Donnerstag, 25. April 2024

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Corona
Long-Covid-Forscherin: "Kaum Versorgungstrukturen für schwer Erkrankte"

Rund eine Millionen Menschen kämpfen in Deutschland mit den Spätfolgen einer Corona-Infektion. Expertinnen und Experten sehen bei ihrer Versorgung noch viel Nachholbedarf. Die Leiterin der Immundefekt-Ambulanz an der Berliner Charité, Scheibenbogen, sprach im DLF von Long-Covid als neuer Volkskrankheit.

19.04.2023
    Carmen Scheibenbogen, Long-Covid-Forscherin, steht im Labor im Institut für Medizinische Immunologie an der Charité.
    Carmen Scheibenbogen, Long-Covid-Forscherin, steht im Labor im Institut für Medizinische Immunologie an der Charité. (picture alliance / dpa / Britta Pedersen)
    Scheibenbogen gehört zu den führenden Long-Covid-Forscherinnen. Die Professorin sagte im Deutschlandfunk, dass viele Ärzte das Krankheitsbild Long-Covid nicht gut kennen. Das liege daran, dass es sehr komplex sei. Es gebe eine Vielzahl an Symptomen und Ursachen und nicht den einen Test, an dem man die Krankheit festmachen könne. Bei Ärzten führe dies zu viel Unsicherheit, betonte die Immunologin. Deswegen hätten viele Patienten derzeit keine richtige Diagnose.

    Immunologin: Genetische Faktoren spielen eine Rolle

    Scheibenbogen führte aus, bei dem Risiko, an Long-Covid zu erkranken, wisse man, dass beispielsweise genetische Faktoren eine Rolle spielten, wie eine Immunschwäche und diverse Vorerkrankungen. Sie kritisierte, dass es für schwer Erkrankte kaum Versorgungstrukturen gebe. Einige Patienten bekämen nicht einmal eine Minimal-Therapie. Die Forscherin forderte, sich besser auf einzelne Krankheitsbilder zu konzentrieren. Man werde noch viele weitere Medikamente testen müssen, um am Ende für alle Patienten wirksame Therapien zu haben.
    Das gesamteInterview mit der Long-Covid-Expertin Carmen Scheibenbogen können Sie hier nachlesen.
    Untersuchungen zufolge leiden Etwa zehn Prozent aller Infizierten an Long-Covid. Sie haben mit Spätfolgen zu kämpfen, die teilweise so massiv sind, dass sie am normalen Leben nicht mehr teilnehmen können.

    Bundesgesundheitsminister Lauterbach fordert mehr Hilfe für Forschung und Betroffene

    Auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach will die Situation von Long-Covid-Betroffenen verbessern. Die Situation für viele Erkrankte sei dramatisch, sagte der SPD-Politiker auf einer Veranstaltung der Verlagsgruppe "Die Zeit" in Berlin. Für viele schwere Verläufe gebe es leider noch keine belastbare Therapie.
    Konkret schlug Lauterbach vor, dass bundesweit etwa zehn spezialisierte Zentren Studien entwickeln und koordinieren. Sinnvoll seien dabei verschiedene Ansätze, da sich die Immunsysteme der Menschen voneinander unterschieden. Über die Finanzierung von Forschung werde derzeit noch in den Haushaltsverhandlungen beraten. Daneben wolle sein Ministerium das bereits vorhandene Wissen auf einer Internetseite bündeln, auf der sich Mediziner und Betroffene mit gesicherten Angaben informieren könnten.
    Heute befasst sich der Gesundheitsausschuss des Bundestags mit dem Thema Long-Covid.
    Diese Nachricht wurde am 19.04.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.