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''Logeleien'' für den Quantencomputer

Ein weiteres Thema beim Wissenschaftsdialog Südosteuropa in Zagreb waren die vermutlichen Enkel heutiger Superrechner. Quantencomputer, die bisher lediglich ein faszinierendes Denkmodell sind und von denen bislang gerade erste Bauteile entwickelt werden, sollen die Hürde der Miniaturisierung sprengen. Doch wie Programme für diese Höchstleistungsrechner auf Grundlage der Quantenmechanik aussehen sollen, war bisher völlig unklar. In Zagreb wurde jetzt ein Ansatz für die Entwicklung ganzer Softwarepakete auf Quantencomputern vorgestellt.

Peter Welchering |
    Heutige Computer rechnen mit binären Zahlen, die als Bits die Zuständen Null und Eins darstellen, je nachdem, ob ein Transistorschalter Strom leitet oder blockt. Bei Computern auf Basis der Quantenmechanik liegt der Fall etwas anders, denn hier existieren die Zustände Null und Eins gleichzeitig. Quantenbits befinden sich dann in einem so genannten Überlagerungszustand. Weil Null und Eins aber gleichzeitig vorliegen, können sie auch parallel berechnet werden. Herkömmliche Programmstrukturen und Algorithmen versagen hier aber, da sie Quantenbits nicht gleichzeitig berechnen können. Professor Mladen Paviciv stellte anlässlich der Tagung ''Wissenschaftsdialog in Südosteuropa zum Thema Neue Technologien'' hierzu seinen völlig neuen Entwicklungsansatz vor: "Wir linearisieren die Probleme in einer Weise, dass wir den so genannten Hilbert-Raum nutzen können. Das ist sozusagen die übliche Programmiersprache für die Probleme der Quantenmechanik. Bisher ist es noch nicht gelungen, die Probleme des unendlichen Hilbert-Raumes zu lösen. Wir versuchen genau dieses Problem mit unserem Ansatz zu lösen."

    Das Problem liegt darin, das nicht exakt bestimmt werden kann, wo sich ein Elektron zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet. Daher ermittelt Pavicivs Ansatz die Wahrscheinlichkeit, mit der die Teilchen verteilt sind. Dabei kann sich auch der so genannte Überlagerungszustand einstellen, bei dem die Bitwerte Null und Eins gleichzeitig vorliegen und dennoch unterschieden und damit gerechnet werden können. Das Verfahren erlaubt entsprechend so genannte Bit-Manipulationen wie sie von herkömmlichen Computern bekannt sind. Dabei werden einzelne Bits logisch an- und ausgeschaltet und repräsentieren so Daten und Programmkode. Weil in einem Quantencomputer sehr viele Bits gleichzeitig geschaltet werden können, entwickelt ein solcher Rechner eine immense Geschwindigkeit, die vor allem bei Wettersimulationen oder zur Berechnung von Protein-Faltungen angewendet werden könnte. Besonders in der Bioinformatik erwartet man, dass Berechnungen und Simulationen bestimmter Eiweißstrukturen, die mit heutiger Technologie eine Rechenzeit von mehreren Millionen Jahren erforderte, mit Quantencomputern in wenigen Tagen erledigt werden könnten.

    Allerdings sei das noch reine Zukunftsmusik, betont Mladen Paviciv: "Das ist der nächste Schritt bei der Anwendung von Quantencomputern und ein Ansatz für das 22. Jahrhundert. Solch ein Computer und seine Software müssen ja ganz allgemeine Berechnungen anstellen. Wir wollen ja jedes Problem, jede Frage, jede Gleichung, sei es bei der Beschreibung von Molekülen oder bei der Berechnung von atomaren Vorgängen, damit bearbeiten und so Moleküle simulieren." Dennoch macht die Entwicklung von Quantenrechnern enorme Fortschritte. Als 1999 die ersten Schaltelemente für Quantencomputer von Hitachi und NEC vorgestellt wurden, prognostizierten Experten, dass die ersten Ansätze für Quantencomputerprogramme frühestens ab dem Jahr 2010 verfügbar sein würden, da noch keine Möglichkeit existiere, Quantenbits streng nach den Vorgaben eines Algorithmus miteinander zu verschalten.