-Radiokanal und eine tägliche TV-Sendung zu produzieren. Das Ziel: Nicht die offiziellen Redner sollen hier zu Wort kommen, die ohnehin auf allen Sendern wiedergegeben werden, sondern die Stimmen aus dem Volk - und vor allen Dingen die Stimme des Protests.
    Protestiert wurde in New York in dieser Woche laufend, und auch die großen Medienkonglomerate waren Objekt lautstarker Kritik. Beim "Marsch auf die Medien" am Mittwoch versammelten sich über 1000 Teilnehmer vor den Hochhäusern von Fox News und CNN und brüllten sich die Lunge aus dem Hals.
    Einer der Redner, Pete Tridish von dem Piratenradio Prometheus Radio Project in Philadelphia, sprach von dem jüngsten Erfolg der linken Medienorganisationen. Gemeinsam mit anderen Aktivisten engagieren sie sich gegen ein im Kongress anhängiges Gesetz, das die Eigentumsbeschränkungen der großen Konzerne lockern will. Vor einigen Wochen wurden die Initiative erneut von einem Gericht blockiert.
    Doch bei aller Protestfreude, auch unter den liberalen Medienkritikern befinden sich einige, denen die Radikalität zu weit geht. Kommunikationsprofessor Todd Gitlin, vor 40 Jahren selbst einer der Protestierenden gegen den Vietnamkrieg, warnt davor, die Demonstrationen bis zur Gewalttätigkeit zu treiben.

    Einige dieser Leute haben einen sehr verächtlichen Ton angenommen und das ist meiner Ansicht nach nur ein Ausdruck, dass sie sich in einen Mantel von Selbstbeweihräucherung einhüllen. Wenn die Leute protestieren wollen, dann sollten sie das auf eine würdevolle Art tun. Denn die republikanische Demagogie-Maschine dreht und wendet die Dinge wie es opportun ist. Man muss das ernst nehmen, weil alles andere nur nach hinten losgeht, und die Art und Weise wie dies geschieht ist bemerkenswert.
    Linke Medienmacher genießen in den USA derzeit auch außerhalb der republikanischen Konvention erhöhte Aufmerksamkeit. Magazine wie The Nation oder Mother Jones, die seit Jahren am Subventionstropf linksliberaler Spender hängen, konnten seit Antritt der Regierung Bush Junior ihre Auflagen nahezu verdoppeln. Was schlecht für das Land ist, sagen die Redakteure von The Nation, ist gut für die Nation.