Archiv


Loske wirft Vattenfall Pannenserie in Kernkraftwerken vor

Bremens Umweltsenator Reinhard Loske hat Zweifel an der Zuverlässigkeit des Kraftwerksbetreibers Vattenfall geäußert. Die Zwischenfälle in den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel stünden am Ende einer langen Kette, sagte der Grünen-Politiker. Offenbar herrsche eine "schlechte Sicherheitskultur".

Moderation: Bettina Klein |
    Bettina Klein: Guten Morgen, Herr Loske!

    Reinhard Loske: Schönen guten Morgen, Frau Klein!
    Klein: Nach dem, wie sich die Dinge bis jetzt darstellen, wie können Pannen, wie sie aufgetreten sind, in Zukunft vermieden werden?

    Loske: Na ja, zunächst muss man ja mal sagen, bei Vattenfall ist das eine lange Kette, die sich da aufreiht. Und die scheinen große Probleme sowohl mit der Sicherheitskultur, als auch mit der Kommunikation zu haben. Wir hatten 2001 diesen enormen Störfall damals in Brunsbüttel, als es zu einer Rohrexplosion kam. Dann hatten wir 2006 den Reaktor in Forsmark in Schweden, wo wir 20 Minuten von einem Großunfall entfernt waren. Und jetzt im Jahr 2007 haben wir diese Ballung in Brunsbüttel und in Krümmel. Also insofern ist es keineswegs so, wie da, es da gerade eben lautete, wir hätten es hier nur mit schlechten Informationsflüssen zu tun. Damit haben wir es auch zu tun. Aber wir haben es offenbar auch mit einer schlechten Sicherheitskultur zu tun.

    Klein: Meine Frage war, wie können Pannen dieser Art in Zukunft vermieden werden?
    Loske: Wenn man ganz vorne anfängt, würde man sagen, die Atomenergie ist eben nicht risikofrei. Das ist eine Illusion, aber…
    Klein: Aber wir leben ja noch mit ihr.
    Loske: … das stellen wir mal im Moment zurück. Ansonsten muss man natürlich, muss der Betreiber von solchen Anlagen Sachverstand und Zuverlässigkeit nachweisen. Das sind die beiden entscheidenden Begriffe. Und insofern muss man da natürlich aufpassen und man muss möglichst früh die Öffentlichkeit über meldepflichtige Störfälle informieren. Man darf keine Strategie des Vertuschens und des Herunterspielens betreiben, wie das in der Vergangenheit oft geschehen ist.

    Klein: Sachverstand und Zuverlässigkeit, ob die vorhanden waren und immer noch sind, das wird jetzt geprüft, wenn es darum geht, ob Vattenfall die AKWs weiter betreiben kann. Die Prüfung muss man abwarten, das Ergebnis der Prüfung. Dennoch, wie stellt es sich aus Ihrer Sicht dar? Sind diese Pannen, die es jetzt gegeben hat, vermeidbar, auch technisch vermeidbar? Oder können Sie das nicht beurteilen?
    Loske: Das ist immer sehr schwierig. Das ist natürlich eine Frage, wo man technische Voraussetzungen im Detail kennen muss. Aber dieser Trafobrand und Anderes, das sind natürlich Dinge, wo bisher suggeriert wurde, das Ganze sei außerhalb des relevanten Bereichs gewesen. Und wenn man jetzt hört, es ist sozusagen im Steuerungszentrum zeitweise so gewesen, dass man die Geräte nicht mehr eindeutig einsehen konnte, dass Gasmasken aufgesetzt werden mussten, da war das, dieser Unfall, doch offenbar weniger weit entfernt von der Steuerungszentrale, als das bisher suggeriert wurde. Also insofern haben wir es hier, der Umweltminister Gabriel hat ja gesagt, die sichersten Kraftwerke haben wir, aber ab und zu brennt es und knallt es, das kann natürlich bei einer solchen Technologie völlig, das ist völlig unakzeptabel. Das muss man sehen.

    Und, ich meine, wir haben es hier ja mit einer Technologie zu tun, die, die Risikoexperten sprechen von Eintrittswahrscheinlichkeit mal Schadensausmaß. Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Unfalls ist vergleichsweise gering. Aber wenn er denn eintritt, ist das Schadensausmaß gewaltig. Und deswegen müssen wirklich alle Vorkehrungen getroffen werden und muss hier wirklich gewissenhaft geprüft werden, ob die Sachverstand und die Zuverlässigkeit, ob die wirklich beide gegeben sind.
    Klein: Das heißt, Sie sehen aber nicht, dass wir zum Beispiel gesetzliche Veränderungen bräuchten, die ein Vermeiden dieser Zwischenfälle in Zukunft unterbinden würde?

    Loske: Gesetzlichen Änderungsbedarf sehe ich also mindestens nicht vorrangig, muss ich sagen. Das Gesetz, so wie es jetzt ist, bietet die Möglichkeit, bei Zweifeln an diesen beiden Kriterien Sachverstand und Zuverlässigkeit auch die Lizenz zu entziehen. Das muss jetzt geprüft werden. Und ich finde es auch richtig, dass die Bundesregierung sich einmischt. Denn das ist von so elementarer und weitgehender Bedeutung und vor allen Dingen, ich wiederhole noch mal, das reiht sich ein in eine lange Serie von Pannen bei just diesem Betreiber, dass man da wirklich ganz scharf hingucken muss.

    Klein: Es wird geprüft, ob Vattenfall jetzt die Betreibererlaubnis entzogen werden kann. Das ist gar nicht so einfach, denn die ist offensichtlich an Personen gebunden dabei. Da geht es um Stichworte, die wir gerade erörtert haben. Man muss ja sagen, egal ob Vattenfall die Werke jetzt weiterführt oder ein anderer Betreiber, alle stehen vor einem ähnlichen Problem. Wie ist denn in Zukunft dafür zu sorgen, dass zum Beispiel die Informationspolitik eines Unternehmens anders, transparenter abgewickelt wird, als das im bisherigen Fall offensichtlich gewesen ist?

    Loske: Ja, das ist ganz einfach. Sobald ein meldepflichtiger Störfall vorliegt, muss die Öffentlichkeit darüber in Kenntnis gesetzt werden. Es hat auch nichts mit Panikmache zu tun, denn die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, informiert zu werden über diese Sache, und dem müssen die Betreiber nachkommen. Und das ist bei Vattenfall in der Vergangenheit, das wird ja heute auch zugestanden, offenbar nicht immer der Fall gewesen.

    Klein: Wie sehen Sie die Vorwürfe gegen die aufsichtführende Sozialministerin in Schleswig-Holstein, Frau Trauernicht von der SPD?

    Loske: Also, ich glaube, sie ist mit Sicherheit nicht die erste Adressatin der Kritik, sondern es ist der Betreiber, völlig klar.

    Klein: Reinhard Loske war das, grüner Umweltpolitiker und neuer Umweltsenator in Bremen. Danke Ihnen für das Gespräch.

    Loske: Gerne, Tschüss.