Freitag, 29. März 2024

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Frankreich
Macron will Rentenpläne im Fernsehen erläutern - weiter massive Proteste

Nach den erneuten Protesten gegen die Rentenreform in Frankreich will Präsident Macron heute bei der Bevölkerung für das Vorhaben werben. Der Staatschef werde ein Live-Interview in den Mittagsnachrichten geben, teilte der Elysée-Palast mit. Gestern Abend und in der Nacht waren erneut tausende Menschen auf die Straße gegangen. Dabei gab es es Zusammenstöße mit der Polizei; allein in Paris wurden mehr als 140 Menschen festgenommen.

22.03.2023
    Frankreichs Präsident Emmanuelle Macron bei einer Rede am Mikrofon. Er ballt die linke Hand zur Faust.
    Frankreichs Präsident Emmanuelle Macron (AFP / LUDOVIC MARIN)
    Die französische Abgeordnete aus dem Regierungslager, Sabine Thillaye, sagte im Deutschlandfunk, die Lage sei emotional aufgeheizt und beunruhigend. Zwar sei die Rentenreform absolut notwendig, doch seien in der Kommunikation Fehler gemacht worden. So sei die Rentenreform als Sozialreform präsentiert worden, was aber nicht der Fall sei. Die Rentenreform diene dazu, den Schuldenberg Frankreichs abzubauen, damit das Land ein verlässlicher Partner auch für seine Verbündeten sein könne.
    Zudem wird sich der Verfassungsrat mit der Rentenreform befassen. Premierministerin Borne kündigte an, dass sie das Gesetz so schnell wie möglich prüfen lassen werde. Wie der Fernsehsender BMFTV weiter berichtet, haben der rechtsnationale Rassemblement National und das links-grüne Bündnis Nupes Beschwerde gegen die Rentenreform eingelegt. Das Gesetz wurde ohne Abstimmung per Dekret von Präsident Macron in Kraft gesetzt. Die Beschleunigung des Verfahrens war nur möglich, weil die Regierung sich auf eine Sonderregelung der Verfassung berief. Ein anschließendes Misstrauensvotum im Parlament überstand sie nur knapp.

    Marine Le Pen warnt vor "sozialer Explosion"

    Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen warf dem Präsidenten vor, mit seiner Rentenreform eine "soziale Explosion" im Land zu riskieren. Sie werde aber nicht dabei helfen, "das Feuer" der wütenden Proteste löschen, sagte Le Pen der Nachrichtenagentur AFP. Ähnlich hatte sich der linkspopulistische Politiker Jean-Luc Mélenchon von der Bewegung France Insoumise (Unbeugsames Frankreich) geäußert.

    Neue Proteste in mehreren Städte

    In der Nacht gab es wieder Ausschreitungen. In Paris wurden nach Angaben der Polizei 46 Menschen festgenommen. Rund 3.500 Menschen Personen hätten zunächst friedlich im Zentrum der Hauptstadt demonstriert. Später sei es dann zu Gewalt zwischen einigen hundert Demonstranten und der Polizei gekommen. Die Demonstranten warfen den Angaben zufolge Gegenstände auf die Polizei, diese setzte Tränengas ein. Auch in anderen französischen Städten kam es zu neuen Protesten, unter anderem in Lille, Grenoble und Nantes. Für morgen haben Gewerkschaften zu landesweiten Massenprotesten aufgerufen. Gestern blockierten Demonstranten Autobahnen, Treibstoffdepots und die Zufahrt zu einem Atomkraftwerk.

    Längere Lebensarbeitszeit

    Die Rentenreform ist ein zentrales Projekt von Macrons zweiter Amtszeit. Er argumentiert, sie sei nötig, um das Rentensystem bei einer alternden und immer länger lebenden Bevölkerung weiter zu finanzieren. So soll unter anderem das Renteneintrittsalter schrittweise bis 2030 von 62 auf 64 Jahre angehoben werden.
    Diese Nachricht wurde am 22.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.