"It's not good to have power per se. Power is kind of like calories in your diet: Too much can get in your way."
Macht, das sei ein bisschen wie Kalorien beim Essen: Zu viel davon machen dick, krank und schwerfällig. Joseph Nye, amerikanischer Politikwissenschaftler, Publizist und Politiker war schon immer für seine griffige Sprache und seine praktischen Vergleiche bekannt. In seinem neuesten Buch - "Macht im 21. Jahrhundert" - wird er diesem Ruf einmal mehr gerecht. Macht, das ist das große Lebensthema des 74-jährigen Harvard-Professors Nye, der unter US-Präsident Bill Clinton stellvertretender Verteidigungsminister war. Nye prägte zu Beginn der 90er-Jahre den Begriff "Soft Power", "weiche Macht".
"Traditionell galten in der internationalen Politik diejenigen Länder als die mächtigsten, die die größte Militärmacht haben, deren Armeen die Schlachten gewinnen."
Im Informationszeitalter, sagt Nye gegenüber dem amerikanischen Rundfunk NPR, entscheiden jedoch zunehmend auch andere, vermeintlich "weichere" Faktoren über den Einfluss eines Staates.
"In an information age, it‘s equally important to be the country whose story will win. Narratives become more important."
Da gelte, wer die überzeugenderen Ideen habe, wer die bessere Geschichte erzähle. Soft Power: Der Begriff umfasst die Kultur eines Landes, aber auch Diplomatie, humanitäre Missionen und Entwicklungshilfe - eben alles, was einen Staat in der öffentlichen Meinung attraktiv erscheinen lassen kann. Allerdings: Nye will das Konzept der "weichen Macht" nicht als Instrument einer naiven Gutmenschen-Politik verstanden wissen.
"Es besteht kein Widerspruch zwischen Realismus und weicher Macht. Weiche Macht hat nichts mit Idealismus zu tun; sie ist einfach eine Spielart von Macht, eine Art und Weise, erwünschte Ergebnisse zu erzielen."
In seinem neuesten Werk entwickelt Nye sein Konzept der "weichen Macht" noch ein Stück weiter. Zum Wesen des 21. Jahrhunderts gehören demnach nicht nur die Globalisierung, sondern auch die Verlagerung und Umverteilung der Macht - zum Beispiel von Staaten auf nicht-staatliche Akteure. Das können Banken, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen oder Individuen sein. Aber eben auch radikale religiöse Gruppen oder gar Terror-Netzwerke wie El Kaida. Joseph Nye:
"Regierungen sind zwar noch immer die wichtigsten Akteure auf der Weltbühne, allerdings ist es auf dieser Bühne enger geworden."
Der technologische Fortschritt, sagt Nye, habe die globalen Barrieren dramatisch gesenkt.
"Schon vor 30 Jahren konnten Menschen aus allen Teilen der Welt simultan miteinander per Telefonkonferenz in Verbindung treten. Das war technisch möglich, aber teuer. Heute kann das jeder tun, der einen Computer oder Zugang zu einem Internetcafé hat."
Die niedrigen Zugangsschwellen als Folge der modernen Informationstechnologie - für Nye ist das eine der großen Gefahren des 21. Jahrhunderts:
"Dass man Militärtechnologie, die früher sehr teuer war, heute gleichsam im Baumarkt kaufen kann, gereicht kleinen Staaten und nicht-staatlichen Akteuren zum Vorteil und vergrößert die Verwundbarkeit großer Staaten."
Die Risikoanalyse, die Bedrohung aus der Cybersphäre, dient Joseph Nye jedoch nur als Folie, auf der er sein Konzept einer modernen Machtpolitik entwickelt: "Smart Power" statt "Soft Power" ist nun sein Losungswort - Intelligente Macht. Darunter versteht der Autor eine Kombination von harter und weicher Macht. Intelligente Macht vernetzt Diplomatie mit militärischer Drohung, wirtschaftlicher Kraft, politischer Transparenz und Menschenrechtspolitik. Außerdem, schreibt der Autor, brauche intelligente Macht ...
"... ein Narrativ, in dessen Mittelpunkt Bündnisse, Institutionen und Netzwerke stehen, die eine Antenne für den neuen Kontext des globalen Informationszeitalters haben."
"Macht im 21. Jahrhundert" analysiert - sorgfältig und in flotter Sprache - die Facetten moderner Machtpolitik. Dennoch bleibt das Buch über weite Strecken recht brav. Erst im letzten Kapitel gewinnt es an Fahrt. Dort nämlich attackiert Nye all jene Kassandrarufer, die in düsteren Untergangsszenarien das Ende amerikanischer Macht prophezeien. Da spart der Autor auch nicht mit ätzendem Spott.
"Die gute Nachricht ist, dass sich die Vereinigten Staaten NICHT im Niedergang befinden. Die Annahme, dass China uns die Butter vom Brot nehmen und uns bald schon militärisch und wirtschaftlich überholen werde, ist schlicht und einfach: falsch."
Allerdings schränkt der Autor ein: Amerika werde die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nur dann erfolgreich bestehen, wenn das Land auch lerne, seine Macht intelligent zu nutzen. Und das heißt vor allem: maßvoll, eben so, wie Kalorien beim Essen.
Joseph S. Nye: Macht im 21. Jahrhundert. Politische Strategien für ein neues Zeitalter.
Siedler Verlag
384 Seiten, 24,99 Euro
ISBN: 978-3-88680-983-7
Macht, das sei ein bisschen wie Kalorien beim Essen: Zu viel davon machen dick, krank und schwerfällig. Joseph Nye, amerikanischer Politikwissenschaftler, Publizist und Politiker war schon immer für seine griffige Sprache und seine praktischen Vergleiche bekannt. In seinem neuesten Buch - "Macht im 21. Jahrhundert" - wird er diesem Ruf einmal mehr gerecht. Macht, das ist das große Lebensthema des 74-jährigen Harvard-Professors Nye, der unter US-Präsident Bill Clinton stellvertretender Verteidigungsminister war. Nye prägte zu Beginn der 90er-Jahre den Begriff "Soft Power", "weiche Macht".
"Traditionell galten in der internationalen Politik diejenigen Länder als die mächtigsten, die die größte Militärmacht haben, deren Armeen die Schlachten gewinnen."
Im Informationszeitalter, sagt Nye gegenüber dem amerikanischen Rundfunk NPR, entscheiden jedoch zunehmend auch andere, vermeintlich "weichere" Faktoren über den Einfluss eines Staates.
"In an information age, it‘s equally important to be the country whose story will win. Narratives become more important."
Da gelte, wer die überzeugenderen Ideen habe, wer die bessere Geschichte erzähle. Soft Power: Der Begriff umfasst die Kultur eines Landes, aber auch Diplomatie, humanitäre Missionen und Entwicklungshilfe - eben alles, was einen Staat in der öffentlichen Meinung attraktiv erscheinen lassen kann. Allerdings: Nye will das Konzept der "weichen Macht" nicht als Instrument einer naiven Gutmenschen-Politik verstanden wissen.
"Es besteht kein Widerspruch zwischen Realismus und weicher Macht. Weiche Macht hat nichts mit Idealismus zu tun; sie ist einfach eine Spielart von Macht, eine Art und Weise, erwünschte Ergebnisse zu erzielen."
In seinem neuesten Werk entwickelt Nye sein Konzept der "weichen Macht" noch ein Stück weiter. Zum Wesen des 21. Jahrhunderts gehören demnach nicht nur die Globalisierung, sondern auch die Verlagerung und Umverteilung der Macht - zum Beispiel von Staaten auf nicht-staatliche Akteure. Das können Banken, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen oder Individuen sein. Aber eben auch radikale religiöse Gruppen oder gar Terror-Netzwerke wie El Kaida. Joseph Nye:
"Regierungen sind zwar noch immer die wichtigsten Akteure auf der Weltbühne, allerdings ist es auf dieser Bühne enger geworden."
Der technologische Fortschritt, sagt Nye, habe die globalen Barrieren dramatisch gesenkt.
"Schon vor 30 Jahren konnten Menschen aus allen Teilen der Welt simultan miteinander per Telefonkonferenz in Verbindung treten. Das war technisch möglich, aber teuer. Heute kann das jeder tun, der einen Computer oder Zugang zu einem Internetcafé hat."
Die niedrigen Zugangsschwellen als Folge der modernen Informationstechnologie - für Nye ist das eine der großen Gefahren des 21. Jahrhunderts:
"Dass man Militärtechnologie, die früher sehr teuer war, heute gleichsam im Baumarkt kaufen kann, gereicht kleinen Staaten und nicht-staatlichen Akteuren zum Vorteil und vergrößert die Verwundbarkeit großer Staaten."
Die Risikoanalyse, die Bedrohung aus der Cybersphäre, dient Joseph Nye jedoch nur als Folie, auf der er sein Konzept einer modernen Machtpolitik entwickelt: "Smart Power" statt "Soft Power" ist nun sein Losungswort - Intelligente Macht. Darunter versteht der Autor eine Kombination von harter und weicher Macht. Intelligente Macht vernetzt Diplomatie mit militärischer Drohung, wirtschaftlicher Kraft, politischer Transparenz und Menschenrechtspolitik. Außerdem, schreibt der Autor, brauche intelligente Macht ...
"... ein Narrativ, in dessen Mittelpunkt Bündnisse, Institutionen und Netzwerke stehen, die eine Antenne für den neuen Kontext des globalen Informationszeitalters haben."
"Macht im 21. Jahrhundert" analysiert - sorgfältig und in flotter Sprache - die Facetten moderner Machtpolitik. Dennoch bleibt das Buch über weite Strecken recht brav. Erst im letzten Kapitel gewinnt es an Fahrt. Dort nämlich attackiert Nye all jene Kassandrarufer, die in düsteren Untergangsszenarien das Ende amerikanischer Macht prophezeien. Da spart der Autor auch nicht mit ätzendem Spott.
"Die gute Nachricht ist, dass sich die Vereinigten Staaten NICHT im Niedergang befinden. Die Annahme, dass China uns die Butter vom Brot nehmen und uns bald schon militärisch und wirtschaftlich überholen werde, ist schlicht und einfach: falsch."
Allerdings schränkt der Autor ein: Amerika werde die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nur dann erfolgreich bestehen, wenn das Land auch lerne, seine Macht intelligent zu nutzen. Und das heißt vor allem: maßvoll, eben so, wie Kalorien beim Essen.
Joseph S. Nye: Macht im 21. Jahrhundert. Politische Strategien für ein neues Zeitalter.
Siedler Verlag
384 Seiten, 24,99 Euro
ISBN: 978-3-88680-983-7