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Lotse für die Lücke

Technik. - Geübte Fahrer kurbeln es aus den Handgelenken, den Ungeübten treibt es den Schweiß auf die Stirn: das Rückwärtseinparken in der begehrten, aber schmalen Innenstadt-Parklücke. Abhilfe verspricht "Park-Mate", eine Einparkhilfe von Siemens.

Von Gabor Paal | 15.05.2006
    Das ist die Vision: Fahrtziel erreicht, jetzt fehlt noch ein Parkplatz. Dafür gibt es einen speziellen Knopf im Auto. Wenn der gedrückt ist, heißt es:

    Bitte langsam fahren.

    Also Tempo runter. Der Fahrbahnrand ist zugeparkt. Plötzlich taucht eine Parklücke auf. Aber ist sie auch groß genug? Park-Mate – so heißt die Einparkautomatik – kann das mit ihren Sensoren testen, erklärt Enno Pflug, Produktsprecher beim Automobilzulieferer Siemens VDO. Doch beim Parkplatzfinden dabei kommt es nicht nur auf die Größe der Lücke an.

    "Es fängt damit an - ganz simpel - mit der Frage: Ist es wirklich ein Parkplatz oder nicht. Denn in einer Stadt gibt es oft die Situation, dass eine große Lücke ist zwischen zwei parkenden Autos oder zwei Bäumen. Wenn aber der Wagen die Lücke ansteuern würde als Parkplatz, dann könnten sich andere Verkehrsteilnehmer sehr gestört fühlen, weil das könnte eine Kreuzung oder eine Einfahrt sein. Das heißt, das System ist vernetzt mit einem Navigationssystem, überprüft jeweils dann, wenn es eine theoretische Parklücke gefunden hat, ob es sich wirklich um eine Parklücke handeln kann oder ob es sich um eine Kreuzung oder eine Einbiegestraße handelt."

    Ist die Parklücke tatsächlich geeignet, bekomme ich das Signal.

    Parkplatz gefunden.

    Nur dass ich mich nicht ins Halteverbot oder vor eine Garagenausfahrt stelle, darauf muss ich noch selber achten. So, der Parkplatz ist jetzt da, und ich will rein. Also stelle ich mich, schräg vor die Parklücke.

    Bitte Lenkrad loslassen.

    Erklärt mir mein Park Mate. Das Lenken geht von nun an automatisch, ich muss nur noch den Rückwärtsgang einlegen und etwas Gas geben.

    "Und das Lenkrad lenkt wie von selbst, ganz von alleine, und der Wagen parkt genau so ein, wie es vorbildmäßig in der Fahrschule beigebracht worden ist, ohne irgendwo anzuecken und genau so, dass man parallel zum Bordstein zum Halten kommt."

    Der Park-Mate sagt mir, wann ich bremsen muss, und ob ich gegebenenfalls noch mal den Vorwärtsgang einlegen muss, um das Auto, wie gewohnt, am Ende noch mal ein Stück vorzusetzen. Da das System alles vorher genau berechnet hat, weiß es sozusagen, was es tut. Das Einparken geht deshalb schneller, als wenn ich selber einparken würde, vorsichtig und mit ständigen Kontrollblicken links und rechts. Gegenüber den Einparkhilfen, die es bereits gibt, die einen im Prinzip nur warnen, wenn man dem Vorder- oder Hinterparker zu nahe kommt, ist dieses System ein deutlicher Schritt vorwärts.

    "Möglich wurde es tatsächlich durch die guten Sensoren und die Prozessorleistung, die wir heute haben. Das wäre vor ein paar Jahren noch nicht möglich gewesen, weil man zu viele Variablen beim Einparken beachten muss. "

    So misst das System die Größe der Parklücke, die Breite der Nachbarfahrzeuge, aber es muss auch prüfen, ob ein Bordstein vorhanden ist oder nicht. All das übernehmen eine Reihe Ultraschallsensoren, die vorne und hinten an den Stoßstangen sowie seitlich am Fahrzeug angebracht sind. In zwei Jahren soll der Park-Mate in Serie gehen. Wie sich ein solches System auf den Preis beim Autokauf niederschlagen wird, das, meint Enno Pflug. sei eine Entscheidung der Autohersteller. Er geht aber davon aus, dass sich die Mehrkosten in Grenzen halten werden.

    "Dabei hilft auch, dass die ganze Sensorik, die dafür notwendig ist, nicht sehr teuer sein wird, so dass auch das Einsatzgebiet von unserem Park-Mate nicht die Oberklasse ist, sondern wie es im Moment ausschaut, wird das erste Serienfahrzeug, das damit ausgestattet ist, ein Mittelklassewagen sein. "

    Wie sicher das System ist, hängt an mir als Fahrer. Ich muss mich schon an die Anweisungen halten. Und falls doch mal was passiert, falls ich trotz Einparkautomatik beim Einparken ein anderes Auto schramme, hafte dennoch ich für den Schaden meint der Verkehrsfachanwalt Frank Wolz.

    "Man kann sich also nicht auf einen Fehler des Systems berufen. Also der Geschädigte, der nachher da steht mit der kaputten Stoßstange, hat zunächst mal Anspruch darauf, dass der Schädiger, und für den Schädiger dessen Haftpflicht eintritt."

    Wenn ich als Halter aber wiederum meine, das System habe versagt, könnte ich beziehungsweise meine Haftpflicht das Geld von der Herstellerfirma zurückverlangen, aber das, so Wolz, sei dann ein Fall für sich.