Archiv


Lourdes erwartet den Papst

Papst Benedikt XVI. wird während seines zehntägigen Frankreichbesuches auch den südfranzösischen Wallfahrtsort Lourdes besuchen. Dem Wasser aus der Quelle der Grotte wird bis heute Wunderwirkung zugesprochen. Der Besuch des Oberhaupts der Katholischen Kirche verlangt dem 17.000-Einwohner-Städtchen jede Menge ab. Burkhard Birke berichtet.

    Eine nicht enden wollende Lichterkette zieht auf der Esplanade von Notre Dame de Lourdes vorbei. Allabendlich um 21 Uhr versammeln sich Pilger aus aller Welt zum Beten: Ihre Kerzen bilden ein immenses Lichtermeer. Kaum zu glauben, dass die Einheimischen angesichts solcher Menschenmassen, die tagsüber die engen Gassen des Pyrenäenstädtchen bevölkern, von Leere sprechen!?

    "Die Menschenmassen werden erst ein oder zwei Tage vor dem Papstbesuch eintreffen. Momentan ist es noch sehr ruhig - man muss abwarten."

    Meint dieser Kellner, ohne allerdings über flaue Geschäfte zu klagen!
    Er genießt vielmehr die Ruhe vor dem Sturm - denn - wie die meisten Pilgerführer - wird er während des Papstbesuches fast rund um die Uhr im Einsatz sein.

    Am Samstag pilgert Papst Benedikt XVI zu der Grotte von Massabielle. Der bettelarmen vierzehnjährigen Bernadette Soubirous war dort vor 150 Jahren eine schöne Dame erschienen. 18 Mal begegnete Bernadette diese Erscheinung, die sich am Ende als die unbefleckte Empfängnis, als Maria, zu erkennen gab. Es war die Geburtsstunde von Lourdes als Wallfahrtsort. Dem Wasser aus der Quelle der Grotte werden bis heute Wunderwirkung zugesprochen.

    "67 Heilungen hat die Kirche bisher offiziell als Wunder anerkannt! Es gibt also nur 67 Wunder seit 150 Jahren in Lourdes. Die genaue Zahl der geheilten Personen kennt man allerdings nicht. Die Archive des medizinischen Büros weisen 7000 Heilungen auf."

    Mindestens ein Mal pro Woche meldet sich ein Geheilter bei Doktor Patrick Theillier, dem Leiter des medizinischen Büros. Von Wunder spricht die Kirche aber in der Regel nur, wenn die Genesung dauerhaft ist und allein der heilenden Kraft des Wassers zuzuschreiben ist!

    120.000 Liter fließen davon täglich - werden in Plastikbehälter, Marienfigürchen unterschiedlichster Größe abgefüllt - in der Hoffnung auf ein wundersame Genesung! Nicht unbedingt ein Wunder, aber eine Überraschung erwartet indes Monseigneur Jacques Perrier, der Erzbischof von Lourdes und Tarbes:

    "Der Papst soll frei, einfach er selbst sein und es wird interessant sein, zu hören, was er an einem Marienwallfahrtort zu sagen hat! "

    Gemessen wird Benedikt unweigerlich an seinem Vorgänger: 1983 hatte Johannes Paul II eine bemerkenswerte Rede zur Religionsfreiheit in Osteuropa gehalten und, so erinnert sich Monseigneur Perrier, als er 2004 hier war, gab es diesen unglaublichen Moment der Stille auf dem ganzen Wallfahrtsgelände.

    "Das war als Johannes Paul zum Beten an der Grotte niederkniete. Das war nicht vorgesehen. Deshalb hoffe ich auch dieses Mal auf eine Überraschung!"

    Nur nicht auf eine böse: Denn vor einigen Jahren versuchte ein Geistesgestörter sich in einem Fahrzeug in die Luft zu sprengen. Jean Marc Reversé und seine 40 Sicherheitsbeamten konnte in letzter Minute das Schlimmste verhindern. Für den Papstbesuch bekommt er Verstärkung: Die nationalen Behörden übernehmen die Sicherheit.

    "Man hat uns 2500 Polizisten angekündigt. Mein Sicherheitsdienst wird in diesen Tagen abtauchen, sprich verdeckt agieren, weil meine Leute die Örtlichkeiten perfekt kennen."

    Unterstützt werden sie von Feuerwehrleuten, Sanitätern, Spezialeinheiten, den CRS, die aus dem ganzen Land herbeigeordert werden.

    Der Besuch des Oberhauptes der katholischen Kirche verlangt Lourdes ein Maximum ab:

    Tausende freiwillige Helfer werden zusätzlich rekrutiert. Obwohl das 17.000 Einwohner Städtchen über großzügige Hotelkapazitäten verfügt, doppelt so viele Betten wie Bewohner, stößt man an die Grenzen - oder doch nicht!? Die Erwartungen sind hoch gesteckt, aber irgendwie doch gedämpft!

    Die T Shirts mit Benedikts Porträt, die Fähnchen blieben bislang Ladenhüter.

    "Wir erwarten, dass die Leute den Papst sehen wollen, den einen Papst - denn offensichtlich gibt es in den Köpfen der Menschen immer noch zwei!"

    Der Theologe Ratzinger scheint weniger beliebt als der reiselustige Woytyla, dessen Riesenporträt den Salle Bernadette in der Avenue Schoeffer ziert!