Das Buch wartet mit vielen Tugenden und Untugenden auf, die akademischen Abhandlungen eigen sind. Zu den Tugenden gehören der verblüffende Faktenreichtum, enormes Detailwissen und eine Seriosität im Umgang mit den Quellen, die über jeden philologischen Zweifel erhaben sein dürfte. Die Autorin vertritt zwar implizit den Anspuch, zu einem größeren Rezipientenkreis als dem ihrer Fachkollegenschaft zu sprechen, aber ihr Werk bleibt den Regeln und Normen der akademischen Zunft weitgehend verhaftet; trotz aller Anregungen, die diese literarische Sozialgeschichte liefert, bleibt sie doch am Ende das Diskursangebot einer Expertin an Experten. Und deshalb verlieren sich in diesem, vom akademischen Nachweis- und Legitimierungszwang diktierten, Detailreichtum gelegentlich auch die großen Argumentationslinien der Autorin, und der nicht mit allen Wassern der Altphilologie gewaschene Durchschnittsleser dürfte sich nicht selten fragen, warum ihm auch noch allerletzte, quellenkritische Quisquillien aufgetischt werden. Dem korrespondiert eine staubtrockene, streng humorfreie, nicht selten umständliche Diktion; ein Beispiel: Wenn es darum geht, daß die römischen Dichter mit Kurtisanen verkehrten, schraubt Fantham einen Satz wie diesen zusammen: "Wie die alexandrinischen Epigrammatiker hatten auch Catulls Freunde romantische Verhältnisse zu jungen Frauen aus der Welt des Amüsements, die es sich zu ihrem Beruf gemacht hatten, sich lieben zu lassen." Das Buch ist, wie manche rhetorische Wendungen nahelegen, ganz offensichtlich auf der Grundlage von Vorlesungen entstanden, die Elaine Fantham im Universitätsbetrieb gehalten hat; manche Überkorrektheit erklärt sich vermutlich aus diesem Kontext. Und auch die gelegentlich hölzerne Übersetzung aus dem Englischen ist nicht dazu angetan, die knarrende Mechanik des Vortrags mit dem Öl sprachlicher Eleganz zu mildern. Summa summarum haben wir es hier mit einem Werk zu tun, das uns zwar kaum altphilologisches Fachchinesisch auftischt, das aber auf eine Öffentlichkeit zielt, die ein dezidiertes Interesse an der Literatur der Antike und eine entsprechende historische Vorbildung mitbringt.
Literarisches Leben im Antiken Rom
Als ich in den sechziger Jahren das Gymnasium besuchte, galt der altsprachliche Zweig mit Großem Latinum und Großem Graecum noch als Königsweg schulischer Bildung - ein Relikt jenes humanistischen Bildungsideals, das die deutsche Klassik erfand und das heute, im Zeichen der globalen Lingua Franca Englisch, weitgehend obsolet geworden ist. Gleichwohl hat sich die Antike und ihre Literatur in der deutschen Dichtung der Moderne und Postmoderne stets einen herausragenden Stellenwert bewahrt. Das Spektrum reicht von historischen Unterhaltungsromanen, die etwa heute Gisbert Haefs in der Tradition von "Quo Vadis" oder "Ben Hur" schreibt, bis hin zu Christoph Ransmayrs Ovid-Roman "Die letzte Welt " oder Raoul Schrotts aktualisierenden Rekonstruktionsversuchen antiker Lyrik in seiner "Erfindung der Poesie". Zweiffelos funktioniert die antike Literatur also immer noch als eine Art ferner Spiegel für bestimmte Gegenwartskonstellationen.
Das Buch wartet mit vielen Tugenden und Untugenden auf, die akademischen Abhandlungen eigen sind. Zu den Tugenden gehören der verblüffende Faktenreichtum, enormes Detailwissen und eine Seriosität im Umgang mit den Quellen, die über jeden philologischen Zweifel erhaben sein dürfte. Die Autorin vertritt zwar implizit den Anspuch, zu einem größeren Rezipientenkreis als dem ihrer Fachkollegenschaft zu sprechen, aber ihr Werk bleibt den Regeln und Normen der akademischen Zunft weitgehend verhaftet; trotz aller Anregungen, die diese literarische Sozialgeschichte liefert, bleibt sie doch am Ende das Diskursangebot einer Expertin an Experten. Und deshalb verlieren sich in diesem, vom akademischen Nachweis- und Legitimierungszwang diktierten, Detailreichtum gelegentlich auch die großen Argumentationslinien der Autorin, und der nicht mit allen Wassern der Altphilologie gewaschene Durchschnittsleser dürfte sich nicht selten fragen, warum ihm auch noch allerletzte, quellenkritische Quisquillien aufgetischt werden. Dem korrespondiert eine staubtrockene, streng humorfreie, nicht selten umständliche Diktion; ein Beispiel: Wenn es darum geht, daß die römischen Dichter mit Kurtisanen verkehrten, schraubt Fantham einen Satz wie diesen zusammen: "Wie die alexandrinischen Epigrammatiker hatten auch Catulls Freunde romantische Verhältnisse zu jungen Frauen aus der Welt des Amüsements, die es sich zu ihrem Beruf gemacht hatten, sich lieben zu lassen." Das Buch ist, wie manche rhetorische Wendungen nahelegen, ganz offensichtlich auf der Grundlage von Vorlesungen entstanden, die Elaine Fantham im Universitätsbetrieb gehalten hat; manche Überkorrektheit erklärt sich vermutlich aus diesem Kontext. Und auch die gelegentlich hölzerne Übersetzung aus dem Englischen ist nicht dazu angetan, die knarrende Mechanik des Vortrags mit dem Öl sprachlicher Eleganz zu mildern. Summa summarum haben wir es hier mit einem Werk zu tun, das uns zwar kaum altphilologisches Fachchinesisch auftischt, das aber auf eine Öffentlichkeit zielt, die ein dezidiertes Interesse an der Literatur der Antike und eine entsprechende historische Vorbildung mitbringt.