Mit japanischen Kirschblüten und ihrem erlösend, erleuchtenden Zen-Duft und einem deutschen Schauspieler, der schon seit Jahrzehnten das Publikum in unterschiedlichen Rollen beglückt, kann man richtig abräumen. Der Deutsche Filmpreis 2008 wurde in Berlin zu einem Ereignis. Elmar Wepper bekam die "Lola" für seine Schauspielerleistung in "Kirschblüte: Hanami", Nina Hoss für "Yella", ansonsten gingen diese Filme leer aus. Aber Regisseur Fatih Akin räumte ab.
Bully Herbig: "Und die Lola für die beste Regie geht an Fatih Akin."
Fatih Akin: "Vielen Dank, Ihr seid ja toll!"
Am Ende wurde es offenbar Fatih Akin selbst etwas zuviel. Der Hamburger deutsch-türkische Regisseur und sein Film "Auf der anderen Seite" ist der große Sieger beim diesjährigen Deutschen Filmpreis, der am Freitag in Berlin vergeben wurde. Fünfmal war die Geschichte über deutsch-türkische Identitäten nominiert, viermal gewann der Film, unter anderem in den Kategorien "Bester Spielfilm" und "Beste Regie".
Besonders freuen darf man sich dabei mit Akins Cutter Andrew Bird, dessen wichtige Arbeit hier endlich einmal eine verdiente Anerkennung erfährt. Hingegen ist es schon mehr als ein Insiderwitz, der im Übrigen auch die vermeintliche Kompetenz der abstimmenden Akademiemitglieder relativiert, dass Akin mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnet wurde. Denn für den Film, wie er auf der Leinwand zu sehen ist, gibt es überhaupt kein Drehbuch. Akin selbst erzählt ganz offen, dass seine ursprüngliche Version nicht funktioniert habe. Im Schneideraum musste er dann den Film gemeinsam mit Andrew Bird aus den abgedrehten Szenen weitgehend neu erfinden.
Neben der zweiten Gewinnerin, der Berliner Regisseurin Bettina Blümner die mit ihrem Debüt "Prinzessinnenbad", einem erfrischend unkonventionellen Werk über drei 15-jährige Mädchen aus Kreuzberg, den Dokumentarfilmpreis gewann, gab es am Freitag auch gleich mehrere Verlierer: Vor allem die Münchner Regisseurin Doris Dörrie und ihr eher konventioneller Film "Kirschblüten: Hanami". Es glich schon einer besonderen buddhistischen Übung, wie Dörrie zwar mit sechs Nominierungen als Favoritin ins Rennen ging, aber viermal einen anderen Film an sich vorbeiziehen lassen musste.
Zweiter Verlierer ist der viermal nominierte Film "Yella" von Christian Petzold, unbestritten der künstlerisch gewagteste, und reifste Film unter den Nominierten. Dass "Yella" nur einen einzigen Preis, und zudem mit dem Darstellerpreis für Nina Hoss noch den kleinsten gemeinsamsten Nenner erhielt, dass andere Filmkunst erst gar nicht nominiert wurde, ist in der Gesamtschau ein klares Zeichen dafür, dass die Filmakademie auch im fünften Jahr ihres Bestehens die Autobahn des Mainstream nicht verlässt, dass radikale künstlerische Leistungen und Film-Avantgarde, seit sie die Preisvergabe bestimmt, keine Auszeichnungen mehr erhalten.
Vielleicht ist das von rund tausend stimmberechtigten Akademiemitgliedern auch zuviel verlangt. Denn das hieße für die Mehrheit der über die Hälfte aus Schauspielern bestehenden Film-Lobbyisten, dass sie für etwas stimmen müssten, was ihren eigenen Vorstellungen von Kino widerspricht, ja ihren künstlerischen Horizont oft genug einfach übersteigt.
Die Filmakademie ist eben keine Kunstakademie, in der auch Kritiker und Wissenschaftler ihren Platz haben, in der hohe Ansprüche hochgehalten werden, sie ist eher eine Partygemeinschaft, die zwei, drei Mal im Jahr zu Kuschelveranstaltungen zusammenfindet, und zu der einerseits fast jeder Zugang hat, wo andererseits auch viele der bekanntesten deutschen Filmemacher gar nicht Mitglied werden wollen. So auch Fatih Akin, der seine Distanz und Kritik am Vergabeverfahren ungeachtet seines Sieges auch ganz offen ansprach:
"Ihr seid ja eine Demokratie, und zu jeder Demokratie gehört auch eine Opposition. Die macht die Demokratie eigentlich vollkommen. Nicht wahr? Ich find's ganz schön, dass ich keinen Regierungsauftrag habe und in der Opposition sein kann. Für mich ist Film in allererster Linie eine Kunstform. Und ich find es so schwierig, das zu bemessen. "
Den Ehrenpreis bekam der 76-jährige Alexander Kluge, ein Aushängeschild jenes aufklärerischen Autorenkinos, das in der Gegenwart von der Akademie in der Regel schnöde ignoriert wird.
"Meine Liebe zum Film ist nicht zu trennen von den Erfahrungen. Es gibt den Gegensatz zwischen Dokumentation und Fiktion nur in Form von Abteilungen im Fernsehen."
Im Prinzip ist gegen die diesjährigen Preise wenig einzuwenden. Es gibt 2008 keinen Blockbuster mit dem das Industriekino, das nur auf Kasse schielt, die kleineren Autorenfilme beiseite drängt. Aber auch in diesem Jahr galt wieder: alles auf den größten Haufen, nicht Vielfalt.
Der Grundkonstruktionsfehler der Preisvergabe aber bleibt: Über rund drei Millionen vom Deutschen Bundestag dezidiert für Filmkunst vorgesehene Steuereuros werden von jenen vergeben, die selbst in den Genuss des Geldes kommen - eine einmalige Form der Förderung, während in allen anderen Kultursparten wie bis 2002 auch im Filmpreis unabhängige Jury entscheiden. Und nur Filme, die einen gewissen Massengeschmack treffen, haben die Chance auf den Filmpreis.
Es spricht für Fatih Akin, dass er, der erst letztes Jahr wie viele andere das Vergabeverfahren und die öffentliche Passivität des zuständigen Kulturstaatsministers kritisiert hatte, auch in der Stunde des Triumphes seine Distanz deutlich machte:
"So sehr mich das freut: Nicht für die Akademie und nicht für die Preise machen wir Filme, sondern fürs Leben."
Bully Herbig: "Und die Lola für die beste Regie geht an Fatih Akin."
Fatih Akin: "Vielen Dank, Ihr seid ja toll!"
Am Ende wurde es offenbar Fatih Akin selbst etwas zuviel. Der Hamburger deutsch-türkische Regisseur und sein Film "Auf der anderen Seite" ist der große Sieger beim diesjährigen Deutschen Filmpreis, der am Freitag in Berlin vergeben wurde. Fünfmal war die Geschichte über deutsch-türkische Identitäten nominiert, viermal gewann der Film, unter anderem in den Kategorien "Bester Spielfilm" und "Beste Regie".
Besonders freuen darf man sich dabei mit Akins Cutter Andrew Bird, dessen wichtige Arbeit hier endlich einmal eine verdiente Anerkennung erfährt. Hingegen ist es schon mehr als ein Insiderwitz, der im Übrigen auch die vermeintliche Kompetenz der abstimmenden Akademiemitglieder relativiert, dass Akin mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnet wurde. Denn für den Film, wie er auf der Leinwand zu sehen ist, gibt es überhaupt kein Drehbuch. Akin selbst erzählt ganz offen, dass seine ursprüngliche Version nicht funktioniert habe. Im Schneideraum musste er dann den Film gemeinsam mit Andrew Bird aus den abgedrehten Szenen weitgehend neu erfinden.
Neben der zweiten Gewinnerin, der Berliner Regisseurin Bettina Blümner die mit ihrem Debüt "Prinzessinnenbad", einem erfrischend unkonventionellen Werk über drei 15-jährige Mädchen aus Kreuzberg, den Dokumentarfilmpreis gewann, gab es am Freitag auch gleich mehrere Verlierer: Vor allem die Münchner Regisseurin Doris Dörrie und ihr eher konventioneller Film "Kirschblüten: Hanami". Es glich schon einer besonderen buddhistischen Übung, wie Dörrie zwar mit sechs Nominierungen als Favoritin ins Rennen ging, aber viermal einen anderen Film an sich vorbeiziehen lassen musste.
Zweiter Verlierer ist der viermal nominierte Film "Yella" von Christian Petzold, unbestritten der künstlerisch gewagteste, und reifste Film unter den Nominierten. Dass "Yella" nur einen einzigen Preis, und zudem mit dem Darstellerpreis für Nina Hoss noch den kleinsten gemeinsamsten Nenner erhielt, dass andere Filmkunst erst gar nicht nominiert wurde, ist in der Gesamtschau ein klares Zeichen dafür, dass die Filmakademie auch im fünften Jahr ihres Bestehens die Autobahn des Mainstream nicht verlässt, dass radikale künstlerische Leistungen und Film-Avantgarde, seit sie die Preisvergabe bestimmt, keine Auszeichnungen mehr erhalten.
Vielleicht ist das von rund tausend stimmberechtigten Akademiemitgliedern auch zuviel verlangt. Denn das hieße für die Mehrheit der über die Hälfte aus Schauspielern bestehenden Film-Lobbyisten, dass sie für etwas stimmen müssten, was ihren eigenen Vorstellungen von Kino widerspricht, ja ihren künstlerischen Horizont oft genug einfach übersteigt.
Die Filmakademie ist eben keine Kunstakademie, in der auch Kritiker und Wissenschaftler ihren Platz haben, in der hohe Ansprüche hochgehalten werden, sie ist eher eine Partygemeinschaft, die zwei, drei Mal im Jahr zu Kuschelveranstaltungen zusammenfindet, und zu der einerseits fast jeder Zugang hat, wo andererseits auch viele der bekanntesten deutschen Filmemacher gar nicht Mitglied werden wollen. So auch Fatih Akin, der seine Distanz und Kritik am Vergabeverfahren ungeachtet seines Sieges auch ganz offen ansprach:
"Ihr seid ja eine Demokratie, und zu jeder Demokratie gehört auch eine Opposition. Die macht die Demokratie eigentlich vollkommen. Nicht wahr? Ich find's ganz schön, dass ich keinen Regierungsauftrag habe und in der Opposition sein kann. Für mich ist Film in allererster Linie eine Kunstform. Und ich find es so schwierig, das zu bemessen. "
Den Ehrenpreis bekam der 76-jährige Alexander Kluge, ein Aushängeschild jenes aufklärerischen Autorenkinos, das in der Gegenwart von der Akademie in der Regel schnöde ignoriert wird.
"Meine Liebe zum Film ist nicht zu trennen von den Erfahrungen. Es gibt den Gegensatz zwischen Dokumentation und Fiktion nur in Form von Abteilungen im Fernsehen."
Im Prinzip ist gegen die diesjährigen Preise wenig einzuwenden. Es gibt 2008 keinen Blockbuster mit dem das Industriekino, das nur auf Kasse schielt, die kleineren Autorenfilme beiseite drängt. Aber auch in diesem Jahr galt wieder: alles auf den größten Haufen, nicht Vielfalt.
Der Grundkonstruktionsfehler der Preisvergabe aber bleibt: Über rund drei Millionen vom Deutschen Bundestag dezidiert für Filmkunst vorgesehene Steuereuros werden von jenen vergeben, die selbst in den Genuss des Geldes kommen - eine einmalige Form der Förderung, während in allen anderen Kultursparten wie bis 2002 auch im Filmpreis unabhängige Jury entscheiden. Und nur Filme, die einen gewissen Massengeschmack treffen, haben die Chance auf den Filmpreis.
Es spricht für Fatih Akin, dass er, der erst letztes Jahr wie viele andere das Vergabeverfahren und die öffentliche Passivität des zuständigen Kulturstaatsministers kritisiert hatte, auch in der Stunde des Triumphes seine Distanz deutlich machte:
"So sehr mich das freut: Nicht für die Akademie und nicht für die Preise machen wir Filme, sondern fürs Leben."