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Litauen
Streit um neue Alkohol-Automaten

In Litauen kann die Bevölkerung nur noch zu bestimmten Zeiten alkoholische Getränke kaufen. Die Regierung will damit den hohen Alkoholkonsum unterbinden. Ein Unternehmen bietet in der Hauptstadt Vilnius Wodka und Whisky im Automaten an, nur für Abonnenten und angeblich alles ganz legal.

Von Carsten Schmiester | 05.11.2019
Two glasses of vodka with ice closeup PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: xRuslan117x Panthermedia26121771
An den fünf Alkohol-Automaten in der litauischen Hauptstadt Vilnius gibt es rund um die Uhr ganz harte Sachen: Likör, Weinbrand, Whisky oder wie hier, Wodka. (imago images | Panthermedia)
In Litauen sind die Flaschen schneller leer als in allen anderen Ländern der EU. Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt laut Weltgesundheitsorganisation bei gut 15 Litern reinem Alkohol pro Jahr. Zum Vergleich: In Deutschland sind es immer noch 13,4 Liter, im europäischen Durchschnitt* 9,8. Um das zu ändern, hat die litauische Regierung die Alkoholgesetze drastisch verschärft: Heraufsetzung der Altersgrenze auf 20 Jahre, Werbeverbot oder Einschränkung der Verkaufszeiten. Montags bis samstags gibt es ab 20 Uhr nirgendwo mehr einen Tropfen, sonntags schon ab 15 Uhr nicht mehr.
Ein Unternehmer nutzt eine Gesetzeslücke
Aber jetzt ist Vytautas Sulcas da, Mitgründer von Artimiausias. Seine Firma hat in der Hauptstadt Vilnius fünf Alko-Terminals aufgestellt, an denen es rund um die Uhr ganz harte Sachen gibt, Likör, Weinbrand, Wodka oder Whisky. Allerdings nur für "Mitglieder", die ihren Sprit in einer Art Abo im Voraus bezahlt haben und dann an den mit Kameras besonders gesicherten grauen Stationen, die aussehen wie große Kühlschränke, nur noch "abholen". Ganz legal sei das, meint Vytautas, der aus einer Gesetzeslücke eine Goldgrube machen will.
"Alle wissen doch, dass Verbote noch nie auf der Welt irgendwie geholfen haben. In Litauen haben wir böse Erfahrungen mit illegalen Verkaufsstellen und schlechtem Alkohol. Alkoholiker finden sowieso immer einen Weg sich zu betrinken, trotz aller Verbote."
Also sei es besser, die Leute rund um die Uhr zu versorgen, um sie eben nicht illegalen Händlern, vielleicht auch Panschern in die Arme zu treiben plus dafür zu sorgen, dass der Fusel nicht in die falschen Kehlen kommt, damit meint er vor allem Jugendliche.
"In Familien kann es Probleme rund um den Alkohol geben, deshalb ist die Aufbewahrung von alkoholischen Getränken an einem sicheren Platz gefragt. Wir haben bereits entsprechende Nachfragen. Mit unseren fünf Terminals in Vilnius wollen wir ganz dicht am Kunden sein. Genau dort, wo das nächtliche Leben boomt."
Sogar das Ausleihen alkoholischer Getränke soll verboten werden
Die Regierung sieht das anders, sagt ihr Sprecher Juozas Abramavicius:
"Die Sache ist im Prinzip ganz einfach: Laut Alkoholgesetz darf das Unternehmen diese Dienstleistung nicht anbieten, da die Aufbewahrung von Alkohol im Automaten mit Alkoholhandel via Automat gleichzusetzen ist, und das ist in Litauen verboten."
Was so eindeutig aber offenbar wohl nicht stimmt. Denn im Parlament ist gerade erst ein Gesetzentwurf eingebracht worden, der eigens diese fünf Alk-Automaten stoppen soll, der – so wörtlich - Aufbewahrung und Ausleihe alkoholischer Getränke verbietet. Ausleihen? Und was dann später zurückgeben? Antanas will das von nichts wissen. Der 65jährige aus Vilnius kommt auch ohne die grauen Spritstationen gut zurecht, sagt er. Nicht, dass er weniger trinken würde. Nein, er verlässt sich einfach auf seine Vorräte:
"Wenn ich Alkohol kaufen will, mache ich das zu den üblichen Öffnungszeiten. Das kann dann bei mir zuhause stehen und auf den Sonntag warten."
(*) Die Bezugsgröße für die Errechnung des Durchschnitts war in der ersten Version falsch. Das haben wir korrigiert.