lyrix im "Gestern & Morgen"

Bei lyrix können die Monatsgewinner von Gestern die Jahresgewinner von Morgen werden. Aus den 60 Monatsgewinnern 2008 (jeden Monat fünf) wählen wir 12 Nachwuchsdichter aus, die wir zu unserem Lyrik-Workshop nach Berlin einladen! Hier die fünf Gewinner des Vormonats.

    Auch wenn vielen von euch das Leitmotiv "Gestern & Morgen" sicher nicht leicht gefallen sein wird, haben uns im Mai wieder zahlreiche Gedichte erreicht, die uns sehr gut gefallen haben. Die fünf Gedichte des Monats Mai* zeigen die große Bandbreite der Assoziationen, die ihr zu Papier gebracht habt.

    Wir gratulieren den lyrix-Gewinnern im Mai und wünschen allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch im Juni viel Erfolg mit unserem Monatsthema: Ich sehe was, was Du nicht siehst. Wir freuen uns auf eure Gedichte!



    Gestern und Morgen

    Heute
    Ist Morgen Morgen
    Und Gestern Gestern
    Gestern
    War Heute noch Morgen
    Und an Morgen hat niemand gedacht
    Morgen
    Wird Heute schon Gestern sein
    Und Gestern ist schon völlig vergessen
    Also lebe
    Im Heute
    Und nicht im Gestern oder Morgen
    Denn
    Was Gestern war
    Ist Heute schon vergessen
    Und
    Was Morgen ist
    Kann jetzt noch niemand wissen


    (Kathrin Burmester aus Jelmstorf, Fritz-Reuter-Schule, Klasse 8, Muttersprache: deutsch)



    Gedicht

    Hier
    Sitz ich nun
    Und denk
    An gestern
    Wie viel Zeit
    Ist schon vergangen
    Unsere Neugier,
    Schon vom Wind verweht
    Der Tag ändert sein Licht
    Und schiebt
    Den Nebel fort
    Zeigt mir
    Das Ungewisse
    Das tief
    In der Zukunft liegt
    Ich warte immer noch
    Auf ein Zauberwort
    Das sagt
    Wie es weitergeht
    Wenn die Sonne untergeht
    Such ich für dich
    Die letzten
    Leuchtenden Hoffnungsschimmer
    Schließ die Augen
    Und du kannst
    Sie wiedersehen

    Ich mal
    Für dich
    Die hellsten Träume
    In die Nacht
    Hast du den Weg
    Gefunden
    Ich weiß
    Du bleibst nie stehen
    So entsteht
    Wenn die Sonne
    Untergeht
    Etwas Neues


    (Aswini Ravichandran aus Nienburg, Albert-Schweitzer-Schule, Klasse 9, Muttersprache: tamilisch)


    Irgendwo dazwischen

    Das, was war
    Und das, was ist
    Und hier das Gestern,
    noch kaum angestaubt,
    und hier das Bald, das Dann,
    das Morgen,
    nicht so wie es sein soll-
    so wie es ist.

    Und ich,
    ich irgendwo dazwischen,
    greife nach roten Fäden,
    die mir die Zeit entreißt
    und sehne
    nach ein wenig echter Sehnsucht,
    nach ein bisschen
    mehr.

    Die Zeit,
    die ich nicht wollte,
    verstreicht so gänzlich
    unbemerkt
    mir hinterm Rücken,
    während ich noch
    auf der Suche nach vergilbten Fotos bin.
    Im digitalen Zeitalter.

    Schon meine ich,
    es in den Händen zu halten,
    endlich,
    ein Hauch vom Heute,
    der endlich auch ein wenig
    funkelt
    und dann doch
    nach gestern
    riecht und schmeckt.

    Und ich,
    ich irgendwo dazwischen,
    im ewigen Versuch
    nach vorne zu sehen,
    was immer das auch heißen mag
    und hab doch längst
    die Orientierung verloren.
    Verlieren wollen.


    (Andreas Thamm aus Bamberg, Dientzenhofer Gymnasium, Jahrgangsstufe 12, Muttersprache: deutsch)


    Kokon

    Weißt du noch, als wir gestern Hand in Hand
    Am Fluss, wo nichts steht außer diesem Kiosk
    In dem wir immer so gern sind, halt machten?
    Wo es bis in den Herbst hinein noch Eis gibt
    Bei der alten Frau, die immer lächelt wenn du ihr
    Ein Geldstück zusteckst
    Und die zufrieden aussieht, auch wenn wir
    Die einzigen Kunden sind?
    Wären wir gestern nicht das letzte Mal Hand in Hand
    Am Fluss gewesen, der öde ist und den Müll der Stadt
    Wie beißenden Eiter aus einer Wunde an uns vorbei schwemmte.
    An dieser Eisbude, an der das Elend
    Nicht mehr gesichtslos ist und wo
    Selbst ein Geldstück die Pein nicht lindert.
    Und hätte die Welt nicht mit einem Schlag widergehallt
    Von all der Qual, die in uns steckt wie ein Parasit, die alles lähmt.
    So könnte ich morgen noch Träume haben.


    (André Thyroff aus Heinersreuth, Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium Bayreuth, Jahrgangsstufe 11, Muttersprache: deutsch)
    * Wir haben ein Gedicht auf Wunsch der Urheberin entfernt.