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Livestreaming-Angebot
DFB macht jetzt Rundfunk

Der Deutsche Fußball-Bund hat die Zulassung für ein Livestreaming-Angebot erhalten. Auf der Plattform DFB-TV sollen Juniorenspiele oder die Frauen-Bundesliga live übertragen und diesen Bereichen mehr Aufmerksamkeit verschafft werden. Bleibt in diesem Verbands-TV kritische Berichterstattung auf der Strecke?

Von Michael Voregger | 29.05.2019
Eingangsschild der DFB-Zentrale in Frankfurt am Main
Der Deutsche Fußball-Bund sendet ab jetzt live im Netz (picture alliance / Photoshot / Florian Ulrich)
Der Deutsche Fußball-Bund will in Zukunft Spiele aus dem Juniorenbereich und der Frauenbundesliga regelmäßig live übertragen. Aktuell sind die Partien der Frauenbundesliga über das Streaming-Angebot der Telekom abrufbar. Der Sender Sport1 und einige dritte Programme der ARD zeigen nur ausgewählte Spiele. Der DFB hat bei der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien eine Zulassung beantragt. Michael Herz betreut beim DFB das Livestreaming-Programm DFB-TV.
Hessische Landesmedienanstalt erteilt Lizenz
"Es geht uns darum, die Bereiche der Verbandsarbeit abzubilden und ihnen eine mediale Plattform zu bieten, die sonst nicht live gezeigt werden. Dabei nutzen wir zum einen DFB-TV, die verbandseigene Videoplattform und zum zweiten den DFB-Kanal auf YouTube."
Nach dem Rundfunkstaatsvertrag spielt es keine Rolle, über welche Kanäle Beiträge ausgestrahlt werden. Wenn die Kriterien des Vertrags erfüllt sind, dann ist damit eine Zulassungspflicht verbunden. Joachim Becker ist Direktor der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien:
"Wenn lineare Angebote sehr häufig und in regelmäßigen Abständen angeboten werden im Netz, dann reicht das aus. Es muss kein durchgehendes Programm sein. Es reicht aus, wenn einzelne Beiträge in mäßigen, aber regelmäßigen Abständen - auch aus aktuellem Anlass - live und damit auch linear angeboten werden."
"Eher kritiklose Berichterstattung" bei DFB-TV?
Die Hessische Landesmedienanstalt und die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich haben dem Antrag des DFB zugestimmt und die Lizenz erteilt. Damit kann der Fußballverband Sportberichterstattung betreiben, Pressekonferenzen, aktuelle Berichte, Talkformate und Spiele live ins Netz übertragen. Eine Lizenz kann auch für andere Anbieter notwendig sein. Das digitale Angebot der Bild-Zeitung hat derzeit Probleme mit den Landesmedienanstalten. Die haben drei Formate entdeckt, die sie als "zulassungspflichtigen Rundfunk" einstufen. Joachim Becker:
"Für einen Sendeplan reicht es schon aus, dass ich eine Idee habe - also einen Plan zum Senden und den auch öffentlich bekannt gebe. Das kann durchaus auch über Soziale Netzwerke der Fall sein. Wenn ich bei Facebook ankündige, zu einem bestimmten Zeitpunkt strahle ich ein Angebot linear aus, dann erfüllt das schon das Merkmal eines Sendeplans. Wenn all diese Kriterien, die für den Rundfunk kennzeichnend sind, erfüllt sind, dann löst das wie gesagt die Lizenzpflicht aus."
Der Deutsche Fußball Bund arbeitet bei seinen Live-Angeboten mit verschiedenen Dienstleistern zusammen. Dazu sollen erfahrene Fernsehmacher gehören, die schon Junioren-Länderspiele kommentiert haben. Es sind fünf bis sechs Events pro Monat geplant. Dietrich Schulze Marmeling ist Journalist und Autor vieler Bücher zum Thema Fußball:
"Ich denke, es wird eher eine kritiklose Berichterstattung sein. Das erleben wir schon seit Jahren. Wenn ich Fußballspiele im werbefinanzierten Fernsehen sehe, dann wird immer versucht, das Produkt schönzureden. Auch die Vereine machen Druck in diese Richtung. Das ist bei einem DFB-Sender auch zu befürchten - vielleicht nicht in gleichem Maße wir bei einem Verein. Der DFB muss ja die ganze Fußballfamilie repräsentieren. Ich kann mir schon vorstellen, dass eine relativ unkritische Angelegenheit wird."
Klassisches Fernsehen vernachlässigt Frauen-Bundesliga
Dass der DFB jetzt selbst Inhalte überträgt, liegt auch daran, dass im klassischen Fernsehen nur bestimmte Sportarten und Ereignisse entsprechend beachtet werden. Im Fußball spielen die unteren Ligen und der Frauenfußball keine große Rolle. Zwar haben die öffentlich-rechtlichen Sender die Aufgabe, das gesamte Spektrum abzubilden, aber hier entscheidet allzu oft die Einschaltquote.
"Ich selbst schaue mir auch gerne Regionalliga im Fernsehen an, wenn sie gesendet wird. Ich denke schon, dass die Möglichkeit besteht, ein eigenes Format zu entwickeln. Da sehe ich durchaus ein Feld für die Öffentlich-Rechtlichen. Ich will das nicht überhöhen, dass sich Leute von dem ganz großen Fußball abwenden und lieber wieder - ich nenne das mal 'den normalen Fußball' - konsumieren wollen. Da sehe ich durchaus ein Feld für die Öffentlich-Rechtlichen, aber ich sehe nicht unbedingt, das die das so sehen."
Der DFB ist derzeit in einer schwierigen Lage. Der Profifußball und die Nationalmannschaft der Männer brauchen den Verband nicht. Was bleibt ist der Amateur-, Jugend- und Frauenfußball. Hier kann der Verband mit einem attraktiven Live-Format für mehr Aufmerksamkeit sorgen. Dazu bedarf es entsprechender journalistischer Qualität und einer sachlichen Berichterstattung. Ob daraus etwas wird, werden die nächsten Monate zeigen.