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Luftfahrt
Klimawandel erschwert das Fliegen

Vielleicht ist es die Rache des Klimawandels: Die steigenden Temperaturen auf der Erde dürften der Luftfahrt zunehmend Probleme bereiten. Denn die wärmere Luft ist dünner und hat weniger Auftrieb, sodass Start und Landung immer schwieriger werden.

Von Monika Seynsche | 22.01.2015
    Ein diesel-elektrisch betriebener Flugzeugschlepper ist an einer Boeing 737-500 angedockt.
    An einigen Flughäfen bestehen bei großer Hitze bereits Lastbeschränkungen. (picture alliance/dpa/Arne Dedert)
    Die Boeing 737-800 ist der am weitesten verbreiteten Flugzeugtyp in den USA. Allein 2013 waren diese Maschinen auf fast einer halben Million Flügen im Einsatz. Deshalb hat sich Ethan Coffel für den Kurz- und Mittelstreckenflieger entschieden. Der Doktorand an der Columbia University in New York wollte herausfinden, wie sich der Klimawandel auf die kommerzielle Luftfahrt auswirkt.
    "Wenn die Temperaturen steigen, wird die Luft dünner. Und in dünnerer Luft ist der Auftrieb an den Flügeln geringer. Um trotzdem abheben zu können, muss sich das Flugzeug auf der Startbahn deshalb schneller bewegen, um den gleichen Auftrieb zu erzeugen."
    Die Luft wird dünner
    Um schneller werden zu können, braucht das Flugzeug eine längere Startbahn. Für einen Flughafen auf Meereshöhe bedeutet das: Bei 40 Grad Außentemperatur benötigt eine voll beladene Boeing 737-800 eine um 300 Meter längere Startbahn als bei 30 Grad Celsius. Und auch dann ist bei 362 km/h Schluss. Eine höhere Geschwindigkeit halten die Reifen der Boeing 737 nicht aus. Wenn eine noch höhere Startgeschwindigkeit nötig wäre oder die Startbahn zu kurz ist, kann ein Flugzeug bei hohen Temperaturen nur dann abheben, wenn es leichter ist.
    "Wir haben uns vier Flughäfen angeschaut: den LaGuardia Airport in New York, den Phoenix Sky Harbor Airport, den Denver International Airport und den Reagan National Airport in Washington, DC. An all diesen Flughäfen gibt es heute schon Gewichtsbegrenzungen während der Sommermonate. LaGuardia, Reagan und Denver International sind davon besonders betroffen."
    Bei großer Hitze dürfen die Flugzeuge dort nur starten, wenn sie einen Teil ihrer Ladung oder der Passagiere zurücklassen. Am Denver International Airport etwa muss eine Boeing 737-800 ab einer Außentemperatur von 30 Grad Celsius auf 5 Tonnen Gewicht verzichten, ab 37 Grad sogar auf fast 8 Tonnen. Das entspricht 52 bzw 79 Passagieren, die nicht befördert werden können. Von solchen Einschränkungen sind besonders Flughäfen betroffen, die kurze Startbahnen haben, in Regionen gebaut wurden, in denen es generell sehr warm ist oder in großen Höhen liegen, wo die Luft von vorneherein schon dünner ist.
    Weniger Nutzlast bei höheren Temperaturen
    Für jeden Flughafen gibt es genaue Vorgaben, ab welcher Temperatur das Startgewicht eines Flugzeugs um wie viele Tonnen beschränkt werden muss. Ethan Coffel und seine Kollegen haben nun Klimamodelle für das 21. Jahrhundert mit diesen Daten verglichen um die zukünftige Beeinträchtigung des Flugverkehrs berechnen zu können. Die Modelle projizieren für alle vier Flughäfen einen Anstieg der jährlichen Maximal- Temperaturen um 3 bis 4 Grad Celsius bis zum Jahr 2069.
    "Unseren Ergebnissen zufolge erwarten wir für die vier untersuchten Flughäfen 50 bis 100 Prozent mehr Tage pro Jahr, an denen es Gewichtsbegrenzungen geben wird."
    Am Flughafen LaGuardia zum Beispiel könnte es dadurch gegen Ende des Jahrhunderts jeden Sommer zu 40 bis 60 Tagen, mit Gewichtseinschränkungen kommen. Heute sind es etwa 30 Tage. Und in der Regel gilt: Je weniger Nutzlast eine Maschine transportieren darf, desto weniger Geld verdient die Airline mit dem Flug. Deshalb raten Ethan Coffel und seine Kollegen dazu, den Klimawandel jetzt schon beim Bau neuer Flughäfen und neuer Flugzeugtypen zu berücksichtigen, zum Beispiel durch längere Startbahnen.