Ulrike Burgwinkel: Loyalität blockiert Karrieremöglichkeiten. Etwas überspitzt formuliert, aber im Grunde nicht falsch. So könnte man ein Ergebnis der Master-Arbeit von Monika Küpper am Institut für Arbeitswissenschaften der Ruhr-Universität Bochum interpretieren. Sie ist Leiterin der Personalentwicklung in einem mittelständischen Familienunternehmen, mit halber Stelle an der Uni und jetzt meine Gesprächspartnerin in "Campus & Karriere". Guten Tag, Frau Küpper!
Monika Küpper: Guten Tag, Frau Burgwinkel!
Burgwinkel: Frau Küpper, das klingt ja erst mal so ein bisschen widersinnig: Wer seinem Unternehmen loyal verbunden ist, der schadet der Karriere. Wie geht das?
Küpper: Wenn Sie sich auf den Stuhl des Mitarbeiters setzen und er darauf vertraut, dass er in einem Unternehmen lange bleiben kann, eine Karriere machen kann und das Unternehmen dann aus wirtschaftlichen Gründen Entscheidungen treffen muss, die vielleicht auch in einen Personalabbau münden, dann endet die Karriere, ohne dass derjenige einen Einfluss darauf nehmen konnte.
Burgwinkel: Das heißt, Sie plädieren für mehr Flexibilität statt Loyalität, oder wie kann man dem aus dem Wege gehen?
Küpper: Mit Flexibilität ganz sicher. Also dadurch, dass Sie als Mitarbeiter schauen, dass Sie beschäftigungsfähig bleiben, dass ihre Qualifikation auf Stand ist, dass Sie etwas lernen und das auch lebenslang, dadurch gewinnen Sie Freiheit. Sie gewinnen eine innere Freiheit zu bleiben, wenn es gut ist, aber Sie gewinnen auch die Freiheit zu gehen, wenn es für Ihre Karriere wichtig ist.
Burgwinkel: Wünschen sich denn nicht die Arbeitgeber Leute, die wirklich loyal zum Unternehmen stehen?
Küpper: Doch, das ist das Dilemma. Arbeitgeber wünschen sich Loyalität, also diesen Bestandteil des alten psychologischen Vertrages. Sie wünschen sich Mitarbeiter, die bei ihnen bleiben, auf die sie setzen können, und dennoch kündigen sie diesen Vertrag immer wieder einmal auf, müssen ihn aufkündigen, weil wirtschaftliche Gegebenheiten sie dazu zwingen. Das heißt, diese Loyalität, die man sich als Arbeitgeber wünscht, kann man seitens des Arbeitgebers häufig mit der Beschäftigungssicherheit nicht verantworten. Insofern ist es das Dilemma, dass beide Teile sehr erwachsen darüber nachdenken müssen, für sich selbst auch zu sorgen. Und der Mitarbeiter, der nichts zu verkaufen hat als seine Arbeitskraft, muss dafür sorgen, dass er in Bewegung bleiben kann.
Burgwinkel: Sie sprachen gerade vom psychologischen Vertrag. Was genau verstehen Sie darunter?
Küpper: Das ist eigentlich ein Vertrag, der den juristischen ergänzt. Das sind wechselseitige Verhaltenserwartungen und daran geknüpfte Verpflichtungen. Also ich erwarte etwas von meinem Arbeitgeber und fühle mich ihm auch zu einer Leistung verpflichtet, etwas, was ich nicht nur im juristischen Vertrag aufschreiben kann, sondern etwas, was zwischen den Zeilen steht. Also aus meiner Bereitschaft zu arbeiten, wird Arbeitsleistung, durch meinen Wunsch, zu dem Unternehmen zu gehören und dort eine gute Arbeit zu erbringen. Und das ist oft gar nicht ausgesprochen zwischen den beiden Partnern, sondern etwas, was zwischen den Zeilen steht, implizit ist.
Burgwinkel: Haben Sie denn bei Ihren Untersuchungen Unterschiede festgestellt in Bezug auf diesen psychologischen Vertrag bzw. die Einhaltung dieses psychologischen Vertrages, sagen wir mal in Bezug auf das Alter oder die Funktion der Befragten?
Küpper: Ja, ich habe Unterschiede festgestellt. Meine Studie richtete sich ja auf Mitarbeiter oder ein Unternehmen, in dem es sehr viel Wandel gegeben hat. Ich wollte also wissen, hat Wandel - sprich Personalabbau, Umstrukturierungen, Ausgründungen - hat dieser Wandel Einfluss gehabt auf den Vertrag der Mitarbeiter, vor allen Dingen solcher, die schon ganz lange da sind. Und ich konnte feststellen, dass Mitarbeiter, die lange dem Unternehmen angehören, ein Stück auf Distanz gegangen sind durch diese Veränderungen, die sie erlebt haben. Das ist auch in der Literatur beschrieben, dass wenn der psychologische Vertrag verletzt wird, also Vertrauen auch verletzt wird, dass Mitarbeiter in einen Rückzug gehen oder schlimmstenfalls in eine innere Kündigung gehen oder dann auch in eine tatsächliche Kündigung gehen. Und man konnte sehr wohl merken, dass ältere Mitarbeiter immer noch loyal sind und auch beim Unternehmen geblieben sind, aber dass die Arbeitsplatzunsicherheit, die sie erlebt haben, durchaus Teil ihrer Erwartungen geworden sind.
Burgwinkel: Die Älteren kennen aber vermutlich auch noch so was wie: Mein ganzes Leben in einer Firma verbringen, das ist was ganz Normales. Die jungen Leute, die von der Hochschule kommen oder frisch fertig sind mit der Ausbildung, die haben sich schon darauf eingestellt, dass ich, na ja, zwei, drei verschiedene Berufe ausüben muss.
Küpper: Ja, das konnten Sie sehr deutlich merken. Die Älteren, da war vielleicht sogar der Vater oder die Mutter schon im Unternehmen, bei den Jüngeren, die sind sehr viel vorsichtiger. Sie kommen und haben zum Teil auch schon einen neuen psychologischen Vertrag ausgebildet, der viel mehr auf einen Tausch orientiert ist. Also ich komme und bringe meine Arbeitsleistung, ich bekomme ein gutes Entgelt dafür, und ich bekomme etwas ganz Wichtiges, was Bestandteil des neuen Vertrages ist, nämlich die Möglichkeit, meine Beschäftigungsfähigkeit aufrechtzuerhalten, durch interessante Projekte auszubauen sogar, und ich bekomme vielleicht auch die eine oder andere Qualifizierung, die mir als Mitarbeiter am Arbeitsmarkt nachher oder beim neuen Arbeitgeber auch wieder nützt. Und diese Tauschbeziehungen, diese Tauschorientierungen haben jüngere Mitarbeiter sehr viel stärker ausgeprägt als ältere. Das ist ein Ergebnis der Untersuchung, ja.
Burgwinkel: Kann man doch auch wahrscheinlich verallgemeinern, Ihre Untersuchung?
Küpper: Ja, so weit möchte ich nicht gehen, das würde ich gerne aber untersuchen wollen in meiner, ja, in meiner neuen Aufgabe an der Ruhr-Universität.
Monika Küpper: Guten Tag, Frau Burgwinkel!
Burgwinkel: Frau Küpper, das klingt ja erst mal so ein bisschen widersinnig: Wer seinem Unternehmen loyal verbunden ist, der schadet der Karriere. Wie geht das?
Küpper: Wenn Sie sich auf den Stuhl des Mitarbeiters setzen und er darauf vertraut, dass er in einem Unternehmen lange bleiben kann, eine Karriere machen kann und das Unternehmen dann aus wirtschaftlichen Gründen Entscheidungen treffen muss, die vielleicht auch in einen Personalabbau münden, dann endet die Karriere, ohne dass derjenige einen Einfluss darauf nehmen konnte.
Burgwinkel: Das heißt, Sie plädieren für mehr Flexibilität statt Loyalität, oder wie kann man dem aus dem Wege gehen?
Küpper: Mit Flexibilität ganz sicher. Also dadurch, dass Sie als Mitarbeiter schauen, dass Sie beschäftigungsfähig bleiben, dass ihre Qualifikation auf Stand ist, dass Sie etwas lernen und das auch lebenslang, dadurch gewinnen Sie Freiheit. Sie gewinnen eine innere Freiheit zu bleiben, wenn es gut ist, aber Sie gewinnen auch die Freiheit zu gehen, wenn es für Ihre Karriere wichtig ist.
Burgwinkel: Wünschen sich denn nicht die Arbeitgeber Leute, die wirklich loyal zum Unternehmen stehen?
Küpper: Doch, das ist das Dilemma. Arbeitgeber wünschen sich Loyalität, also diesen Bestandteil des alten psychologischen Vertrages. Sie wünschen sich Mitarbeiter, die bei ihnen bleiben, auf die sie setzen können, und dennoch kündigen sie diesen Vertrag immer wieder einmal auf, müssen ihn aufkündigen, weil wirtschaftliche Gegebenheiten sie dazu zwingen. Das heißt, diese Loyalität, die man sich als Arbeitgeber wünscht, kann man seitens des Arbeitgebers häufig mit der Beschäftigungssicherheit nicht verantworten. Insofern ist es das Dilemma, dass beide Teile sehr erwachsen darüber nachdenken müssen, für sich selbst auch zu sorgen. Und der Mitarbeiter, der nichts zu verkaufen hat als seine Arbeitskraft, muss dafür sorgen, dass er in Bewegung bleiben kann.
Burgwinkel: Sie sprachen gerade vom psychologischen Vertrag. Was genau verstehen Sie darunter?
Küpper: Das ist eigentlich ein Vertrag, der den juristischen ergänzt. Das sind wechselseitige Verhaltenserwartungen und daran geknüpfte Verpflichtungen. Also ich erwarte etwas von meinem Arbeitgeber und fühle mich ihm auch zu einer Leistung verpflichtet, etwas, was ich nicht nur im juristischen Vertrag aufschreiben kann, sondern etwas, was zwischen den Zeilen steht. Also aus meiner Bereitschaft zu arbeiten, wird Arbeitsleistung, durch meinen Wunsch, zu dem Unternehmen zu gehören und dort eine gute Arbeit zu erbringen. Und das ist oft gar nicht ausgesprochen zwischen den beiden Partnern, sondern etwas, was zwischen den Zeilen steht, implizit ist.
Burgwinkel: Haben Sie denn bei Ihren Untersuchungen Unterschiede festgestellt in Bezug auf diesen psychologischen Vertrag bzw. die Einhaltung dieses psychologischen Vertrages, sagen wir mal in Bezug auf das Alter oder die Funktion der Befragten?
Küpper: Ja, ich habe Unterschiede festgestellt. Meine Studie richtete sich ja auf Mitarbeiter oder ein Unternehmen, in dem es sehr viel Wandel gegeben hat. Ich wollte also wissen, hat Wandel - sprich Personalabbau, Umstrukturierungen, Ausgründungen - hat dieser Wandel Einfluss gehabt auf den Vertrag der Mitarbeiter, vor allen Dingen solcher, die schon ganz lange da sind. Und ich konnte feststellen, dass Mitarbeiter, die lange dem Unternehmen angehören, ein Stück auf Distanz gegangen sind durch diese Veränderungen, die sie erlebt haben. Das ist auch in der Literatur beschrieben, dass wenn der psychologische Vertrag verletzt wird, also Vertrauen auch verletzt wird, dass Mitarbeiter in einen Rückzug gehen oder schlimmstenfalls in eine innere Kündigung gehen oder dann auch in eine tatsächliche Kündigung gehen. Und man konnte sehr wohl merken, dass ältere Mitarbeiter immer noch loyal sind und auch beim Unternehmen geblieben sind, aber dass die Arbeitsplatzunsicherheit, die sie erlebt haben, durchaus Teil ihrer Erwartungen geworden sind.
Burgwinkel: Die Älteren kennen aber vermutlich auch noch so was wie: Mein ganzes Leben in einer Firma verbringen, das ist was ganz Normales. Die jungen Leute, die von der Hochschule kommen oder frisch fertig sind mit der Ausbildung, die haben sich schon darauf eingestellt, dass ich, na ja, zwei, drei verschiedene Berufe ausüben muss.
Küpper: Ja, das konnten Sie sehr deutlich merken. Die Älteren, da war vielleicht sogar der Vater oder die Mutter schon im Unternehmen, bei den Jüngeren, die sind sehr viel vorsichtiger. Sie kommen und haben zum Teil auch schon einen neuen psychologischen Vertrag ausgebildet, der viel mehr auf einen Tausch orientiert ist. Also ich komme und bringe meine Arbeitsleistung, ich bekomme ein gutes Entgelt dafür, und ich bekomme etwas ganz Wichtiges, was Bestandteil des neuen Vertrages ist, nämlich die Möglichkeit, meine Beschäftigungsfähigkeit aufrechtzuerhalten, durch interessante Projekte auszubauen sogar, und ich bekomme vielleicht auch die eine oder andere Qualifizierung, die mir als Mitarbeiter am Arbeitsmarkt nachher oder beim neuen Arbeitgeber auch wieder nützt. Und diese Tauschbeziehungen, diese Tauschorientierungen haben jüngere Mitarbeiter sehr viel stärker ausgeprägt als ältere. Das ist ein Ergebnis der Untersuchung, ja.
Burgwinkel: Kann man doch auch wahrscheinlich verallgemeinern, Ihre Untersuchung?
Küpper: Ja, so weit möchte ich nicht gehen, das würde ich gerne aber untersuchen wollen in meiner, ja, in meiner neuen Aufgabe an der Ruhr-Universität.