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Machtkampf in der Ukraine
Klitschko will doch mit Janukowitsch sprechen

Oppositionsführer Vitali Klitschko wird mit anderen Oppositionspolitikern an einer Gesprächsrunde mit Präsident Viktor Janukowitsch teilnehmen. Gleichzeitig sagte er, dass er bei einer Neuwahl für das Präsidentenamt in der Ukraine kandidieren wolle.

13.12.2013
    Vitali Klitschko spricht in ein Mikrofon
    Vitali Klitschko kündigte seine Kandidatur an. (dpa / picture-alliance / Anatoly Maltsev)
    Die Führer der drei wichtigsten ukrainischen Oppositionsparteien wollen nun doch an Gesprächen mit Präsident Viktor Janukowitsch am Freitag teilnehmen. Das sagte die Sprecherin Klitschkos, Oksana Sinowjewa, der Nachrichtenagentur AFP. In der seit Wochen andauernden politischen Krise hatte die Opposition bislang Verhandlungen mit der Regierung abgelehnt. Eine der wichtigsten Forderungen der Opposition war zuvor erfüllt worden, als ein Berufungsgericht in Kiew alle seit Anfang Dezember inhaftierten regierungskritischen Demonstranten laut der Agentur AP freigelassen hatte.
    Klitschko will als Präsident kandidieren
    Klitschko kündigte an, bei der kommenden Präsidentenwahl in dem Land anzutreten. "Ich werde kandidieren", sagte der 42-Jährige in der ARD-Sendung "Beckmann". Als seine Visionen nannte er Reformen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und sozialen Garantien sowie die Bekämpfung der grassierenden Korruption. Klitschko wurde live aus Kiew zugeschaltet, wo er eine nächtliche Rede vor den prowestlichen Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz halten wollte. In einem Gastbeitrag in der "Bild"-Zeitung vom Freitag bedankte er sich für die Unterstützung aus dem Ausland, insbesondere aus Deutschland: "Der Kontakt zu Kanzlerin Angela Merkel, Außenminister Guido Westerwelle oder auch dem CDU-Außenpolitiker Elmar Brok ist sehr ermutigend und hilft uns weiter."
    Auf dem Maidan, dem Unabhängigkeitsplatz in der Hauptstadt Kiew, gingen die Proteste weiter. Mehrere zehntausende Menschen traten erneut für einen Westkurs der früheren Sowjetrepublik ein. Die reisten aus dem ganzen Land an, um die Proteste auf dem Platz zu unterstützen. Die Demonstranten hätten drei Forderungen, sagte Klitschko. Die erste sei die Freilassung von 15 festgenommenen Demonstranten. Außerdem müssten diejenigen bestraft werden, die angeordnet hätten, Demonstranten zu schlagen. Und drittens: "Der Ministerpräsident und die ganze Regierung muss zurücktreten."
    Zweifel an Janukowitschs Absicht zur Unterschrift
    Klitschko bezweifelte, dass die Kiewer Regierung wieder auf einen prowestlichen Kurs einschwenkt. Den Erklärungen, das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union könne vielleicht doch noch bald unterzeichnet werden, traue er nicht, machte Klitschko am Donnerstagabend in der ARD-Sendung "Beckmann" deutlich. "Unser Präsident hat schon zigmal seit drei Jahren versprochen, das Abkommen zu unterschreiben." Stattdessen fliege Viktor Janukowitsch am Dienstag nach Moskau.
    Menschen protestieren in Kiew für einen prowestlichen Kurs, einige von ihnen tragen ukrainische und europäische Flaggen.
    Die Proteste in Kiew gehen weiter (afp / Vasily Maximow)
    Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatte zuvor erklärt, der ukrainische Staatschef Viktor Janukowitsch habe ihr bei einem Treffen gesagt, "dass er die Absicht hat, das Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen". Ähnlich äußerte sich am Abend Vizeregierungschef Sergej Arbusow. Er schränkte aber ein: "Unsere Verhandlungen sind offen, und wir führen sie fort." Die EU-Kommission lockt das Land mit Finanzhilfen, Russland mit einem engen Bündnis in einer Zollunion mit anderen früheren Sowjetstaaten. Brüssel sicherte dem Land allgemein finanzielle Unterstützung zu, falls es das Partnerschaftsabkommen unterzeichne.
    Ringen zwischen EU und Russland geht weiter
    Weiterhin ringen die EU und Russland um die künftige geopolitische Rolle der Ukraine. "Wir zwingen niemandem etwas auf", sagte Putin in Moskau in seiner Rede an die Nation. Wenn die ukrainischen "Freunde" eine gemeinsame Arbeit an der Bildung der Zollunion wünsche, sei Russland "bereit, diese auf Expertenebene fortzusetzen". Der ukrainische Präsident Janukowitsch will am Dienstag nach Moskau reisen. Beide Länder dementierten Berichte, wonach es bei dem Besuch um einen Beitritt zu der von Russland angeführten Zollunion mit Weißrussland und Kasachstan gehen werde.
    Moskau hatte wegen der geplanten Unterschrift des Assoziierungsabkommen mit der EU Druck auf die finanziell derzeit schwache Ukraine ausgeübt. Die Ukraine ist von russischem Erdgas abhängig und muss offene Rechnungen dafür begleichen. Die Kreditausfallversicherungen für Anleihen der Ukraine sind auf den höchsten Stand seit vier Jahren gestiegen, die Regierung kämpft gegen eine Staatspleite.
    Die Abgeordneten des EU-Parlaments hatten sich derweil am Donnerstag solidarisch mit den Janukowitsch-Gegnern erklärt. In ihrer fraktionsübergreifenden Entschließung kündigten die rasche Entsendung einer Delegation nach Kiew an und forderten einen Dialog von Regierung und deren Gegnern. Zugleich betonten die Parlamentarier, die EU müsse über Zwangsmaßnahmen nachdenken. Die USA erwägen Sanktionen gegen Kiew. Zur Lösung des seit drei Wochen andauernden Machtkampfs plädierte Außenminister Leonid Koschara für einen "einflussreichen ausländischen Vermittler" wie den Europarat oder die EU-Kommission.