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Lückenschluss auf der A1 vertagt

Auf seinem Weg durch den stillen verschneiten Dorseler Wald im Grenzgebiet zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen deutet Franz Josef Fuchs auf Erika- und Blaubeerbüsche:

Von Anke Petermann |
    Das ist also Lebensgrundlage fürs Haselhuhn. Im Winter fressen die gern die kleinen Triebe und im Sommer dann halt die Beeren. Diese Krautschicht ist wichtig, da haben die jungen Haselhühner auch Unterstände, wo die sich verkriechen können, weil die auch viele natürliche Feinde haben wie Habicht oder Sperber. Die haben hier Deckung und können sich hier verkriechen.

    In weiten Teilen von Rheinland-Pfalz gibt es inzwischen keine Haselhühner mehr. Im gesamten Ahrtal aber brüten 30 Paare, das hat der überregional anerkannte Arten-Experte der Struktur- und Genehmigungsdirektion in Koblenz gemeldet. Und so kommt er den scheuen Tieren auf die Spur:

    Man geht auf dem Schnee im Winter und man sucht Spuren, so genannte Sekundärnachweise, oder man sucht Huderpfannen, wo die Tiere sich im Sand baden, man sammelt Federn und Losung und dann halt Sichtbeobachtung. Dann hat man ein Lockpfeifchen, damit kann man den Haselhuhn-Ruf imitieren, das ist ein ganz feiner Ruf ähnlich wie Goldhähnchen, so ps, ps, ganz eigenartig, so ein Zilpen, und damit kann man den Hahn im Mai und Juni anlocken.

    Der Nachweis dieser bedrohten Tierart und die entsprechende Meldung an die EU-Kommission sind nach Auffassung der Umweltschützer Hauptgrund dafür, dass es ihnen gelang, zumindest auf der rheinland-pfälzischen Seite die Bagger zu stoppen, die hier anrollen und die Trasse für die A1 zwischen Blankenheim und Daun planieren sollten. Als offizieller Grund werden jedoch die rund tausend Einsprüche, auch von Anwohnern und Bürgerinitiativen genannt. "Das Gelände ist keine 40-Km Lücke zwischen zwei Autobahn-Anschlussstellen", stellt Willi Tempel von der BUND-Kreisgruppe Ahrweiler klar, "sondern Lebensraum für seltene Tiere wie Luchs, Wildkatze und Schwarzstorch" - als so genanntes Flora-Fauna-Habitat-Gebiet Teil des europäischen Naturerbes.

    Widersinnig ist, dass man die Planungen auch jetzt noch weiter betreibt. Wenn diese betonköpfigen Planer von Anfang an auf die Gegner, die Bürgerinitiativen vor Ort gehört hätten, hätte man die B51, die ein Stück parallel verläuft und heute schon in weiten Teilen vierspurig ist, ausbauen können, die Leute hätten ihre Straße, die sie haben wollen, hätten natürlich auch ihren Lärm leider, aber dann könnte man diesen Naturraum einfach lassen wie er ist. In diesen Naturräumen muss es einfach Null-Lösungen geben, die das Gesetz auch vorgibt. Und ich erwarte, dass die Bundesrepublik einfach sagt, Planungen durch dieses Gebiet treiben wir nicht voran.


    Doch SPD- und CDU -Landes- und Bundespolitiker werben in seltener Einigkeit für die Zitat "notwendige Infrastrukturmaßnahme". NRW sei jetzt am Zug, verkündete Bundesverkehrsminister Stolpe beim letzten Ortstermin in der Eifel. Doch das Haselhuhn macht nicht an einer Landesgrenze Halt, die den Dorseler Wald im Zickzack durchläuft. Das Düsseldorfer Umweltministerium meldete daher jüngst das Vogelschutzgebiet Ahrgebirge bei der Europäischen Union nach. CDU-Kommunalpolitiker halten das für einen Coup der grünen Ressortchefin Höhn, behaupten, Haselhühner hielten sich üblicherweise nur "in der Oberpfalz und im pfälzischen Kusel auf" und das aufgefundene tote Exemplar sei von Umweltschützern an der Oberahr abgelegt worden. Lässt sich die EU-Kommission etwa mit Hilfe erfundener Vögel gegen den Autobahnbau aufhetzen? Franz Josef Fuchs hält das für abwegig und erzählt folgendes über die eigene Arbeitsweise:

    Da wird alles fotografiert, auch die ganze Landschaft und auch die Sekundärnachweise. Ich hab ein 600er Teleobjektiv, das habe ich mir extra gekauft für diese Aktion, da gehen wir schon sachlich vor und machen keine Fehler.

    Laut Autobahnamt in Euskirchen wird nun ein Gutachten erarbeitet, das untersuchen soll, wie sich die Trasse, samt Brücken und Ausfahrten auf die geschützten Vögel auswirken würde. Um das Projekt zu beschleunigen, haben die Planer den umstrittenen Abschnitt vorsorglich in zwei Teile zerlegt, den nördlichen zwischen Blankenheim und der geplanten Ausfahrt Lommersdorf will der Euskirchener Projektleiter unbelastet vom Streit ums Haselhuhn zügig vorantreiben, Ziel ist Baubeginn 2007. Der BUND will sich mit dieser Salami-Taktik nicht abfinden und notfalls gegen den Trassenbau klagen. Schließlich lebt mit dem Luchs eine der bedeutendsten Arten des europäischen Naturerbes in dem Gebiet, das die Autobahn zerschneiden würde.