Der österreichischen Schriftstellerin Marlene Streeruwitz war das große Autorenportrait am ersten Abend des diesjährigen 28.Erlanger Poetenfestes gewidmet, einer der erfrischend schärfsten, zugleich originellsten literarischen Stimmen Österreichs. Mit intellektuellem Skalpell legt Streeruwitz immer wieder die tiefen Geschwüre, die Wunden und Schwachstellen der modernen westeuropäischen Gesellschaften bloß, um unter ihrer scheinbaren Funktionstüchtigkeit, ihrer demokratischen Würde und Kultur immer wieder vor allem ein Motiv, die eine Lebensader hervorzubefördern, die Macht der Ökonomie. Der Krieg, den wir nicht mehr leben müssen, findet heute in den Etagen statt, sagte Streeruwitz. Unternehmen werden inzwischen zerlegt wie früher Burgen. Das Gemeinsame bestehe in der Gewalttätigkeit, der Destruktivität dieser Prozesse. Zudem beklagte Streeruwitz "Straffreiheit" für die Verbrechen, die sich im Zwischenmenschlichen ereignen, in den sensiblen Sphären der Emotionalität. Hier Verletzungen zu verursachen, geschehe mit krimineller Energie, die ungestraft bliebe.
" Ich schreibe da an gegen diesen Kleinmädchen-Glauben oder Kleinbubenglauben, dass die Dinge sich selbst belohnen oder bestrafen, das ist uns beigebracht, mir jedenfalls beigebracht worden, der ganze deutsche Idealismus handelt davon und das stimmt nicht. Leute können leben wie sie wollen, weil es keine Gesellschaft gibt, die die Bezahlung fordert. ... .Der Verlust der symbolischen Ebenen und der gesellschaftlichen Institutionen hat dazu geführt, mich erstaunt es immer, dass die meisten Leute sehr nett sind, weil so vieles funktioniert, obwohl es nicht mehr abgefragt werden kann ... ... Wir haben ja keinerlei Instrumente mehr, von einer Person moralisches Verhalten abzuverlangen. Oder einzufordern. Es ist in Privatheit aufgelöst. Also jeder Mann und auch jede Frau kann im Privatleben wüten und Verträge brechen und sich aufführen und es wird nichts passieren. Und das ist doch eben auch ein Machtgefühl."
In seiner Kindheit, so erklärte der designierte Büchner-Preisträger des Jahres 2008 beim Erlanger Poetenfest Josef Winkler sei er von Schweigen umgeben gewesen. Das Schweigen in der Familie, die Sprachlosigkeit, die die eigene große Sehnsucht nach Sprache hervorgerufen habe. Und da waren die Ängste, die die gewaltige, fast gewalttätige Dominanz der Katholischen Kirche provozierte, Todesängste, wie Josef Winkler bekundet, die ihn durchaus in den Selbstmord hätten treiben können. Winkler, dieser ernsthafte Ironiker, der während des Sprechens und Lesens immer wieder schwer schlucken muss, ganz so, als könne er die Brocken, die ihm das Leben als Nahrung bietet, bei aller Sprachgewalt doch nicht ganz verdauen, dieser merkwürdig wundersam kauzige Dichter Josef Winkler ist sich der Paradoxie natürlich durchaus bewusst, wenn er formuliert, wie dankbar er dennoch sei, im dörflich-katholischen Kärntner Katholizismus aufgewachsen zu sein, allein schon des Prunks wegen, wie er meint, der Pracht, des schönen "Firlefanz" .
"Ich betrete fast nie eine evangelische Kirche, die meisten kommen mir ja wie Waschküchen vor. Aber wenn ich ein Dorf komme und an den Schlüssel komme, gehe ich kaum dran vorbei, um den Kindheitsgeruch wieder zu erleben und mich da drinnen an den Heiligenfiguren zu freuen oder auch zu trauern. Es ist eine ewige Suche n ach der verlorenen Kindheit. "
Zentrales Thema des österreichischen Autors Josef Winkler, der Jean Genet verehrt und Hans Henny Jahnn sehr liebt, bleibt lebenslang der Tod, der ihn nach Indien, in die Heilige- und Totenstadt Varanasi führte, wo er am Ufer des Ganges die hinduistischen Totenrituale beobachtete und wo der Tod wie er sagt, weder geleugnet noch gefürchtet, sondern willkommen geheißen wird. Erst mit dem Tod stirbt die Todesangst. Man muss sterben um sie zu überwinden.
"Wir haben heute eine Suchmaschine, die vor 10 oder elf Jahren nicht mal existierte, nämlich google und google hat heute einen höheren Marktwert als Toyota, das wertvollste Unternehmen der Welt, das muss man sich einfach mal vorstellen."
Sagte der Philosoph und Ökonom Bernhard von Mutius anlässlich der Erlanger Diskussion zum Thema Die Zukunft des Wissens. Von Brockhaus zu Wikipedia. Wenn alles Wissen gespeichert wird, welchen Veränderungen ist Wissen dann künftig unterworfen, das war die Frage, die man sich hier stellte. Und, wenn Wissen, das einmal der Aufklärung diente, zunehmend in den Machtbereich von Konzernen gerät, ist dieses Wissen dann noch das gleiche oder wird Wissen zur Ware?
"Und nun kann man die Frage stellen, wie verdient denn google sein Geld, google verdient sein Geld mit irgendwelchen Werbegeschichten. Aber die reinen Informationen, die ich abrufen kann, sind jetzt nun nicht typisch für den Privatbesitzer google, sondern sie sind für alle zugänglich. Das ist ein spannendes Feld, wie überhaupt die Frage der nächsten Jahre sein wird, wie der Kampf zwischen den Idealen der Aufklärung, und auf der anderen Seite der zunehmenden Ökonomisierung der Gesellschaft, wie sich dieser Kampf entwickelt."
Aber Zukunftsfragen lassen sich nun einmal schwer oder gar nicht beantworten. Nicht einmal wie sich eine Öffentlichkeit der Zukunft entwickeln wird. Auch seien Information und Wissen schließlich nicht gleichzusetzen. Mutius sah aber auch eine Chance für neue intellektuelle Debatten und eine Chance für das Individuum mit Hilfe von Information neues Vertrauen in Gemeinschaft zu generieren, weil nur die gemeinsame Suche nach Problemlösung etwa in Sachen Klimaschutz erfolgreich sein könnte. Wenn dieser Prozess mit Hilfe von wikipedia gelänge, so Mutius sei dies umso besser.
(Daneben wurden unter dem Motto "Literatur aktuell" in lockerer Parkatmosphäre unter freiem Himmel auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Neuerscheinungen von rund 80 Autoren vorgestellt. Hier trafen sich Autoren wie Kurt Drawert oder Judith Kuckart, Ulrike Draesner, Ingo Schulze, Jan Koneffke oder Hans-Jörg Schertenleib, um nur einige wenige zu nennen, zu Lesung und Gespräch. Ein eigener Programmschwerpunkt galt in diesem Jahr erstmals dem Sachbuch. Podiumsdiskussionen und Gesprächsrunden widmeten sich Themen wie Demokratiemüdigkeit im Turbokapitalismus oder der Frauenbewegung 50 Jahre nach dem Gleichstellungsgesetz.) Und gestern Abend glänzte der Literaturverfilmer und Oscarpreisträger Volker Schlöndorff im Erlanger Markgrafentheater als charmant-sympathischer Medienprofi mit biographischen Anekdoten: das Verhältnis zu Heinrich Böll, die Angst vor Günter Grass.
" Ich schreibe da an gegen diesen Kleinmädchen-Glauben oder Kleinbubenglauben, dass die Dinge sich selbst belohnen oder bestrafen, das ist uns beigebracht, mir jedenfalls beigebracht worden, der ganze deutsche Idealismus handelt davon und das stimmt nicht. Leute können leben wie sie wollen, weil es keine Gesellschaft gibt, die die Bezahlung fordert. ... .Der Verlust der symbolischen Ebenen und der gesellschaftlichen Institutionen hat dazu geführt, mich erstaunt es immer, dass die meisten Leute sehr nett sind, weil so vieles funktioniert, obwohl es nicht mehr abgefragt werden kann ... ... Wir haben ja keinerlei Instrumente mehr, von einer Person moralisches Verhalten abzuverlangen. Oder einzufordern. Es ist in Privatheit aufgelöst. Also jeder Mann und auch jede Frau kann im Privatleben wüten und Verträge brechen und sich aufführen und es wird nichts passieren. Und das ist doch eben auch ein Machtgefühl."
In seiner Kindheit, so erklärte der designierte Büchner-Preisträger des Jahres 2008 beim Erlanger Poetenfest Josef Winkler sei er von Schweigen umgeben gewesen. Das Schweigen in der Familie, die Sprachlosigkeit, die die eigene große Sehnsucht nach Sprache hervorgerufen habe. Und da waren die Ängste, die die gewaltige, fast gewalttätige Dominanz der Katholischen Kirche provozierte, Todesängste, wie Josef Winkler bekundet, die ihn durchaus in den Selbstmord hätten treiben können. Winkler, dieser ernsthafte Ironiker, der während des Sprechens und Lesens immer wieder schwer schlucken muss, ganz so, als könne er die Brocken, die ihm das Leben als Nahrung bietet, bei aller Sprachgewalt doch nicht ganz verdauen, dieser merkwürdig wundersam kauzige Dichter Josef Winkler ist sich der Paradoxie natürlich durchaus bewusst, wenn er formuliert, wie dankbar er dennoch sei, im dörflich-katholischen Kärntner Katholizismus aufgewachsen zu sein, allein schon des Prunks wegen, wie er meint, der Pracht, des schönen "Firlefanz" .
"Ich betrete fast nie eine evangelische Kirche, die meisten kommen mir ja wie Waschküchen vor. Aber wenn ich ein Dorf komme und an den Schlüssel komme, gehe ich kaum dran vorbei, um den Kindheitsgeruch wieder zu erleben und mich da drinnen an den Heiligenfiguren zu freuen oder auch zu trauern. Es ist eine ewige Suche n ach der verlorenen Kindheit. "
Zentrales Thema des österreichischen Autors Josef Winkler, der Jean Genet verehrt und Hans Henny Jahnn sehr liebt, bleibt lebenslang der Tod, der ihn nach Indien, in die Heilige- und Totenstadt Varanasi führte, wo er am Ufer des Ganges die hinduistischen Totenrituale beobachtete und wo der Tod wie er sagt, weder geleugnet noch gefürchtet, sondern willkommen geheißen wird. Erst mit dem Tod stirbt die Todesangst. Man muss sterben um sie zu überwinden.
"Wir haben heute eine Suchmaschine, die vor 10 oder elf Jahren nicht mal existierte, nämlich google und google hat heute einen höheren Marktwert als Toyota, das wertvollste Unternehmen der Welt, das muss man sich einfach mal vorstellen."
Sagte der Philosoph und Ökonom Bernhard von Mutius anlässlich der Erlanger Diskussion zum Thema Die Zukunft des Wissens. Von Brockhaus zu Wikipedia. Wenn alles Wissen gespeichert wird, welchen Veränderungen ist Wissen dann künftig unterworfen, das war die Frage, die man sich hier stellte. Und, wenn Wissen, das einmal der Aufklärung diente, zunehmend in den Machtbereich von Konzernen gerät, ist dieses Wissen dann noch das gleiche oder wird Wissen zur Ware?
"Und nun kann man die Frage stellen, wie verdient denn google sein Geld, google verdient sein Geld mit irgendwelchen Werbegeschichten. Aber die reinen Informationen, die ich abrufen kann, sind jetzt nun nicht typisch für den Privatbesitzer google, sondern sie sind für alle zugänglich. Das ist ein spannendes Feld, wie überhaupt die Frage der nächsten Jahre sein wird, wie der Kampf zwischen den Idealen der Aufklärung, und auf der anderen Seite der zunehmenden Ökonomisierung der Gesellschaft, wie sich dieser Kampf entwickelt."
Aber Zukunftsfragen lassen sich nun einmal schwer oder gar nicht beantworten. Nicht einmal wie sich eine Öffentlichkeit der Zukunft entwickeln wird. Auch seien Information und Wissen schließlich nicht gleichzusetzen. Mutius sah aber auch eine Chance für neue intellektuelle Debatten und eine Chance für das Individuum mit Hilfe von Information neues Vertrauen in Gemeinschaft zu generieren, weil nur die gemeinsame Suche nach Problemlösung etwa in Sachen Klimaschutz erfolgreich sein könnte. Wenn dieser Prozess mit Hilfe von wikipedia gelänge, so Mutius sei dies umso besser.
(Daneben wurden unter dem Motto "Literatur aktuell" in lockerer Parkatmosphäre unter freiem Himmel auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Neuerscheinungen von rund 80 Autoren vorgestellt. Hier trafen sich Autoren wie Kurt Drawert oder Judith Kuckart, Ulrike Draesner, Ingo Schulze, Jan Koneffke oder Hans-Jörg Schertenleib, um nur einige wenige zu nennen, zu Lesung und Gespräch. Ein eigener Programmschwerpunkt galt in diesem Jahr erstmals dem Sachbuch. Podiumsdiskussionen und Gesprächsrunden widmeten sich Themen wie Demokratiemüdigkeit im Turbokapitalismus oder der Frauenbewegung 50 Jahre nach dem Gleichstellungsgesetz.) Und gestern Abend glänzte der Literaturverfilmer und Oscarpreisträger Volker Schlöndorff im Erlanger Markgrafentheater als charmant-sympathischer Medienprofi mit biographischen Anekdoten: das Verhältnis zu Heinrich Böll, die Angst vor Günter Grass.