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Lupinen
Pflanzen mit Giftfracht

Lupinen können von einem Pilz befallen werden, der ein Gift bildet. Seit einiger Zeit werden die eiweißreichen Samen dieser Pflanze nicht nur als Tierfuttermittel eingesetzt, sondern auch zu Lebensmitteln verarbeitet. Forscher aus Hamburg haben den Pilz nun untersucht und wollen die Toxinbelastung aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes im Auge behalten.

Von Arndt Reuning | 03.08.2016
    Die blaue Lupine
    Lupinen sind anfällig für das Pilzgift Phomopsin. Sie werden für Tierfutter eingesetzt, zunehmend aber auch als Lebensmittel für Menschen. (picture alliance / dpa / Hinrich Bäsemann)
    Die ersten Fälle wurden in Deutschland beschrieben, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Schafe ließen plötzlich ihr Futter links liegen und standen teilnahmslos in einer Ecke ihres Stalls. Sie hatten Probleme mit der Verdauung und beim Atmen. Und die Bindehaut ihrer Augen verfärbte sich gelblich. In den Tagen zuvor waren sie mit Lupinen gefüttert worden und hatten dabei einen Stoff aufgenommen, der die Leber angreift.
    "Die Symptome entsprechen ungefähr dem, was man sich so unter Gelbsucht vorstellt. Und das sind halt, da zum Teil sehr hohe Konzentrationen im Futtermittel vorliegen, auch sehr ernste Symptome bis hin zu wirklich diversen Todesfällen, die auf eben dieses Toxin zurückzuführen waren. Also im Wesentlichen sind es Leberschädigungen, die dort akut vorliegen."
    Toxischer Naturstoff auf Lupinen
    Bei diesem toxischen Naturstoff, von dem Ronald Maul spricht, handelt es sich um ein Pilzgift. An der Universität Hamburg hat der Lebensmittelchemiker diese Substanz näher unter die Lupe genommen:
    "Und zwar hört diese Verbindung auf den Namen Phomopsin, gebildet von einem Pilz Diaporthe Toxica, der dafür bekannt ist, dass er auf Lupinen wächst, Lupinen befällt und dort auch zur Toxinbildung befähigt ist. Das ist bekannt überwiegend aus Australien. Und es gibt eben dort, in Australien und Neuseeland, auch Höchstmengen, Grenzwerte für eben dieses Toxin in Lebensmitteln."
    Phomopsin möglicherweise auch für Menschen gefährlich
    In Europa existiert solch ein Grenzwert noch nicht. Aber die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat schon vor vier Jahren darauf hingewiesen, dass das Toxin möglicherweise nicht nur für Schafe zur Gefahr werden könnte. Denn die eiweißreichen Samen der Süßlupine werden seit einiger Zeit zunehmend zu Lebensmitteln verarbeitet, etwa zu Fleischersatz. Und so könnte das stabile Phomopsin, das durch Kochen nicht zerstört wird, in die menschliche Nahrung gelangen. Die größere Gefahr dürfte jedoch trotzdem weiterhin für die Tierhaltung bestehen, erklärt Ronald Maul:
    "Im Futtermittel hat man ein bisschen anders als auch bei Lebensmitteln das Problem, dass die eben auch keiner so großen Kontrolle und auch nicht immer der ganz großen Sorgfalt unterliegen. Und von dem Pilz weiß man, dass er sowohl lebende als auch vor allem langsam verderbende Pflanzen kontaminiert und dort ideale Bedingungen zur Toxinbildung vorfindet. Das heißt also bei unsachgemäßer Lagerung, feucht-warmes Klima, Lupinenstroh, was ein bisschen zu lange liegen bleibt, da bilden sich dann wirklich beachtliche Konzentrationen, wie wir auch in eigenen Versuchen zeigen konnten, die man in klassischer Weise im Lebensmittel jetzt so nicht zwingend erwarten würde."
    Toxin kann auch bei Bohnen oder Erbsen auftreten
    Ronald Maul und seine Kollegen haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie die Menge des Giftstoffes bestimmen können - mithilfe eines Massenspektrometers, also einer Art Molekülwaage. Damit möchten die Forscher nun herausfinden, wie weit sich Diaporthe Toxica auch in Europa ausgebreitet hat und ob Lupinen mit dem Toxin belastet sind. Die Datenlage dazu ist bisher äußerst lückenhaft. Was die Wissenschaftler aus Hamburg jedoch jetzt schon sagen können: Unter ungünstigen Umständen kann der Pilz auch andere Hülsenfrüchte befallen, wie etwa Bohnen oder Erbsen.
    "Zu den Fällen des Toxinauftretens wird es vermutlich kommen, da ist von auszugehen. In sehr ungünstigen Fällen kann das Toxin auftauchen, und ja es ist ein relevantes Toxin. Aber es ist nicht davon auszugehen, dass es im großen Stil auftreten wird. Und es ist meiner Meinung nach auch keine Notwendigkeit zum jetzigen Zeitpunkt, da eine Warnung oder Ähnliches auszusprechen. Und ich denke, dass wir auch nichts aufbauschen müssen, was noch nicht gegeben ist."
    Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes, argumentiert der Hamburger Lebensmittelchemiker, sollte Phomopsin jedoch weiterhin gut im Auge behalten werden.