Rudolf Klein ist Ombudsmann an der Universität Konstanz. Meistens sucht ein Wissenschaftler seine Hilfe, wenn er Probleme bei der Zusammenarbeit mit einem Kollegen hat. Konkreter Grund für eine Beschwerde beim Ombudsmann kann zum Beispiel sein, dass sich ein Nachwuchswissenschaftler von seinem betreuenden Professor ausgenutzt fühlt, indem seine Ko-Autorenschaft bei einer Veröffentlichung nicht erwähnt wurde.
Sie können sich natürlich vorstellen, dass, wenn meinetwegen die Vertrauensbasis zwischen einem Professor und einem Doktoranden nicht mehr richtig vorhanden ist, dass das auch zu einer Verhinderung oder Behinderung einer wissenschaftlichen Karriere eines jungen Menschen führen kann.
Doch nicht immer gelingt es den Ombudsmännern, ein solches wissenschaftliches Fehlverhalten aufzudecken. Denn dafür bedarf es handfester Beweise, an denen es häufig mangelt. Junge Wissenschaftler gehen also ein Risiko ein, wenn sie sich über einen älteren und ranghöheren Kollegen beklagen. Die Rolle des so genannten whistle blower - also des Forschers, der rechtzeitig vor wissenschaftlichem Fehlverhalten warnt - gilt in Deutschland als gefährlich, meint Gottfried Geiler, Ombudsmann bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, kurz DFG.:
In der Regel ist das ein Wagnis für die jungen Leute. Deshalb besteht auch nicht so starker Mut dafür. Viele verderben sich dadurch ihre Karriere. Auch wenn sie Recht haben. Und das ist die Tragödie der whistle blower. Deshalb sind wir bestrebt, bestimmte Prinzipien dafür auszuarbeiten, wie der whistle blower besser geschützt werden kann.
Der whistle blower geht mit seiner Aussage auch deshalb ein Risiko ein, weil nicht alle Ombudsmänner neutral vermitteln, mitunter abhängig von den hierarchischen Strukturen innerhalb der Universität sind. Somit gibt es Untersuchungsverfahren, die in ihrem Urteil nicht frei von Befindlichkeiten sind. Deshalb kommt es immer häufiger vor, dass sich junge Wissenschaftler nicht an eine Vertrauensperson ihrer Universität, sondern an den Ombudsmann der DFG richten, weiß Gottfried Geiler.
Es gibt natürlich Ombudsmänner, die sagen: der Ombudsmann der Universität muss zuerst angesprochen werden und in zweiter Linie erst der Ombudsmann der DFG. Wir weisen das immer zurück, sondern sagen: der Wissenschaftler selbst soll entscheiden, wen er zuerst informiert. Und da werden wir häufig zuerst informiert.
Etwa die Hälfte aller Klagen kommt übrigens aus dem medizinisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Nach Meinung der Ombudsmänner kein Zufall. Hier ist der zeitliche Veröffentlichungsdruck, der so genannte Impact-Factor, besonders hoch.
Diese Überbewertung des Impact-Faktors, die halt ich für eine äußerst bedenkliche Angelegenheit. Besonders, wenn man davon berufliche Entwicklungen und Berufungen abhängig macht. Ich weiß aber, ich war sehr lange Dekan in Leipzig, welche Rolle bei einer Berufungskommission die Frage spielt: wie viele Paper, und was haben Sie für einen Impact-Faktor? Das muss, so meine ich, etwas repressiver werden. Es darf ein Punkt sein, aber nicht der alleinige und vielleicht nicht mal der entscheidende.
Die Ombudsmänner haben deshalb vorgeschlagen, vor allem im klinischen Bereich mehr Qualitätskontrollen als bisher durchzuführen. Stichprobenartige Untersuchungen sollen so verhindern, dass bei der Veröffentlichung wissenschaftlicher Arbeiten geschlampt wird. Gert Wolf, Ombudsmann an der Bergakademie Freiberg, hat noch einen anderen Vorschlag: Vielleicht sollten sich die naturwissenschaftlichen Disziplinen einfach ein Vorbild an den Ingenieurswissenschaften nehmen. Hier gibt es nämlich mit wissenschaftlichem Betrug weit weniger Probleme.
Da sollte man durchaus darüber nachdenken. Vielleicht könnte man daraus auch wichtige Schlussfolgerungen ziehen, wie man Prävention in Zukunft betreiben könnte, wenn man sieht, warum die Forschung bei Ingenieuren, die ja meist stark industriegebunden ist, warum dort so was nicht auftritt.