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Luftiger Internet-Anschluss

Während in gut erschlossenen Ballungszentren sich Internetanbieter Preisschlachten um die Kunden liefern, müssen sich Bewohner im ländlichen Idyll mit Modem oder ISDN begnügen. Die drahtlose WIMAX-Technologie könnte das aber bald ändern.

Von Holger Bruns |
    Die Halbleiterindustrie preist WiMAX an, ein Verfahren zur drahtlosen Vernetzung auf der Basis von Breitbandanschlüssen, die in etwa dem DSL-Zugang oder dem Kabelmodem entsprechen. Eine Wimax-Verbindung hat Reichweiten von bis zu 32 Kilometern und taugt natürlich auch dazu, Städte und bisher DSL-freie Zonen in ländlichen Gegenden zeitgemäß zu vernetzen. WiMAX steht für Worldwide Interoperability for Microwave Access und kann dabei von vielen Herstellern unterstützt werden, denn es basiert auf der Norm 802.16 der IEEE. Und der Ruf von WiMAX hallte weit - bis in die kleine Gemeinde Selm in der Nähe von Dortmund. In Selm wurden alle alten Telefonkabel aus der Erde gerissen und durch Glasfasern ersetzt. Damit kann es in Selm kein DSL mehr geben, denn die so genannten Multiplexer zum Verbinden von Glasfasern mit den herkömmlichen Kupferleitungen der Hausanschlüsse sind den Telefongesellschaften zu teuer, wenn sie auch für DSL taugen sollen. Surfen mit ISDN-Geschwindigkeit ist alles, was in Selm noch geht, sagt Klaus von Rojen von der Selmer Stadtverwaltung.

    "Dadurch gab es viele Insellösungen. Es gab Gewerbetreibende mit einer Standleitung, es gab privat aufgebaute Funkverbindungen vom Ortsteil Bork nach Selm hin, um dieses Dilemma zu überbrücken."

    Eine Bürgerbewegung setzte schließlich durch, dass Selm auch internettechnisch nicht vom Rest der Welt abgenabelt wird. Seit einiger Zeit gibt es in Selm nun ganz viele kleine Funkmasten, die drahtloses Internet verbreiten. Für die Bürger war es eine Art von Erlösung, und auch dem städtischen Gymnasium ist nun endlich der zeitgemäße Einsatz des Computers im Schulunterricht möglich.

    "Wir brauchen das Internet vor allen Dingen, um das selbständige Lernen der Schüler in der gymnasialen Oberstufe zu fördern und auch überhaupt, um den Schülern einen Internet-Zugang zur Verfügung zu stellen."

    Für Eckhard Lehrmann vom städtischen Gymnasium Selm ist die Sache klar. Erst das drahtlose Internet mit dem Handelsnamen W-DSL bringt Selm auf den heutigen Stand der Technik. Da spielt es keine Rolle, dass die Vernetzung in Selm zurzeit nur ein Provisorium ist, das zu gegebener Zeit durch WiMAX abgelöst wird. Die Stadt bereit sich darauf vor.

    "Wir stellen die öffentlichen Gebäude kostenfrei zur Verfügung, dass hier Antennenanlagen aufgestellt werden können. Und so bin ich beim Aufbau der Ansprechpartner."

    Das Selmer Netz wird von der SelmCom betrieben, das ist ein kleiner Internet-Provider, der seinen Kunden die notwendige Übertragungstechnik zur Verfügung stellt. Thomas Engels, hauptberuflich der Inhaber einer kleinen Werbeagentur, ist Sprecher der Selmer Bürgerbewegung, die das alles angeleiert hat.

    "Was man auch berücksichtigen kann bei den fünfzig Megabit, die über die Fernverbindung nach Selm hereingebracht werden, ist es so, dass mit den 150 Kunden, die derzeit im Netz hängen, zu ihren gewohnten Tages- und Nachtzeiten das Internet benutzen, in der Spitze maximal zehn Prozent dieser Bandbreite auch angekratzt werden."

    Die Technik ist einfach zu bedienen. Eine Patchantenne mit einem Kabel zum PC, mehr ist nicht zu installieren. Allerdings funktioniert der Zugang zum Netz nur mit Sichtverbindung zu einem der Selmer Internetmasten.

    "Die Endkunden haben ja je ein Modem, Das ist ein konventionelles W-LAN-Modem, das entsprechend noch einen Hardware-Chip auf dem Board hat, wo eine eindeutige Authentifizierung implementiert ist."

    Das Netz ist also sicher und muss das auch sein, damit niemand auf Kosten anderer Leute surfen kann, und damit der Provider weiß, wie er abrechnen muss. Inzwischen wird WiMAX auch von den etablierten Telefongesellschaften ins Auge gefasst, zum Beispiel Arcor, die vor allem ländliche Regionen mit WiMAX erschließen will. Klaus von Rojen hofft jedenfalls darauf, dass die Stadt Selm mit ihrem drahtlosen Internet auch anderen bisher DSL-freien Zonen ein positives Beispiel gibt.

    "Wenn man bedenkt, dass wir in der Vorstufe stehen, dass das richtige Wimax-Protokoll noch kommt, mit noch größeren Übertragungsgeschwindigkeiten und vor allen Dingen auch Reichweiten, bin ich davon überzeugt, dass es große Zukunft haben wird."