Zu den überaus tragischen Dingen des Lebens gehört die einseitige Liebe. Wenn alles Schmachten und Schwärmen nicht fruchten, greift der verzweifelt Liebende zur Feder und dichtet. Das ist im wirklichen Leben nicht anders als im fußballerischen. Ohne auch nur die geringste Chance einer Erwiderung schwärmen die Dichter vom Fußball und seinen Helden. Sie schwärmen und schwärmen und schwärmen mit Dauerkarte ins Fußballstadion hinaus, doch die angebeteten Helden auf dem Rasen kicken und kicken und schweigen zu den Liebesbezeugungen der Dichter. In unserer Gegenwart hat die literarische Fußballschwärmerei geradezu hysterische Ausmaße angenommen. Kaum ein deutscher Schriftsteller, der nicht ein Lied vom Fußball singen kann. Für Michael Buselmeier ist klar:
"Ein gutes Fußballspiel ist wie ein gutes Gedicht."
Einer Ulrike Draesner wird vor lauter Fummelei ganz bang:
"der rasen wirkt als wachse er aus einem zarten roten gaumen, wer wird angst haben vor dem gras?"
Silke Scheuermann frohlockt dagegen:
"Ich schmeckte den Wahnsinn nicht ungern, sah überall einfache Bälle, himmlische, von allen Seiten geworfene Bälle, hossa."
Aber wehe dem, der parteiisch ist. Matthias Politycki:
"Schau ich auf die Tabelle, wird mir bang / um meine Jungs, fünftletzter Spieltag und noch immer / auf einem Abstiegesplatz."
Wolf Wondratschek schreibt sogar ein Gedicht für Georg Schwarzenbeck. Darauf muss man erst mal kommen. In die luftigen Höhen der Metaphysik schwingt sich naturgemäß Ulla Hahn:
"Es sehnt sich ewig der Ball ins Weite/und möchte vorwärts immer vorwärts streben.""
Ja, der Ball, er ist es, den der Dichter von heute so inbrünstig anbetet wie einst des holden Weibes bleichen Busen:
"Meiner hat eine Delle .Von Jugend an drücke und drücke ich; aber er will nur einerseits rund sein","
verzweifelt Günter Grass. Und auch Friedrich Christian Delius ist ein echter Fußball-Melancholiker:
""Oft gingst du hin, den Lederball zu treten / sogar in London, in den Regent’s Park, / selbst wenn du dich nicht steigerst zum Athleten / ein Ball auf grünem Rasen macht dich stark."
Der Erinnerung an selige Fußballzeiten, Zeiten in denen es noch wirkliche Lichtfiguren gab - "Turek, du bist ein Fußballgott" – das sind die Zeiten, die dem wahren Dichter noch formstrenge Sonette entlocken.
"Fritz Walters Absatzkick lässt Freund und Feind erbleichen / Ein Tor erzeugt Triumph, ein Faul bedeutet Schmach / Der große Heraklit in der Antike sprach: / Das Spiel ist ganz real, ist Leben ohnegleichen."
Und voller Wehmut dichtet Hans-Christoph Buch:
"Was waren das doch für Zeiten / als unsere Idole nicht Kevin hießen, Mehmed oder Miroslav, / sondern Fritz oder Franz, Uwe oder Pelé."
Die jüngere Generation hält es dagegen eher mit dem Sprachspiel:
"Wer wummerte das Ding da rein? Es war der P der Po der Pol, der Pold der Poldster."
Womit wir fast bei Lukas Podolski wären.
Fest steht: Der Fußball beschert der Literatur ein luftiges Motiv und weist dem Dichter einen Weg aus seiner Innerlichkeit. Endlich wird er von jedem verstanden. Ein neuer Markt tut sich auf. Kaum ein Verlag, der nicht sein Fußballbuch auf den Markt wirft. Anthologien segeln durch die Luft wie ein Geschwader mit Bällen aus Leder. Die Liebe der Poeten zum Ball ist freilich keine Erfindung unserer Gegenwart. Schon Joachim Ringelnatz rief den Verächtern der damals noch so genannten Fußlümmelei ironisch zu:
"Ich warne euch, ihr Brüder Jahns ,/ Vor dem Gebrauch des Fußballwahns."
Und auch von Franz Kafka, Fan von Hakoah Wien, weiß man, dass in ihm ein Herz für den Fußball schlug. Nach Jahren radikaler Abstinenz fußballerischer Motive in Lyrik und Prosa waren es die Vertreter der so genannten Neuen Frankfurter Schule, die den Ball als Motiv wieder entdeckten. Dichter wie F.W. Bernstein, Eckhard Henscheid und Robert Gernhardt. In den 60er und 70er Jahren war es schick, trivialen Lebensbereichen wie dem Fußball literarisch Beine zu machen. Fußball wurde Teil einer spielerisch veranlagten Dokumentarliteratur. Ror Wolfs Hörspiele gelten heute als Klassiker der Fußball-Literatur.
Bis heute gibt es immer wieder Nachahmer der O-Ton-Fußballcollage. Sehr zum Plaisier von Literaturliebhabern und Fußballfans. Sie verschmelzen zu einer Person, dank der rhetorischen Spontanleistungen dieses oder jenes Sportlers, Trainers oder Funktionärs.
"Grundsätzlich werde ich versuchen zu erkennen, ob die subjektiv geäußerten Meinungen subjektiv sind oder objektiv. Wenn sie subjektiv sind, dann werde ich bei an meiner objektiven Linie festhalten, wenn die objektiv sind, werde ich überlegen und vielleicht die objektiven subjektiv geäußerten Meinungen der Spieler mit in meine objektiven einfließen lassen."
Nach so viel Fußball-Philosophie des Ex-Nationaltrainers Erich Ribbeck überlassen wir einem echten Dichter das Schlusswort. Michael Lentz:
"Mehr lässt sich nun wirklich nicht sagen zum Fußball / ist alles gesagt."
"Ein gutes Fußballspiel ist wie ein gutes Gedicht."
Einer Ulrike Draesner wird vor lauter Fummelei ganz bang:
"der rasen wirkt als wachse er aus einem zarten roten gaumen, wer wird angst haben vor dem gras?"
Silke Scheuermann frohlockt dagegen:
"Ich schmeckte den Wahnsinn nicht ungern, sah überall einfache Bälle, himmlische, von allen Seiten geworfene Bälle, hossa."
Aber wehe dem, der parteiisch ist. Matthias Politycki:
"Schau ich auf die Tabelle, wird mir bang / um meine Jungs, fünftletzter Spieltag und noch immer / auf einem Abstiegesplatz."
Wolf Wondratschek schreibt sogar ein Gedicht für Georg Schwarzenbeck. Darauf muss man erst mal kommen. In die luftigen Höhen der Metaphysik schwingt sich naturgemäß Ulla Hahn:
"Es sehnt sich ewig der Ball ins Weite/und möchte vorwärts immer vorwärts streben.""
Ja, der Ball, er ist es, den der Dichter von heute so inbrünstig anbetet wie einst des holden Weibes bleichen Busen:
"Meiner hat eine Delle .Von Jugend an drücke und drücke ich; aber er will nur einerseits rund sein","
verzweifelt Günter Grass. Und auch Friedrich Christian Delius ist ein echter Fußball-Melancholiker:
""Oft gingst du hin, den Lederball zu treten / sogar in London, in den Regent’s Park, / selbst wenn du dich nicht steigerst zum Athleten / ein Ball auf grünem Rasen macht dich stark."
Der Erinnerung an selige Fußballzeiten, Zeiten in denen es noch wirkliche Lichtfiguren gab - "Turek, du bist ein Fußballgott" – das sind die Zeiten, die dem wahren Dichter noch formstrenge Sonette entlocken.
"Fritz Walters Absatzkick lässt Freund und Feind erbleichen / Ein Tor erzeugt Triumph, ein Faul bedeutet Schmach / Der große Heraklit in der Antike sprach: / Das Spiel ist ganz real, ist Leben ohnegleichen."
Und voller Wehmut dichtet Hans-Christoph Buch:
"Was waren das doch für Zeiten / als unsere Idole nicht Kevin hießen, Mehmed oder Miroslav, / sondern Fritz oder Franz, Uwe oder Pelé."
Die jüngere Generation hält es dagegen eher mit dem Sprachspiel:
"Wer wummerte das Ding da rein? Es war der P der Po der Pol, der Pold der Poldster."
Womit wir fast bei Lukas Podolski wären.
Fest steht: Der Fußball beschert der Literatur ein luftiges Motiv und weist dem Dichter einen Weg aus seiner Innerlichkeit. Endlich wird er von jedem verstanden. Ein neuer Markt tut sich auf. Kaum ein Verlag, der nicht sein Fußballbuch auf den Markt wirft. Anthologien segeln durch die Luft wie ein Geschwader mit Bällen aus Leder. Die Liebe der Poeten zum Ball ist freilich keine Erfindung unserer Gegenwart. Schon Joachim Ringelnatz rief den Verächtern der damals noch so genannten Fußlümmelei ironisch zu:
"Ich warne euch, ihr Brüder Jahns ,/ Vor dem Gebrauch des Fußballwahns."
Und auch von Franz Kafka, Fan von Hakoah Wien, weiß man, dass in ihm ein Herz für den Fußball schlug. Nach Jahren radikaler Abstinenz fußballerischer Motive in Lyrik und Prosa waren es die Vertreter der so genannten Neuen Frankfurter Schule, die den Ball als Motiv wieder entdeckten. Dichter wie F.W. Bernstein, Eckhard Henscheid und Robert Gernhardt. In den 60er und 70er Jahren war es schick, trivialen Lebensbereichen wie dem Fußball literarisch Beine zu machen. Fußball wurde Teil einer spielerisch veranlagten Dokumentarliteratur. Ror Wolfs Hörspiele gelten heute als Klassiker der Fußball-Literatur.
Bis heute gibt es immer wieder Nachahmer der O-Ton-Fußballcollage. Sehr zum Plaisier von Literaturliebhabern und Fußballfans. Sie verschmelzen zu einer Person, dank der rhetorischen Spontanleistungen dieses oder jenes Sportlers, Trainers oder Funktionärs.
"Grundsätzlich werde ich versuchen zu erkennen, ob die subjektiv geäußerten Meinungen subjektiv sind oder objektiv. Wenn sie subjektiv sind, dann werde ich bei an meiner objektiven Linie festhalten, wenn die objektiv sind, werde ich überlegen und vielleicht die objektiven subjektiv geäußerten Meinungen der Spieler mit in meine objektiven einfließen lassen."
Nach so viel Fußball-Philosophie des Ex-Nationaltrainers Erich Ribbeck überlassen wir einem echten Dichter das Schlusswort. Michael Lentz:
"Mehr lässt sich nun wirklich nicht sagen zum Fußball / ist alles gesagt."