Es ist keine Traumfamilie, in der Kerry lebt. Dass ihre fünf Geschwister fünf verschiede Väter haben, ärgert die Sechzehnjährige weniger als dass man bei ihr immer noch keinen Busen sieht. Ihre Schwester Claire dagegen wird von den Jungs aus der Nachbarschaft umschwärmt. Auch sonst ist Kerrys Leben nicht sehr vergnüglich. Ihre Mutter Violetta ist arbeitslos, sie ertränkt die Depression im Alkohol, alle Väter sind verschwunden und so wird Violetta Langdon in ihrem schäbigen Reihenhaus als siebtes Kind versorgt. Kein Wunder, dass die Älteste weg will. Kerry ist ein Lauftalent, Langstreckenläuferin. Der Sport soll ihr aus der Siedlung helfen. Kerry hofft auf ein Stipendium. Bis Claire verschwunden ist. Doch da erweist sich, zu welchen Leistungen die verwahrlosten Kinder imstande sind. "Run for home - Lauf nach Hause", der schnelle harte Thriller aus dem Nord-Osten Englands ist ein Loblied auf den sozialen Zusammenhalt einer armen Familie im heruntergekommenen Milieu. Charles Dickens schimmert durch und Minette Walters ist nicht weit. Vor allem aber hat Sheila Quigley ihre eigenen sozialen Erfahrungen mit dem Schnitt von Catherine Cookson verarbeitet.
Wie ihr literarisches Vorbild, die englische Bestsellerautorin Catherine Cookson, stammt auch Sheila Quigley aus ärmlichen Verhältnissen. Als Cookson 1998 starb galt sie als reichste Frau von Groß Britannien und hatte mehr als 100 Millionen Bücher verkauft. Catherine Cookson war als uneheliches Kind im armen Nordosten Englands aufgewachsen. Sie galt als Waise, ihre Mutter gab sich als ihre ältere Schwester aus. Sheila Quigley - die Autorin von "Run for home" - lernte ihre wahren Eltern gar nicht erst kennen, ein armer Bergarbeiter und seine Frau hatten das Mädchen adoptiert. Und ihre Armut hielt sich auch die folgenden 59 Jahre. Als sie aber in ihrem 45. Jahr als Hobby-Schriftstellerin einen literarischen Agenten in London ein Drehbuch zusandte, bekam sie eine Antwort. Der angesehene Darley Anderson hatte schon Autoren wie Frederic Forsythe unter Vertrag. Anderson ist seit Jahrzehnten im Geschäft und geht bei den großen Verlagen aus und ein.
" Da sagte diese Frau am Telefon, ich habe ein Drehbuch. Tja, sagte ich, worum geht es denn darin ? Es geht um Zigarettenschmuggler in Nord-England. Das Drehbuch ist sehr gut, wollen Sie's lesen. Sie hat mich neugierig gemacht."
Anderson mochte ihre direkte Art. Er las das Manuskript. Es war nicht schlecht, aber ein Drehbuch von einer Autorin ohne bekannten Namen ? Warum, fragte er sie dann am Telefon, schreiben Sie keinen Krimi, mit einer Gangsterbande in Norden Englands, wo Sie wohnen. Mach' ich, sagte Sheila Quigley und legte auf.
" Zwölf Monate später rief sie mich wieder an. Der Krimi sei jetzt fertig, sagte, sie. Ich las ihn und es durchlief mich heiß. Mein Gott, dacht' ich, das ist ja wundervoll. Das ist eine wunderbarer Roman, der sich sehr gut verkaufen wird"
Sheila Quigley hatte nach dreißig Jahren heimischer Autorentätigkeit am Küchentisch ganz einfach Glück gehabt. Ihr hatte jemand zugehört. Ihr Stil, die schnellen Schnitte ihres Plots, der Thriller mit den kurzen Sätzen und die Wärme bei der Beschreibungen der schäbigen Armensiedlung in der Vanessa Lumsdon ohne Aussicht auf eine Verbesserung von einem Tag zum anderen lebt und sich die Mädchenhändler ihre Opfer suchen, erschienen Anderson als vermarktbare Geschichte. Dazu ihre Moral zwischen den Zeilen: Die Menschen in der Story haben keine Perspektive, aber das Herz am rechten Fleck. Den Jugendlichen folgt der Leser gern. Die Kapitel fächern die Geschichte kalenderartig auf. Cliffhanger verführen zum Weiterlesen. 300.000 englische Pfund, etwa 500 000 Euro brachte die Versteigerung des Manuskripts der gelernten Büglerin vom Tyne. 300.000 Pfund für den geschriebenen und den damals noch nicht geschriebenen zweiten Roman von Sheila Quigley. Susan Sandon ist die verantwortliche Programmgestalterin bei Random House.
" Für uns ist Sheila eine langfristige Investition. Sie wird eine der Großen sein Und deshalb ist der Auftritt ihres ersten Romans so wichtig für uns."
In Deutschland erschien ihr erster Roman "Lauf nach Hause" bei dtv. Ein packender Roman. Er liest sich fast in einer Nacht. Und wenn man den Thriller ausgelesen hat, dann kann man merkwürdigerweise sehr versöhnt einschlafen. Seither schrieb Sheila Quigley bereits ihren zweiten Roman, der in England in diesem Jahr erschienen ist. "Bad Moon Rising" heißt er dort. "Ein Mörder in unserer Stadt" überschreibt ihn der Münchner dtv, er wird im Mai erscheinen. Wieder schimmert hinter dem Plot, der schnell erzählt ist, einfühlsam die Wärme des nordenglischen Milieus hindurch. In einer Kleinstadt im nordenglischen Houghten-le-Spring sterben drei Frauen. Der Ort fiebert seinem großen Volksfest im Oktober entgegen. Und wieder ist die Inspektorin Lorraine Hunt mit von der Partie, Verdächtige tummeln sich auf dem Rummelplatz, und Arbeitslose, abgestürzte Existenzen und Sozialhilfeempfänger gibt es wieder zuhauf. Es scheint, als etablierte sich in ihren Büchern eine selbstbewusste Underdog-Ästhetik, ein Stimmung wie in englischen Filmen über die Verlierer der Thatcher Ära mit Charakteren wie in den Romanen von Roddy Doyle. Gleichzeitig beflügelt ihr wundersamer Aufstieg ihren Erfolg. Im Zeitalter der Schriftsteller-Darsteller gilt die echte Sozialhilfeempfängerin, die es mit ihren ersten zwei Romanen zur 300.000-Pfund-Autorin brachte, als willkommener Talk Show Gast, zumal sie immer noch aufgeregt ist, wenn ein Buch von ihr erscheint. Freilich, sagt Sheila Quigley, bin ich nicht mehr ganz so aus dem Häuschen, wie damals, als das erste Buch erschienen ist.
" Ich hätte sterben wollen. Nachdem das erste erschienen ist, bin ich nicht mehr nervös. Wenn es aber ganz neu in den Regalen steht, dann könnt' ich sterben. Das es mir so gehen würde, habe ich schon lange gewusst. Eines Tages, habe ich mir früher gesagt, werde ich ein Buch von mir in diesem Schaufenster sehen. Ich stand ganz einfach da. Der Buchhändler hätte diese seltsame Frau vielleicht verhaften können, aber er tat es nicht."
Insofern ist dieser Tage wieder ein Wunder von der Insel zu verzeichnen, nach Jane K. Rowlings 17 vergeblichen Anläufen, nach Frederic Forsythe 18 Lektoren, die ihm seinen heute vielfach verfilmten Roman "Der Tag des Schakal" als unverkäuflich attestiert zurück geschickt hatten, nun also Sheila Quigley, die 59jährige Bestseller-Autorin aus dem armen Norden Englands. Wenn das kein Märchen ist, das uns Mut machen kann.
Wie ihr literarisches Vorbild, die englische Bestsellerautorin Catherine Cookson, stammt auch Sheila Quigley aus ärmlichen Verhältnissen. Als Cookson 1998 starb galt sie als reichste Frau von Groß Britannien und hatte mehr als 100 Millionen Bücher verkauft. Catherine Cookson war als uneheliches Kind im armen Nordosten Englands aufgewachsen. Sie galt als Waise, ihre Mutter gab sich als ihre ältere Schwester aus. Sheila Quigley - die Autorin von "Run for home" - lernte ihre wahren Eltern gar nicht erst kennen, ein armer Bergarbeiter und seine Frau hatten das Mädchen adoptiert. Und ihre Armut hielt sich auch die folgenden 59 Jahre. Als sie aber in ihrem 45. Jahr als Hobby-Schriftstellerin einen literarischen Agenten in London ein Drehbuch zusandte, bekam sie eine Antwort. Der angesehene Darley Anderson hatte schon Autoren wie Frederic Forsythe unter Vertrag. Anderson ist seit Jahrzehnten im Geschäft und geht bei den großen Verlagen aus und ein.
" Da sagte diese Frau am Telefon, ich habe ein Drehbuch. Tja, sagte ich, worum geht es denn darin ? Es geht um Zigarettenschmuggler in Nord-England. Das Drehbuch ist sehr gut, wollen Sie's lesen. Sie hat mich neugierig gemacht."
Anderson mochte ihre direkte Art. Er las das Manuskript. Es war nicht schlecht, aber ein Drehbuch von einer Autorin ohne bekannten Namen ? Warum, fragte er sie dann am Telefon, schreiben Sie keinen Krimi, mit einer Gangsterbande in Norden Englands, wo Sie wohnen. Mach' ich, sagte Sheila Quigley und legte auf.
" Zwölf Monate später rief sie mich wieder an. Der Krimi sei jetzt fertig, sagte, sie. Ich las ihn und es durchlief mich heiß. Mein Gott, dacht' ich, das ist ja wundervoll. Das ist eine wunderbarer Roman, der sich sehr gut verkaufen wird"
Sheila Quigley hatte nach dreißig Jahren heimischer Autorentätigkeit am Küchentisch ganz einfach Glück gehabt. Ihr hatte jemand zugehört. Ihr Stil, die schnellen Schnitte ihres Plots, der Thriller mit den kurzen Sätzen und die Wärme bei der Beschreibungen der schäbigen Armensiedlung in der Vanessa Lumsdon ohne Aussicht auf eine Verbesserung von einem Tag zum anderen lebt und sich die Mädchenhändler ihre Opfer suchen, erschienen Anderson als vermarktbare Geschichte. Dazu ihre Moral zwischen den Zeilen: Die Menschen in der Story haben keine Perspektive, aber das Herz am rechten Fleck. Den Jugendlichen folgt der Leser gern. Die Kapitel fächern die Geschichte kalenderartig auf. Cliffhanger verführen zum Weiterlesen. 300.000 englische Pfund, etwa 500 000 Euro brachte die Versteigerung des Manuskripts der gelernten Büglerin vom Tyne. 300.000 Pfund für den geschriebenen und den damals noch nicht geschriebenen zweiten Roman von Sheila Quigley. Susan Sandon ist die verantwortliche Programmgestalterin bei Random House.
" Für uns ist Sheila eine langfristige Investition. Sie wird eine der Großen sein Und deshalb ist der Auftritt ihres ersten Romans so wichtig für uns."
In Deutschland erschien ihr erster Roman "Lauf nach Hause" bei dtv. Ein packender Roman. Er liest sich fast in einer Nacht. Und wenn man den Thriller ausgelesen hat, dann kann man merkwürdigerweise sehr versöhnt einschlafen. Seither schrieb Sheila Quigley bereits ihren zweiten Roman, der in England in diesem Jahr erschienen ist. "Bad Moon Rising" heißt er dort. "Ein Mörder in unserer Stadt" überschreibt ihn der Münchner dtv, er wird im Mai erscheinen. Wieder schimmert hinter dem Plot, der schnell erzählt ist, einfühlsam die Wärme des nordenglischen Milieus hindurch. In einer Kleinstadt im nordenglischen Houghten-le-Spring sterben drei Frauen. Der Ort fiebert seinem großen Volksfest im Oktober entgegen. Und wieder ist die Inspektorin Lorraine Hunt mit von der Partie, Verdächtige tummeln sich auf dem Rummelplatz, und Arbeitslose, abgestürzte Existenzen und Sozialhilfeempfänger gibt es wieder zuhauf. Es scheint, als etablierte sich in ihren Büchern eine selbstbewusste Underdog-Ästhetik, ein Stimmung wie in englischen Filmen über die Verlierer der Thatcher Ära mit Charakteren wie in den Romanen von Roddy Doyle. Gleichzeitig beflügelt ihr wundersamer Aufstieg ihren Erfolg. Im Zeitalter der Schriftsteller-Darsteller gilt die echte Sozialhilfeempfängerin, die es mit ihren ersten zwei Romanen zur 300.000-Pfund-Autorin brachte, als willkommener Talk Show Gast, zumal sie immer noch aufgeregt ist, wenn ein Buch von ihr erscheint. Freilich, sagt Sheila Quigley, bin ich nicht mehr ganz so aus dem Häuschen, wie damals, als das erste Buch erschienen ist.
" Ich hätte sterben wollen. Nachdem das erste erschienen ist, bin ich nicht mehr nervös. Wenn es aber ganz neu in den Regalen steht, dann könnt' ich sterben. Das es mir so gehen würde, habe ich schon lange gewusst. Eines Tages, habe ich mir früher gesagt, werde ich ein Buch von mir in diesem Schaufenster sehen. Ich stand ganz einfach da. Der Buchhändler hätte diese seltsame Frau vielleicht verhaften können, aber er tat es nicht."
Insofern ist dieser Tage wieder ein Wunder von der Insel zu verzeichnen, nach Jane K. Rowlings 17 vergeblichen Anläufen, nach Frederic Forsythe 18 Lektoren, die ihm seinen heute vielfach verfilmten Roman "Der Tag des Schakal" als unverkäuflich attestiert zurück geschickt hatten, nun also Sheila Quigley, die 59jährige Bestseller-Autorin aus dem armen Norden Englands. Wenn das kein Märchen ist, das uns Mut machen kann.
Bibliografie
Sheila Quigley: Lauf nach Hause, Aus dem Englischen von Monica Bachler, erschienen bei dtv premium, 360 Seiten kosten 14 Euro
Sheila Quigley: Ein Mörder in unserer Stadt, Aus dem Englischen von Monica Bachler, erschienen bei dtv premium, 360 Seiten kosten 14 Euro