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Lust an chymischen Sachen

''Chemie ist, wenn es stinkt und kracht!'' - diese Weisheit aus Pennälertagen verschweigt, dass die Chemie auch wegen ihrer Formeln, Begriffe und Abkürzungen gefürchtet ist. Richtig gekracht hat es aber am Dienstag an der Universität Hohenheim. Das Institut für Didaktik der Naturwissenschaften und Informatik der in Stuttgart lud in den Schlosskeller der Hochschule zu einer Vorlesung ''Lust an chymischen Sachen'', in der es um die Alchemie vor 400 Jahren und heutige Erklärungen ging.

    Ich brauche jetzt den Hammer.

    Mit schwerem Gerät demonstriert Professor Georg Schwedt im Gewölbekeller des Hohenheimer Schlosses in Stuttgart, welche Wirkung Phosphor und Kaliumchlorat entfalten können.

    Der Vorgang ist deswegen so interessant, weil er so in jedem Streichholz abläuft.

    Allerdings durch Hilfsstoffe gezügelt, sodass es nicht so knallt, wie bei Schwedts Experiment im Vorlesungssaal. - Gastgeber Professor Peter Menzel vom Institut für Didaktik in den Naturwissenschaften der Universität Hohenheim will mit dieser unterhaltsamen Vorlesung für die Chemie und deren Vermittlung werben:

    Unser besonderes Anliegen ist es, die Chemie, die ja leider allgemein nicht so sonderlich beliebt ist, mit solchen Veranstaltungen wieder mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken, für Lehrer, für Schüler und für Hochschulangehörige.

    Die Alchemie, wie sie etwa Herzog Friedrich von Württemberg mit 66 Mitarbeitern in seinem Labor im Stuttgarter Lusthaus betrieb, war der Vorläufer der modernen Chemie.

    Unser Schlosskeller ist sicher das richtige Ambiente. Stuttgart war ein richtiges Zentrum der Alchemie. Hier im Schloss, könnte man meinen, gab es so etwas vielleicht auch einmal. Deshalb haben wir die Chance genutzt, in diesem Ambiente "alte Chemie" mit neuen Gewändern zu präsentieren.

    Vor 400 Jahren ging es am Fürstenhof natürlich darum, künstlich Gold zu erzeugen, um die Ausgaben des Hofes bezahlen zu können. Entstanden ist die Chemie aber eher in Handwerksbetrieben, die aus Eisensalz, Wasser und Gallapfelextrakt Tinte schufen, oder mit Kobaltsalzen und Wasserglas einen blauen Firnis erzeugten, wie Professor Schwedt zeigte.

    Die Chemie kann man von Phänomen ausgehend lernen. Das Phänomen sollte mit Alltagsdingen zu tun haben, die einen selbst interessieren. Wenn man Erscheinungen, die ja mit chemischen Reaktionen verbunden sind, interessant findet und selbst durchführt, dann bekommt man auch ein Interesse und einen Zugang zur Chemie als Wissenschaft.

    Deshalb betreibt er an der Universität Clausthal am Institut für Anorganische und Analytische Chemie das SuperLab. Dort experimentieren Schüler mit Material vom Supermarkt.

    Supermarktprodukte heute haben den Vorteil, dass sie gekennzeichnet sind, dass wir wissen, welche Hauptstoffe, Zusatzstoffe, Inhaltsstoffe darin enthalten sind. Das heißt, wir können die Chemie dieser Stoffe mit den Produkten vermitteln und ihre Funktion in den Produkten zeigen. Damit können wir auch ein ganz anderes Interesse für Stoffe wie Dithionit wecken. Das ist der Sinn dieser Experimente und so sollte man mit der Chemie anfangen. Der erste Schritt ist das Sich-Beschäftigen mit dem Phänomen, mit dem eigenen Experiment.

    Das soll dann auch Spaß machen, fordert Professor Menzel:

    Der Spaß bei der Chemie sollte nie verloren gehen. Die Formeln kommen dann erst im Hintergrund. Das ist auch der Grund, weshalb wir sagen: Es muss früh anfangen, eigentlich sollte es schon in der Grundschule erste Kontakte mit Naturwissenschaften geben, die Spaß machen.

    Spaß machte es, als Professor Schwedt einen kupfernen Cent zunächst in Silber und dann in Gold umwandelte, indem er ihn erst verzinkte und dann zu Messing legierte. Das gefiel den zahlreichen Besuchern, die sogar eine zweite Vorlesung nötig machten.

    Autor: Carl-Josef Kutzbach.