
Fest vertäut liegt das Schiff in Bremerhaven an die Columbuskaje. Weißer Rumpf, 162 Meter lang, 26 Meter breit. Das Schiff war pünktlich. 4.000 Tonnen Bananen hat es geladen. Auf dem Deck werden die Kühl-Container gelöst. Im Schiffsbauch stapeln sich die Bananenkartons auf Paletten: "Das ist die Star Service 1, eins von fünf Schiffen, die nacheinander nach Bremerhaven fahren", erklärt Matthias Hasselder, der Geschäftsführer des Bremerhavener Unternehmens Heuer Logistics. Das Ladegeschirr der Containerbrücke greift sich ein Container nach dem anderen und macht so den Weg frei zu den Schiffsluken.
"Wir sind kein Reifecenter"
Die Gabelstapler fahren die Bananen in die riesige Halle, in der die Bananen in 15 tennishallengroßen Kühlräumen, sogenannte Klimazellen zwischengelagert werden. Die Bananen in den Kartons sind grün, auf den Plantagen in Mittelamerika unreif geerntet und bei 14 Grad über den Atlantik transportiert worden. Erst kurz bevor die Bananen in den Handel kommen, wird der unterbrochene Reifeprozess wieder in Gang gesetzt, erklärt Geschäftsführer Hasselder: "Wir sind kein Reifecenter. Wir sind ein reines Umschlagslager. Wir können die Bananen auf Temperatur halten, das heißt, die Kühlkette wird nicht unterbrochen. Reifen können wir nicht."
Nach Äpfeln sind Bananen in Deutschland das zweitbeliebteste Obst. Statistisch gesehen verzehrt jeder Bundesbürger jedes Jahr 16 Kilo, der Jahresverbrauch liegt somit bei etwas mehr als 1,3 Millionen Tonnen Bananen. 300.000 Tonnen schlägt das Bremerhavener Unternehmen jährlich um und überprüft die Früchte auf die strengen EU-Vorschriften hin. Länge und Durchmesser sind für die drei Handelsklassen vorgegeben, der Krümmungswinkel, entgegen einem hartnäckigen Vorurteil, dagegen nicht. Beschädigte Ware mit Druckstellen oder gebrochenem Hals wird aussortiert.
Temperaturprüfung bei Stichproben
Es sind Stichproben, die Bananenkontrolleur Axel Krüger und seine beiden Kollegen auf den Tisch bekommen. Diesmal werden es 200 Kartons sein. Einer Banane aus der Mitte des ausgepackten Kartons steckt er ein Thermometer durch die Schale in die Frucht. Mehr als 17 Grad dürfen es nicht sein, erläutert der Prüfer: "Bananen, die von sich aus schon gelb werden, da haben sie dann so was wie einen Zünder in der Kiste drin. Der steckt die anderen Früchte dann an, die wollen ja auch reifen. Wenn Sie eine gelbe Kiste in der Palette haben, dann haben Sie so viel Äthylen, damit können Sie dann die ganze Palette mit reifen. Nur das ist nicht zu vergleichen mit der Reifung, wie sie in der Reiferei passiert. Da geht das ganze Aroma in die Luft, und die Banane selbst schmeckt nicht."
Die meisten Bananen kommen aus Ecuador, Kolumbien, Costa Rica und Panama. Zwei der vier Weltmarktführer, Chiquita und Fyffes, wollten vor einem Jahr fusionieren. Der Zusammenschluss scheiterte am Veto der Aktionäre. Der Bremerhavener Umschlagsfirma und ihren 100 Mitarbeitern soll es recht sein.
Torsten Kuhl verantwortet bei Heuer Logistics das Zoll- und Qualitätsmanagement. Er meint: "Wir haben natürlich beide als Kunden, wobei Chiquita ist unser Hauptkunde und Schiffe hierher bringt. Welche Auswirkungen das dann gehabt hätte, das hätte man dann sehen müssen, weil vielleicht wären dann irgendwann die Vertriebswege zusammengelegt worden oder so was. Insofern müssen wir uns erst einmal darüber keine Gedanken machen, weil die ja nicht geklappt hat."
Ware für ganz Deutschland
Ortsbesichtigung mit dem Geschäftsführer. Matthias Hasselder erklärt: "In den Klimazellen können wir die Temperatur fahren von 0 bis 15 Grad. In dieser Fläche, wo wir uns jetzt befinden, können wir die Halle nur frostfrei halten mit den Heizstrahlern an der Decke. Im Sommer haben wir hier die Außentemperatur, weil es nur eine Blechhalle ist."
Bis zu 80 Lkw mit Kühlcontainern werden pro Tag abgefertigt, sagt Hasselder: "Die Ware geht natürlich hier in Norddeutschland, aber auch in die Ballungszentren nach München, ins Ruhrgebiet, nach Stuttgart, aber auch sehr stark Richtung Polen und Nordeuropa."
Der Endverbraucherpreis für Bananen hält sich seit vielen Jahren recht konstant auf niedrigem Niveau: Fair-Trade-Organisatoren beklagen, die ärmsten Menschen müssten für unsere billigen Bananen bezahlen. Die Arbeitsbedingungen auf den Bananenplantagen spielen hier, an der Bremerhavener Columbuskaje, wo der Kran die Bananen gerade Palette für Palette aus dem Schiffsbauch zieht, kaum eine Rolle. Wohl aber der Preis im Discounter, erläutert Geschäftsführer Hasselder. Der Preis spiele durchaus eine Rolle, weil auch der Umschlagplatz unter Preisdruck gerate, wenn für die Ware weniger erzielt werde. Außerdem: "Was man zum Verkaufspreis sagen muss, dass der Zollersatz pro Tonne angelegt ist. Pro Karton, das sind so 19 Kilo, sind 2,40 bis 2,50 Euro allein Zollabgaben."
Es ist mittlerweile dunkel geworden. Die Bordlichter und die mächtigen Scheinwerfer der Containerbrücke zeichnen helle, milchige Kreise in das nächtliche Gemisch von Nebel und Nieselregen. Im Hafen wird rund um die Uhr gearbeitet. Die "Star Service 1", das Bananenschiff, das an der Bremerhavener Columbuskaje liegt, will um vier Uhr in der Früh in See stechen - mit Kurs auf Karibik und Mittelamerika. In vier Wochen ist es wieder in Bremerhaven - mit der nächsten Ladung Bananen an Bord.