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Luxuslicht für die Forschung

Physik. - Seit kurzem steht eine besondere Art Licht auf der Wunschliste vieler Forscher ganz oben: das langwellige Terahertzlicht. Nur wenige Einrichtungen können hochwertiges Licht in diesem Wellenlängenbereich produzieren. Die hellste Terahertzlampe der Welt steht mit dem Teilchenbeschleuniger Bessy in Berlin. Exklusiv wird dort für eine Woche im Jahr das begehrte Licht hergestellt.

    Das Berliner Elektronensynchrotron Bessy besteht aus einem Ring mit 240 Meter Umfang. In dem luftleer gepumpten Rohr jagen einzelne Pakete mit Milliarden von Elektronen fast mit Lichtgeschwindigkeit im Kreis. Von einer dicken Betonhülle geschützt senden die kreisenden Elektronen so genannte Synchrotronstrahlung aus. Für den Menschen kann sie gefährlich werden, darum wird das Licht nur an bestimmten Stellen aus dem Ring abgezweigt und zu Experimentierplätzen geleitet.

    Eine Woche im Jahr wird der Bessy-Ring in einen Spezialmodus umgeschaltet und produziert dann Terahertzstrahlung, deren besonders große Wellenlänge zwischen der von Infrarotlicht und Mikrowellenstrahlung liegt. Das Licht aus Berlin ist unter Forschern heiß begehrt: Kein anderer Teilchenbeschleuniger kann so helles Teralicht produzieren wie Bessy. Godehard Wüstefeld, Chef im Kontrollraum von Bessy, erklärt: "Die Elektronenpakete im Speicherring haben eine Länge von ungefähr fünf Millimetern im normalen Betrieb. Das Paket selber ist eine Wolke von Elektronen, zehn Milliarden Elektronen etwa. Durch das Verstellen der Maschine können wir die Länge dieser Elektronenpakete verstellen."

    Nur einen Millimeter kurz werden dann die Teilchenpakete. Für die Terahertzwellen sieht das so aus, als würden sie von Elektronen ausgestrahlt, die extrem dicht beieinander liegen. Damit können sich die Wellenberge des Lichts überlagern und enorm verstärken. Das Ergebnis sind Terahertzstrahlen so brillant wie aus einem gigantischen Laser.

    Nina Kaun von der TU Wien will dieses Licht für ihre Experiments nutzen. Die Wiener Chemikerin ist die erste, die etwas Flüssiges in den Terahertzstrahl hält: Wasser. Sie will begreifen, wie sich die H2O-Moleküle darin anordnen: "Mit Terahertzlicht können wir Moleküle nicht nur in sich zum Schwingen bringen, sondern Moleküle, die miteinander wechselwirken, zum Schwingen zu bringen. Wir erhalten so Informationen von der Struktur des Wassers."

    Nina Kaun untersucht verschiedene Lösungen von Salzen und Zucker im Wasser. Aus den Änderungen des durchscheinenden Terahertzstrahls schließt sie, ob sich die Wassermoleküle um Salz oder Zucker anordnen oder ob die kleinen Teilchen die Wasserordnung zerstören.

    Noch ist das Grundlagenforschung: Mangels geeigneter Methoden ist die molekulare Struktur von Wasserlösungen weitgehend unerforscht. Mit der Terahertzstrahlung hofft man, besser zu verstehen, wie gelöste Stoffe Wasser verändern. Das interessiert Biologen und Medizinern, denn auch der Mensch besteht zum größten Teil aus Wasser. Nina Kaun hofft beispielsweise: "Dass man vielleicht so etwas wie die Homöopathie auch mal verstehen kann."

    [Quelle: Björn Schwentker]