Dicht. Die Straße ist wieder mal komplett dicht: Durch die kleine Gemeinde Hagnau am nordwestlichen Bodenseeufer schlängelt sich eine kilometerlange Blechlawine. Stopp-and-Go-Verkehr; die Autos fahren Stoßtange an Stoßtange.
"Wir hier in Hagnau haben die Besonderheit, dass sich durch unsere Ortsdurchfahrt weit über 20.000 Fahrzeuge pro Tag pressen, zum Teil 30.000 an Spitzentagen am Sommer an Messetagen. Und leider auch ein erheblicher Anteil an Schwerlastverkehr, zurzeit zwischen zwölf und 15 Prozent."
Simon Blümcke ist Bürgermeister von Hagnau- und kann gegen den ständig zunehmenden Verkehr kaum etwas ausrichten. Rings um das Dörfchen ragen Weinberge am Bodenseeufer empor; der Bau einer Umgehungsstraße ist daher so gut wie unmöglich. Und so quälen sich denn auch immer mehr LKW auf der Bundesstraße 31 durch das kleine Weinbaudörfchen.
"Die B-31 wird natürlich als Bundesstraße nicht bemautet. Wir haben aber eine dramatische Zunahme der Belastung mit LKW."
Während die LKW mautfrei über die verstopfte B-31am Bodenseeufer rumpeln, müssen die Speditionen für LKW-Fahrten rund 160 Kilometer weiter nördlich, auf der Autobahn A 8 zwischen Ulm und Stuttgart, seit Anfang 2005 , die fällige LKW-Maut bezahlen. Folge: Viele Brummis weichen auf die zwar verstopfte, aber mautfreie Bundesstraße 31 am Bodenseeufer aus.
Und dabei lässt sich einiges sparen, rechnet Heinrich Grieshaber vor. Er ist selbst Chef einer großen Spedition und steht als Präsident an der Spitze der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben:
"Gut, das geht nach Abgasnormen. Aber man kann im Mittel so von 17 Cent pro Kilometer ausgehen. Seit Öffnung des Ostmarktes und seitdem die ganzen Ostländer wie Polen und Tschechien in Deutschland transportieren dürfen, auch innerhalb Deutschlands, also die sogenannte Caportage aufgehoben ist, leider wir wirklich sehr darunter. Also das ist wirklich ein Centgeschäft geworden."
Die Auswirkungen bekommen die Bewohner von Hagnau Tag für Tag zu spüren: Lärm, Abgase, Stau – und das auch noch, weiß Bürgermeister Simon Blümcke, mit zunehmender Tendenz.
"Es wird steigen. Der Schwerlastverkehr wird sich sogar verdoppeln."
Doch wie dem Problem beikommen? Für den baden-württembergischen Wirtschaftsminister Nils Schmid, SPD, gibt es nur eine Lösung:
"Der einzige Weg erscheint mir, dass man auch Bundesstraßen mautpflichtig macht, damit dieser Ausweichverkehr gestoppt werden kann. Bisher ist das nur an ausgewählten Strecken geschehen. Ich bin der Meinung, man müsste das ausdehnen. Denn ob die LKW die Autobahn benutzen oder Bundesstraßen – beides belastet die Straßen sehr stark."
Das wäre in etwa das Schweizer Modell einer LKW-Maut: Dort müssen Speditionen für jeden Kilometer bezahlen, den ihre Fahrzeuge zurücklegen – völlig unabhängig davon, ob dies auf Autobahnen oder Landstraßen geschieht. In Deutschland können nach derzeitiger Rechtsklage Bundesstraßen aber nur in Ausnahmefällen bemautet werden – und dann auch nur, wenn sie autobahnähnlich vierspurig ausgebaut sind. Weil mit der LKW-Maut auf Bundesstraßen weitere Kosten für die Speditionen verbunden wären, lehnt das Transportgewerbe diese Lösung ohnehin ab. Dort setzt man vielmehr auf neue Einnahmequellen, die gezielt dem Ausbau jener Straßennetze zugutekommen sollen, die bislang für die 'Mautflüchtlinge' ein Nadelöhr darstellen: Spediteur Heinrich Griesshaber könnte sich eine Finanzierung über die Einführung einer PKW-Maut vorstellen:
"Ich also Unternehmer bin dringend dafür, eine Art Vignettenlösung. Wir brauchen gar nicht diskutieren: Das haben andere vorgemacht, Österreich und Schweiz. Das könnte man kostengünstig einführen."
Knapp fünf Milliarden Euro kämen damit pro Jahr zusammen. Durch den Ausbau der Straßennetze würden sich die Mautflüchtlinge zumindest besser verteilen und nicht so stark einzelne Ortschaften wie Hagnau am Bodensee belasten, glaubt Grieshaber. Doch Umweltschutzorganisationen kritisieren seit Jahren an diesem Konzept, dass durch ein Mehr an Straßen zusätzlicher Verkehr angezogen werde – und plädieren für eine zunehmende Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bahn. Die Schweiz geht dort mit gutem Vorbild voran: 40 Prozent des Güterverkehrs wird über die Schiene abgewickelt; innerhalb der EU sind es dagegen nur 18 Prozent. Spediteure wie Heinrich Griesshaber aus dem oberschwäbischen Weingarten halten dieses Modell aber nicht so ohne Weiteres auf Deutschland übertragbar:
"Die Schweiz funktioniert ganz anders. Die Schweiz ist ein kleines Land. Die Topografie der Alpen ist heimtückisch. Da ist die Eisenbahn eine ganz gute Lösung. Deshalb: Die Schweiz hat das vorbildlich gemacht. Aber es ist nur machbar, weil es ein kleines Land ist, nicht einmal so groß wie Baden-Württemberg. Entsprechend gestaltet sich der ganze Verkehr. Er ist weniger als bei uns."
Andere Stimmen wiederum sagen, dass durchaus auch im Großen funktionieren kann, was im Kleinen schon seit Jahren gängige Praxis ist: Schiene statt Brummis. Nur: Die Deutsche Bahn AG hat deutschlandweit ihre Containerbahnhöfe eher ab- statt ausgebaut. Und so wird nicht nur der kleinen Bodenseegemeinde Hagnau das Problem mit den Mautflüchtlingen und dem Schwerlastverkehr auch in den kommenden Jahren erhalten bleiben.
"Wir hier in Hagnau haben die Besonderheit, dass sich durch unsere Ortsdurchfahrt weit über 20.000 Fahrzeuge pro Tag pressen, zum Teil 30.000 an Spitzentagen am Sommer an Messetagen. Und leider auch ein erheblicher Anteil an Schwerlastverkehr, zurzeit zwischen zwölf und 15 Prozent."
Simon Blümcke ist Bürgermeister von Hagnau- und kann gegen den ständig zunehmenden Verkehr kaum etwas ausrichten. Rings um das Dörfchen ragen Weinberge am Bodenseeufer empor; der Bau einer Umgehungsstraße ist daher so gut wie unmöglich. Und so quälen sich denn auch immer mehr LKW auf der Bundesstraße 31 durch das kleine Weinbaudörfchen.
"Die B-31 wird natürlich als Bundesstraße nicht bemautet. Wir haben aber eine dramatische Zunahme der Belastung mit LKW."
Während die LKW mautfrei über die verstopfte B-31am Bodenseeufer rumpeln, müssen die Speditionen für LKW-Fahrten rund 160 Kilometer weiter nördlich, auf der Autobahn A 8 zwischen Ulm und Stuttgart, seit Anfang 2005 , die fällige LKW-Maut bezahlen. Folge: Viele Brummis weichen auf die zwar verstopfte, aber mautfreie Bundesstraße 31 am Bodenseeufer aus.
Und dabei lässt sich einiges sparen, rechnet Heinrich Grieshaber vor. Er ist selbst Chef einer großen Spedition und steht als Präsident an der Spitze der Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben:
"Gut, das geht nach Abgasnormen. Aber man kann im Mittel so von 17 Cent pro Kilometer ausgehen. Seit Öffnung des Ostmarktes und seitdem die ganzen Ostländer wie Polen und Tschechien in Deutschland transportieren dürfen, auch innerhalb Deutschlands, also die sogenannte Caportage aufgehoben ist, leider wir wirklich sehr darunter. Also das ist wirklich ein Centgeschäft geworden."
Die Auswirkungen bekommen die Bewohner von Hagnau Tag für Tag zu spüren: Lärm, Abgase, Stau – und das auch noch, weiß Bürgermeister Simon Blümcke, mit zunehmender Tendenz.
"Es wird steigen. Der Schwerlastverkehr wird sich sogar verdoppeln."
Doch wie dem Problem beikommen? Für den baden-württembergischen Wirtschaftsminister Nils Schmid, SPD, gibt es nur eine Lösung:
"Der einzige Weg erscheint mir, dass man auch Bundesstraßen mautpflichtig macht, damit dieser Ausweichverkehr gestoppt werden kann. Bisher ist das nur an ausgewählten Strecken geschehen. Ich bin der Meinung, man müsste das ausdehnen. Denn ob die LKW die Autobahn benutzen oder Bundesstraßen – beides belastet die Straßen sehr stark."
Das wäre in etwa das Schweizer Modell einer LKW-Maut: Dort müssen Speditionen für jeden Kilometer bezahlen, den ihre Fahrzeuge zurücklegen – völlig unabhängig davon, ob dies auf Autobahnen oder Landstraßen geschieht. In Deutschland können nach derzeitiger Rechtsklage Bundesstraßen aber nur in Ausnahmefällen bemautet werden – und dann auch nur, wenn sie autobahnähnlich vierspurig ausgebaut sind. Weil mit der LKW-Maut auf Bundesstraßen weitere Kosten für die Speditionen verbunden wären, lehnt das Transportgewerbe diese Lösung ohnehin ab. Dort setzt man vielmehr auf neue Einnahmequellen, die gezielt dem Ausbau jener Straßennetze zugutekommen sollen, die bislang für die 'Mautflüchtlinge' ein Nadelöhr darstellen: Spediteur Heinrich Griesshaber könnte sich eine Finanzierung über die Einführung einer PKW-Maut vorstellen:
"Ich also Unternehmer bin dringend dafür, eine Art Vignettenlösung. Wir brauchen gar nicht diskutieren: Das haben andere vorgemacht, Österreich und Schweiz. Das könnte man kostengünstig einführen."
Knapp fünf Milliarden Euro kämen damit pro Jahr zusammen. Durch den Ausbau der Straßennetze würden sich die Mautflüchtlinge zumindest besser verteilen und nicht so stark einzelne Ortschaften wie Hagnau am Bodensee belasten, glaubt Grieshaber. Doch Umweltschutzorganisationen kritisieren seit Jahren an diesem Konzept, dass durch ein Mehr an Straßen zusätzlicher Verkehr angezogen werde – und plädieren für eine zunehmende Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bahn. Die Schweiz geht dort mit gutem Vorbild voran: 40 Prozent des Güterverkehrs wird über die Schiene abgewickelt; innerhalb der EU sind es dagegen nur 18 Prozent. Spediteure wie Heinrich Griesshaber aus dem oberschwäbischen Weingarten halten dieses Modell aber nicht so ohne Weiteres auf Deutschland übertragbar:
"Die Schweiz funktioniert ganz anders. Die Schweiz ist ein kleines Land. Die Topografie der Alpen ist heimtückisch. Da ist die Eisenbahn eine ganz gute Lösung. Deshalb: Die Schweiz hat das vorbildlich gemacht. Aber es ist nur machbar, weil es ein kleines Land ist, nicht einmal so groß wie Baden-Württemberg. Entsprechend gestaltet sich der ganze Verkehr. Er ist weniger als bei uns."
Andere Stimmen wiederum sagen, dass durchaus auch im Großen funktionieren kann, was im Kleinen schon seit Jahren gängige Praxis ist: Schiene statt Brummis. Nur: Die Deutsche Bahn AG hat deutschlandweit ihre Containerbahnhöfe eher ab- statt ausgebaut. Und so wird nicht nur der kleinen Bodenseegemeinde Hagnau das Problem mit den Mautflüchtlingen und dem Schwerlastverkehr auch in den kommenden Jahren erhalten bleiben.