Spektakuläre Inszenierungen, die Brecht ganz neu sehen oder beleben, hat das Berliner Ensemble unter den 16 Gastspielen bei seinem Brechtfest eher nicht aufzubieten. Immerhin kamen aus Frankreich zwei Aufführungen, die das Berliner Ensemble zunächst beide als Uraufführungen ankündigte. Für Brechts "Hans im Glück", mit dem das Théâtre des Treize Vents aus Montpellier nach Berlin kam, musste man sich korrigieren: Die Uraufführung hatte - damals anlässlich Brechts 100. Geburtstag - das Hamburger Thalia Theater bereits1998 durchgeführt. Seitdem hat man von Brechts frühem Fragment nichts mehr gehört.
Das hat Gründe, denn es entstand im Herbst 1919, als Brecht die erste Fassung der "Trommeln in der Nacht" fertig stellte, seinen "Baal" überarbeitete und den Stoff der kleinen Oper "Prärie" entwickelte. All das hört man dem "Hans im Glück" an, der durchaus Materialwert besitzt, aber von Brecht selbst in seinem Tagebuch 1920 bezeichnet wurde als "misslungen, ein Ei, das halb stinkt".
Das Theater aus Montpellier aber zauberte aus Brechts angeblich stinkendem Ei einen poetisch beschwingten Theaterabend. Eine kleine Kapelle agiert zu ihrer schrägen Musik mit den Schauspielern auf der leeren Bühne in einer Inszenierung von Jean-Claude Fall, der die Lieder und die lyrischen Passagen des Stückes besonders ausstellt. Hans will in der kapitalistischen Tauschgesellschaft nicht vor allem Geld verdienen, sondern glücklich werden. So erleben wir die moritatenhafte Chronik eines Leichterwerdens, bei dem Hans zum Schluss sein nacktes Leben hin gibt. Seine Frau, verführt von einem Reisenden, verlässt ihn und überlässt ihm den Hof. Den tauscht Hans gegen zwei Reisekarren, die für ihn Freiheit bedeuten. Einen Karren gibt er einem Mann aus Freundschaft, den anderen tauscht er gegen ein Karussell, das ihm Freude bedeutet.
Wie die Hamburger Uraufführung bietet auch diese Inszenierung ein Jahrmarktsspiel. Doch während man in Hamburg den Hans zum clownesken Woyzeck machte, also tiefsinnige Komik versuchte, kommt der Hans aus Montpellier mit naivem Staunen und großem Glücksverlangen als eine unbedingt sinnliche Figur daher. Auch wenn die Geschichte sich etwas hinzieht, die Spielfreude des Ensembles nimmt das Publikum sichtlich ein. Geboten wird Lyrik statt Dramatik. Ein schöner Abend mit mehr Informations- denn Unterhaltungswert. "Hans im Glück" wird kaum öfter seinen Weg auf die Bühne finden.
Das steht von Jorge Semprúns "Gurs – Une Tragédie Européenne" ebenfalls zu befürchten, denn Semprun schrieb ein Informations- und Diskussionsstück der allzu vielen abstrakten und existentiellen Bedeutungen. Vorgetragen als Frage- und Antwortspiel bei der Diskussion zwischen zwei republikanischen Soldaten, einer jüdischen Geigerin und zwei deutschen Kommunisten der Brigade Thälmann, werden viele Fakten aus der kommunistischen Politik der Zeit präsentiert. Bei der Vorbereitung zu einem Konzert, die durch Ernst Busch, einen der beiden deutschen Kommunisten, zur Probe von Brechts "Die Maßnahme" wird, diskutiert man über Politik und Wahrheit. Es geht um das Individuum und die Partei und um eine wohlfeile Dialektik, mit der die Partei alle Wendungen kommunistischer Politik ins Recht zu setzen versteht.
Autor Semprun mischt sich in einer Filmeinspielung ein, und die historische Theaterprobe wird zur heutigen mit der Frage, ob man besser etwas spielen sollte über Brecht und Busch im Jahr 1956, als diese nach den Enthüllungen über Stalin auf dem XX. Parteitag der KPDSU den "Galileo Galilei" probten. Allerdings findet das Theater aus Nizza mit seinem hölzernen Einfühlungs- und Bedeutungsspiel der schauspielerisch schlichtesten Art keine Form, mit der sich Sempruns Diskussionsstück versinnlichen ließe. Außerdem tippt Semprun allzu viele Probleme nur an - so macht er sich mit Franz Fanon auch noch Gedanken über die Menschen in den Pariser Vorstädten. Spannend war dennoch, wie direkt hier ein französisches Theater politische Fragen zu stellen versuchte, die nach der Wende auf deutschen Bühnen obsolet geworden zu sein scheinen.
Das hat Gründe, denn es entstand im Herbst 1919, als Brecht die erste Fassung der "Trommeln in der Nacht" fertig stellte, seinen "Baal" überarbeitete und den Stoff der kleinen Oper "Prärie" entwickelte. All das hört man dem "Hans im Glück" an, der durchaus Materialwert besitzt, aber von Brecht selbst in seinem Tagebuch 1920 bezeichnet wurde als "misslungen, ein Ei, das halb stinkt".
Das Theater aus Montpellier aber zauberte aus Brechts angeblich stinkendem Ei einen poetisch beschwingten Theaterabend. Eine kleine Kapelle agiert zu ihrer schrägen Musik mit den Schauspielern auf der leeren Bühne in einer Inszenierung von Jean-Claude Fall, der die Lieder und die lyrischen Passagen des Stückes besonders ausstellt. Hans will in der kapitalistischen Tauschgesellschaft nicht vor allem Geld verdienen, sondern glücklich werden. So erleben wir die moritatenhafte Chronik eines Leichterwerdens, bei dem Hans zum Schluss sein nacktes Leben hin gibt. Seine Frau, verführt von einem Reisenden, verlässt ihn und überlässt ihm den Hof. Den tauscht Hans gegen zwei Reisekarren, die für ihn Freiheit bedeuten. Einen Karren gibt er einem Mann aus Freundschaft, den anderen tauscht er gegen ein Karussell, das ihm Freude bedeutet.
Wie die Hamburger Uraufführung bietet auch diese Inszenierung ein Jahrmarktsspiel. Doch während man in Hamburg den Hans zum clownesken Woyzeck machte, also tiefsinnige Komik versuchte, kommt der Hans aus Montpellier mit naivem Staunen und großem Glücksverlangen als eine unbedingt sinnliche Figur daher. Auch wenn die Geschichte sich etwas hinzieht, die Spielfreude des Ensembles nimmt das Publikum sichtlich ein. Geboten wird Lyrik statt Dramatik. Ein schöner Abend mit mehr Informations- denn Unterhaltungswert. "Hans im Glück" wird kaum öfter seinen Weg auf die Bühne finden.
Das steht von Jorge Semprúns "Gurs – Une Tragédie Européenne" ebenfalls zu befürchten, denn Semprun schrieb ein Informations- und Diskussionsstück der allzu vielen abstrakten und existentiellen Bedeutungen. Vorgetragen als Frage- und Antwortspiel bei der Diskussion zwischen zwei republikanischen Soldaten, einer jüdischen Geigerin und zwei deutschen Kommunisten der Brigade Thälmann, werden viele Fakten aus der kommunistischen Politik der Zeit präsentiert. Bei der Vorbereitung zu einem Konzert, die durch Ernst Busch, einen der beiden deutschen Kommunisten, zur Probe von Brechts "Die Maßnahme" wird, diskutiert man über Politik und Wahrheit. Es geht um das Individuum und die Partei und um eine wohlfeile Dialektik, mit der die Partei alle Wendungen kommunistischer Politik ins Recht zu setzen versteht.
Autor Semprun mischt sich in einer Filmeinspielung ein, und die historische Theaterprobe wird zur heutigen mit der Frage, ob man besser etwas spielen sollte über Brecht und Busch im Jahr 1956, als diese nach den Enthüllungen über Stalin auf dem XX. Parteitag der KPDSU den "Galileo Galilei" probten. Allerdings findet das Theater aus Nizza mit seinem hölzernen Einfühlungs- und Bedeutungsspiel der schauspielerisch schlichtesten Art keine Form, mit der sich Sempruns Diskussionsstück versinnlichen ließe. Außerdem tippt Semprun allzu viele Probleme nur an - so macht er sich mit Franz Fanon auch noch Gedanken über die Menschen in den Pariser Vorstädten. Spannend war dennoch, wie direkt hier ein französisches Theater politische Fragen zu stellen versuchte, die nach der Wende auf deutschen Bühnen obsolet geworden zu sein scheinen.