Regelmäßig verlangt man von ihm Bußübungen, die ihm den kalten Schweiß auf die Stirne treiben. "Horror vacui", die Angst vor dem weißen Blatt Papier, lähmt des Biologen und des Physikers, des Germanisten und des Betriebswirtschaftlers Hand. Bevor Geist sich in Sprache materialisiert, scheint ein Prozeß von erheblicher Willensanstrengung notwendig, von Bündelung der Kräfte, Bekämpfung der Mutlosigkeit und Überwindung der resignativen Haltung. Den Wortkünstlern aus der Belletristik ist dieser Zustand wohl vertraut, aber sie werden mit Vergnügen hören was Wolf-Dieter Narr und Joachim Stary in dem Band "Lust und Last des wissenschaftlichen Schreibens" zusammengetragen haben. So feindlich sich die beiden Brüder in der Öffentlichkeit gegenüberstehen, im stillen Kämmerlein kämpfen sie exakt mit denselben Problemen. "Publish oder perish", publizieren oder untergehen, heißt es in den Wissenschaften; publizieren oder aus den Regalen verschwinden in der Belletristik.
Man müßte es also ständig tun; doch tut man es mit Lust? Der Titel der Aufsatzsammlung kommt als Provokation daher. Gut die Hälfte der zweiundzwanzig Hochschullehrer bekennt freimütig, daß sie nur höchst widerwillig zur Feder greift. Der Grund ist schnell benannt und wird auch von den Schreibenthusiasten als Hemmnis angeführt: die unsinnliche, überabstrakte, syntaktisch ins Groteske wuchernde Sprache der "Scientific Community". Schon ertappt! Stattdessen könnte man nämlich "wissenschaftliche Gemeinde" sagen, aber "Scientific Community"klingt halt besser und impliziert den künftigen Nobelpreis.
Den Jargon der Sozialwissenschaften karikiert der Anglist Hans-Dieter Gelfert mit nachgemachten Morgenstern-Gedichten: ein Ausweis der heimlichen Sehnsucht nach literarischen Formen, wie sie erstaunlich häufig bei den versammelten Universitätsprofessoren zu finden ist. Zugleich aber legt er damit die Doppelbödigkeit dieses eigentlich als praktische Hilfe gedachten Buches offen: Käme einer seiner Studenten mit einer gereimten Magisterarbeit daher, müßte er ihn schon aus formalen Gründen abweisen. Ähnlich verhält es sich mit dem euphorischen Begehren des Wirtschaftwissenschaftlers Michael Stitzel, der sich "eine Verbindung zwischen Wissenschaft, Essay, Journalismus und Belletristik" wünscht, um eine "ganzheitliche, das Leben umfassende Form des Schreibens" zu erhalten. Schön, aber das kann nur einer postulieren, der die Ochsentour bereits hinter sich gebracht hat und weitgehend ungefährdet auf seinem Lehrstuhl sitzt.
"Wie intolerant sich der akademische Betrieb gegen stilistische Abweichler verhält, könnte der im Band nicht vertretene Hans Peter Duerr berichten, und der Vorschlag der Erziehungswissenschaftlerin Gudrun Schiek, möglichst früh generationsnahe Seilschaften zu bilden, ist von tiefer Lebenskenntnis geprägt. Allein: Seilschaften sind ein Instrument der Machtpolitik, keines der Erkenntnis. Doch um die frommsten Wünsche der Hochschullehrer: besserer Stil, mehr Phantasie, vielleicht sogar ein Quentchen Ironie ins Reich der Utopie zu verweisen, braucht es wenig Prophetie. Wie überall werden die Maßstäbe von die Mehrheit festgelegt, und die Mehrheit ist mittelmäßig. Vielleicht sollte sich derjenige, der wissenschaftlich originell schreiben will (ein Schopenhauer unserer Tage etwa), von der Universität fernhalten. Er braucht bloß, wie Schopenhauer, ein pralles Wertpapierdepot, den Lebensunterhalt und einen sehr langen Atem. Studierende mit praktischerem Berufswunsch befolgen besser die vorgegebenen Formalien.
Man müßte es also ständig tun; doch tut man es mit Lust? Der Titel der Aufsatzsammlung kommt als Provokation daher. Gut die Hälfte der zweiundzwanzig Hochschullehrer bekennt freimütig, daß sie nur höchst widerwillig zur Feder greift. Der Grund ist schnell benannt und wird auch von den Schreibenthusiasten als Hemmnis angeführt: die unsinnliche, überabstrakte, syntaktisch ins Groteske wuchernde Sprache der "Scientific Community". Schon ertappt! Stattdessen könnte man nämlich "wissenschaftliche Gemeinde" sagen, aber "Scientific Community"klingt halt besser und impliziert den künftigen Nobelpreis.
Den Jargon der Sozialwissenschaften karikiert der Anglist Hans-Dieter Gelfert mit nachgemachten Morgenstern-Gedichten: ein Ausweis der heimlichen Sehnsucht nach literarischen Formen, wie sie erstaunlich häufig bei den versammelten Universitätsprofessoren zu finden ist. Zugleich aber legt er damit die Doppelbödigkeit dieses eigentlich als praktische Hilfe gedachten Buches offen: Käme einer seiner Studenten mit einer gereimten Magisterarbeit daher, müßte er ihn schon aus formalen Gründen abweisen. Ähnlich verhält es sich mit dem euphorischen Begehren des Wirtschaftwissenschaftlers Michael Stitzel, der sich "eine Verbindung zwischen Wissenschaft, Essay, Journalismus und Belletristik" wünscht, um eine "ganzheitliche, das Leben umfassende Form des Schreibens" zu erhalten. Schön, aber das kann nur einer postulieren, der die Ochsentour bereits hinter sich gebracht hat und weitgehend ungefährdet auf seinem Lehrstuhl sitzt.
"Wie intolerant sich der akademische Betrieb gegen stilistische Abweichler verhält, könnte der im Band nicht vertretene Hans Peter Duerr berichten, und der Vorschlag der Erziehungswissenschaftlerin Gudrun Schiek, möglichst früh generationsnahe Seilschaften zu bilden, ist von tiefer Lebenskenntnis geprägt. Allein: Seilschaften sind ein Instrument der Machtpolitik, keines der Erkenntnis. Doch um die frommsten Wünsche der Hochschullehrer: besserer Stil, mehr Phantasie, vielleicht sogar ein Quentchen Ironie ins Reich der Utopie zu verweisen, braucht es wenig Prophetie. Wie überall werden die Maßstäbe von die Mehrheit festgelegt, und die Mehrheit ist mittelmäßig. Vielleicht sollte sich derjenige, der wissenschaftlich originell schreiben will (ein Schopenhauer unserer Tage etwa), von der Universität fernhalten. Er braucht bloß, wie Schopenhauer, ein pralles Wertpapierdepot, den Lebensunterhalt und einen sehr langen Atem. Studierende mit praktischerem Berufswunsch befolgen besser die vorgegebenen Formalien.