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Machtübernahme in Malta
Anwalt übernimmt Regierungsgeschäfte

Der Mord an der Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia hat Malta in eine tiefe politische Krise gestürzt. Nun übernimmt der bislang weitgehend unbekannte Rechtsanwalt Robert Abela die Regierungsgeschäfte. Der 42-Jährige verspricht Kontinuität und Wandel.

Von Elisabeth Pongratz | 13.01.2020
Robert Abela winkt seinen Anhängern
Robert Abela ist neuer Parteichef der Labour-Partei in Malta. (AFP/Matthew Mirabelli)
Kurz nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses tritt der neue Parteichef freudestrahlend vor die Mikrofone.
"Es gibt nur einen Sieger heute, und das ist die Labour Partei. Diese Einheit, die in der Partei herrscht, müssen wir auf die ganze Nation übertragen, für eine noch größere nationale Einheit. Ich freue mich darauf, unserem Land mehr Wohlstand zu bringen", sagt Robert Abela.
Erstmals haben die Mitglieder der Labour-Partei ihren Vorsitzenden direkt gewählt, knapp 58 Prozent hatten für Robert Abela gestimmt. Seine Anhänger sind außer sich vor Freude.
Wahlkampf mit sozialen Fragen
Dabei galt sein Widersacher, Chris Fearne lange als Favorit, ist dieser doch Vize-Chef der Partei und Gesundheitsminister in der maltesischen Regierung. Doch Abela konnte offenbar in der vergangenen Woche immens zulegen, bei einer Fernsehdebatte präsentierte er sich in den Augen vieler äußerst souverän. Der 42-Jährige setzte sich im Wahlkampf beispielsweise für soziale Dinge ein, wie die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen.
Erst seit 2017 sitzt er im maltesischen Parlament, gilt deshalb vielen als Newcomer. Doch er kommt aus einer Politiker-Familie, sein Vater George war einst Präsident. Und für die Regierung hat der Rechtsanwalt zuletzt als juristischer Berater gearbeitet. Bei seiner offiziellen Antrittsrede im voll besetzten Sport Pavillon in Paola bei Valletta setzt der 42-Jährige am Sonntagabend stark auf Kontinuität. Viel Gutes sei schon erreicht worden, in den vergangenen sieben Jahren an der Regierung. Aber es gebe weiterhin viel zu tun.
"Wir werden diese Kontinuität in Stabilität verwandeln, das ist es, was die Menschen wollen. Lasst uns das gleiche Rezept der vergangenen Jahre anwenden. Es hat uns gute Ergebnisse gebracht, wir müssen es nicht ändern", so Abela.
EU fordert politischen Wandel
Die sozialdemokratische Labour-Partei ist in Malta seit 2013 an der Macht. Abelas Vorgänger, Joseph Muscat, musste im Dezember seinen Rücktritt ankündigen, er war immer mehr unter Druck geraten. Im Zusammenhang mit der Ermordung der maltesischen Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia führten die Spuren bis in die engsten Kreise um Muscat, auch die Ermittlungen zogen sich nur schleppend dahin.
Aufgebrachte Bürger gingen daraufhin immer wieder auf die Straße, das Europäische Parlament forderte Muscat zum sofortigen Rücktritt auf. Auch kündigte es an, die Rechtsstaatlichkeit in dem Mittelmeerstaat zu überprüfen. Im Oktober 2017 war die Journalistin Galizia in ihrem Auto in die Luft gesprengt worden, sie hatte über Korruption bei Regierung und Geschäftsleuten auf Malta recherchiert. Ihre Schwester Corinne Vella hofft nun, dass sich der künftige Premier Abela von Muscat distanziert.
"Abela hat Kontinuität versprochen. Er kann die maltesische Politik nicht ändern. Aber er kann sich von Muscat und seiner Art von Politik distanzieren."
Sie erwarte, dass Abela alles dafür tun werde, um den Mord an ihrer Schwester vollständig aufzuklären. In seiner Antrittsrede vor der Partei versprach der neue Vorsitzende jedenfalls, dass er den Rechtsstaat stärken wolle. Wörtlich meinte er: Wir haben aus unseren Fehlern gelernt und werden sie nicht wiederholen. Konkreter wurde er allerdings nicht. In dem kleinen EU-Staat ist es üblich, dass der Chef der Mehrheitsfraktion im Parlament auch die Regierung führt.