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Mächtig Jung

Kommunalpolitik ist, wenn sich immer die gleichen alten Männer im Hinterzimmer Pöstchen zuschieben. Doch es geht auch anders: Der Bürgermeister von Monheim am Rhein, Daniel Zimmermann, ist 28 Jahre alt und gehört keiner der etablierten Parteien an.

Von Florian Falzeder |
    Daniel Zimmermann fällt auf. Nicht nur weil er als Einziger im Raum keinen Anzug trägt, sondern Jeans und Hemd. Er ist auch der jüngste im Saal. Er hört interessiert zu, als ihm ein Geschäftsmann ein Projekt vorstellt, nickt, hakt nach. Am Ende tauschen die beiden Visitenkarten aus. Der 28-Jährige ist der Bürgermeister von Monheim am Rhein, und Anlass für das heutige Treffen ist das sogenannte Monheimer Mittagsgespräch:

    "Viermal im Jahr lädt die städtische Wirtschaftsförderung Monheimer Unternehmer zu einer gemeinsamen Mittagspause ein, gemeinsam mit den Leuten von der Stadtverwaltung."

    Daniel Zimmermann ist der jüngste Bürgermeister Nordrhein-Westfalens. Und: er ist nicht Mitglied einer der etablierten Parteien, sondern der "PETO – die junge Alternative". Vor etwas mehr als 10 Jahren schloss sich eine Gruppe von Schülern zusammen. Sie wollten ihre 43.000-Einwohner-Stadt jugendfreundlicher gestalten. Projekte gab es damals genug. Zum Beispiel bei den Sportstätten. Die meisten waren verfallen. Die PETO stellte ein Programm auf die Beine – und errang bei den Wahlen 1999 gleich zwei Sitze im Stadtrat. Bei den nächsten Wahlen waren sie bereits die drittstärkste Fraktion, und bei den Wahlen vor einem Jahr waren die Überraschung – und das Medienecho – ziemlich groß: Zimmermann, damals 27, wurde zum Bürgermeister gewählt. Dass er jung ist, das lässt sich nicht bestreiten. Darin liegen aber auch Qualitäten, die die Geschäftsleute schätzen:

    "Ich denke, dass der alte Bürgermeister eher tendenziell ein fertig studierter Rechtsanwalt war, der also auch schon die Härten des Lebens erlebt hat, und der Herr Zimmermann eigentlich ein normal weltoffener Mensch ist, der noch alles an sich heranlassen kann."

    Auch andere Unternehmer geben viel auf den Umgang mit Zimmermann:

    "Er ist sehr zuvorkommend und offen und das ist sehr geschätzt, also da ist keine Affektiertheit drin, von daher finde ich das immer sehr angenehm."

    Das hört Tim Brühland vielleicht nicht so gern. Auch er ist erst Anfang 30, wirkt aber fast jünger als sein Bürgermeister, angriffslustiger und energischer. Er ist Mitglied einer "etablierten Partei". Er ist der Vorsitzende der CDU-Fraktion und als Rechtsanwalt beim Mittagsgespräch dabei. Seine Partei hat auch schon mit der PETO zusammengearbeitet – bei einzelnen Themen, denn feste Koalitionen gibt es im Stadtrat nicht. Das ist manchmal etwas schwierig, aber oft auch gut – gerade für die potenzielle Opposition.

    "Wenn wir keine Rücksicht auf mögliche Koalitionspartner nehmen müssen, dann setzen wir natürlich unsere Politik um oder versuchen dafür eben entsprechend die Mehrheiten zu finden."

    Bei einem Thema haben alle Parteien an einem Strang gezogen. Es ging um die Ansiedlung oder Nicht-Ansiedlung eines Schrottbetriebs: IMR – Innovative Metal Recycling. Dagegen hatte sich auch der Monheimer Bürgerverein formiert. Klaus Glasow war der Initiator – seine Beweggründe erklärt er, auf der Fahrt am Gelände:

    "Das ist der Rheinpark, nennt sich Rheinpark, obwohl es Industrie- und sonstiges Gebiet ist. So und das ist jetzt hier das Grundstück von IMR gewesen. Auf diesem Gelände sollte der Schrottbetrieb angesiedelt werden. Hier konnte man in keinem Fall die Schallschutzwerte einhalten, auch mit erweiterten Maßnahmen nicht. So das ist also jetzt hier und Sie sehen da sind die 270 Meter, hier ist die ganz normale Wohnbebauung."

    Sein Anliegen setzte sich durch – das Projekt wurde gestoppt.

    Der Bürgermeister:

    "Anfang August konnte jetzt eine Vereinbarung mit IMR geschlossen werden dahingehend, dass das Grundstück wieder an die Stadt zurückgeht."

    Eine Schlappe für die Politik, denn Wirtschaftsförderung ist ein wichtiges Thema für die Gemeinde. Die Ansiedlung von IMR wurde noch unter Zimmermanns Vorgänger beschlossen.

    "Natürlich war das Thema IMR eine große Baustelle, die ich übernommen habe bei meinem Amtsantritt, aber ich halte überhaupt nichts davon, meinem Vorgänger die Schuld in die Schuhe zu schieben. Alle Fraktionen haben diese Ansiedlung gewollt, ursprünglich. Auch ich habe ja im Stadtrat als eines von 40 Ratsmitgliedern damals die Hand gehoben, weil wir diese Ansiedlung wollten. Insofern, ja, wäre es falsch, jetzt meinem Vorgänger dafür die Schuld zu geben.""

    Weniger harmonisch geht es bei einem anderen Thema zu in der Monheimer Stadtpolitik: beim Sportstättenkonzept. Einem der Themen wegen dem sich die Jugendpartei damals gegründet hat. Dabei geht es um die Frage, wo die künftige Bezirkssportanlage stehen soll. Nach jahrelangen Debatten setzte zwar die junge Partei im Frühjahr ihr Konzept durch. Gegessen ist das Thema für den CDU-Politiker Brühland allerdings noch nicht.

    ""Ja ein Dauerbrenner ist natürlich immer noch das Thema Sportstättenkonzept."

    Aber auch da wird, wenn auch leidenschaftlich, dann doch immer sachlich argumentiert. Und Daniel Zimmermann, der zuvor nur die Interessen der PETO durchzusetzen hatte, ist heute vor allem eines: Bürgermeister.

    "Ich bin natürlich als Bürgermeister schon dem ganzen Ort verpflichtet, auch allen Menschen, die hier wohnen. Aber das bedeutet ja nicht, dass ich nicht auch innerhalb der PETO weiter tätig bin, auch eben regelmäßig an Fraktionssitzungen, teilweise auch an Vorstandssitzungen teilnehme und mich da einbringe, daran hat sich nichts geändert."

    Aber hat vielleicht sein Amt ihn verändert? Auf die Frage, ob sich der Bürgermeister Zimmermann vom PETO-Mitglied Zimmermann unterscheidet, entgegnet sein Parteikollege Lucas Risse:

    "Also eine wirkliche Veränderung an sich konnte ich zumindest noch nicht feststellen, natürlich hat er weniger Zeit, das bringt das Amt an sich mit sich. Nur wir hatten kürzlich erst unsere PETO-Beachvolleyballparty, die haben wir jedes Jahr, ja und da hat er ganz normal, so wie jedes Jahr auch, Würstchen mitverkauft, saß an der Kasse, also an sich eine Veränderung in dem Sinne konnte ich jetzt noch nicht bemerken."

    Und wie sieht Daniel Zimmermann selbst seine Zukunft? Will er weiter Bürgermeister sein?

    "Das Thema Wiederwahl stellt sich in dieser Form jetzt für mich gar nicht, weil es mir wirklich darum geht, hier die nächsten Jahre erfolgreich zu gestalten und alles Weitere, auch ob ich antrete, ob ich wiedergewählt werde, das wird sich danach zeigen."