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Lösung eines Müllproblems

Kernenergie. - In den USA setzt die Bush-Regierung zu einer Renaissance der Kernenergie an. Teil dieser neuen Strategie ist die Entwicklung eines Brutreaktors zur Umwandlung langlebiger Radioisotope.

Von Armin Amler | 10.01.2006
    Nukleare Abfallstoffe wieder zu verwenden - und damit einen Teil der Lagerungsprobleme zu lösen, klingt positiv. Zumal die Abfälle, die nach der Bearbeitung in einem "schnellen Spektrum- oder Brüter-Reaktor" und der neuerlichen Verbrennung noch übrig bleiben, nicht mehr Hunderttausende von Jahren strahlungssicher gelagert werden müssen. Viel mehr werden es "nur" noch etwa 1000 Jahre seien. Bert Richter, Physiker an der kalifornischen Stanford-Universität, der für das Energieministerium tätig ist, sagt, das sei wesentlich weniger problematisch:

    "Wir wissen, wie man so etwas auf zuverlässige Weise tun kann, und wir brauchen uns keine Sorgen darüber zu machen, wie man das Zeug für eine Million Jahre bewachen kann."

    Das Verfahren würde den Atomstrom um einige%e teurer machen - was die Energieunternehmen nicht gerade begeistert. Doch es gibt noch einen ernsteren Umstand, der zu berücksichtigen ist: Was aus dem schnellen Reaktor herauskommt, ist waffenfähiges Plutonium. Genauer gesagt: Es könnte direkt in Atomwaffen eingesetzt werden. Aus diesem Grunde hat Präsident Jimmy Carter das Verfahren in den siebziger Jahren in seiner Amtszeit bereits einmal stillgelegt - es gab die Besorgnis, andere Länder könnten die Methode nachahmen und das Plutonium zum Bau von Bomben verwenden. Wissenschaftler des Nationallabors Argonne im US-Staat Illinois glauben nun, sie hätten eine Lösung für das Problem gefunden. Philip Think, stellvertretender Labordirektor:

    "Grundsätzlich ist die Idee, zu keinem Zeitpunkt reine waffenfähige Materialien zu produzieren."

    Es gibt so eine Möglichkeit, führt Think fort - dabei wird kein reines Plutonium, sondern eine Plutonium-Verbindung mit Americium, Neptunium und Curium frei.

    "Was Sie absichtlich abspalten, ist ein Material, das heiß und schwierig zu handhaben ist - und keineswegs attraktiv für jemanden, der es beiseite schaffen und zweckentfremden will."

    Darin könnte die Lösung liegen - in einer problematischen Situation. Denn heute ist das Lagerungsproblem in den USA viel dramatischer als vor über 30 Jahren. Strahlende nukleare Abfälle gibt es in großen Mengen. - Sie verursachen hohe Kosten und bilden ein deutliches Sicherheitsrisiko. Infolgedessen ist das Washingtoner Energieministerium schon seit einiger Zeit mit Hochdruck aktiv gewesen, erklärte Pete Domenici, republikanischer Senator aus Neu Mexiko, in einer Fernsehdiskussion:

    "Es ist nach meinem Verständnis ein ernsthafter Vorschlag des Weißen Hauses. Das Energieministerium hat eine Menge harter Arbeit geleistet, soviel weiß ich. Meine Meinung ist, dass die Sache nun auf den Tisch gehört, und zwar bald."

    Angesichts der Tatsache, dass das Endlager Yucca Mountain im Staate Nevada keinesfalls so problemlos ist, wie vor einigen Jahren prognostiziert, und dass es bei einer Aufbereitung wesentlich entlastet werden würde, sieht nicht nur der Republikaner Pete Domenici einen Silberstreifen am Horizont. Ein US-Staat, der sich mit dem Bau der benötigten Aufbereitungsanlage einverstanden erklären würde, erhielte Milliarden von Dollar an Investitionskosten aus Washington ersetzt - und Hunderte neuer Arbeitsplätze. Domenici:

    "Das ist ein großer ökonomischer Anreiz. Wir werden mit Sicherheit einige Interessenten finden - ohne Zweifel!"