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Männer in Elternzeit
Väterbeauftragte der Charité werben für Gleichberechtigung

Elternzeit ist immer noch vor allem Mütterzeit. Doch allmählich steigt die Anzahl der Väter, die sich in den ersten Monaten ums Kind kümmern, denn es gibt inzwischen Vorbilder dafür. Die Berliner Charité beschäftigt sogar drei Väterbeauftragte, die werdende und neue Väter unterstützen.

Von Manfred Götzke | 28.05.2019
Andreas Lange mit seiner drei Monate alten Tocher Fiona beim Schmusen, aufgenommen am 17.07.2008 in Frankfurt (Oder). Der 34-Jährige Vater hat drei Monate Elternzeit genommen. Foto: Patrick Pleul +++(c) dpa - Report+++ | Verwendung weltweit
Auch im Jahr 2019 beziehen nur wenige Väter länger als zwei Monate Elterngeld (dpa / Patrick Pleul )
Als Rene Greif 2010 Elternzeit beantragte, hat er in seinem Bekanntenkreis ziemlich viel Kopfschütteln und Stirnrunzeln geerntet. Denn der Verwaltungsangestellte in der Berliner Charité wollte nicht nur die üblichen zwei Vätermonate zu Hause blieben.

"Damals bei meinem ersten Fall, wo ich gesagt habe, ich bleibe fünf Monate zuhause, das war ein absoluter Ausnahmefall, so lange Elternzeit zu nehmen. Man galt da als Ausnahme. Aber meine damalige Chefin - selbst hatte sie keine Kinder - hat gesagt, es ist genau das Richtige."

Ein absoluter Exot wäre Greif heute zwar nicht mehr, doch auch im Jahr 2019 beziehen nur wenige Väter länger als zwei Monate Elterngeld, um ihre Kinder zu betreuen. Laut einer aktuellen Auswertung des Statistischen Bundesamtes planen Väter durchschnittlich drei Monate Elternzeit. Bei Müttern liegt die geplante Bezugsdauer bei knapp zwölf Monaten. Elternzeit ist also im Jahr 2019 vor allem Mütterzeit. Um das zu ändern, hat Greifs Arbeitgeber, die Charité, eine spezielle Väterberatung eingeführt.

"Es war damals die Richtung vom Vorstand, zu sagen, wir wollen auch den Vätern die Möglichkeit geben, zuhause bleiben zu können und sich um die Kinder zu kümmern und diese Elternzeit auch in Anspruch nehmen zu können."
Väterbeauftragte als Väterberater
Seit 2013 ist Greif nun einer von drei ehrenamtlichen Väterbeauftragten in der Berliner Universitätsmedizin mit ihren gut 14.000 Mitarbeitern.
"Man berät die Väter eben, wie lange man Elternzeit nehmen kann, welche gesetzlichen Verpflichtungen einzuhalten sind, was wir intern da für Regularien haben, was für eine entspannte beginnende Elternzeit notwendig ist."

Oft geht es aber nicht nur um Bürokratie, sondern auch um ein lockeres Gespräch von Vater zu Vater, erzählt Greif.

"Also gerade vor der Geburt sind oft Fragen, wo die Väter ein offenes Ohr haben wollen, wie man das selbst erfahren hat, zum Beispiel, wenn eine Risikoschwangerschaft ansteht. Und was mache ich mit Untersuchungen, von Trisomie 21 bis zur Feindiagnostik, und will ich bei der Geburt eigentlich dabei sein. Das ist auch manchmal die Frage, wo man selbst sagt, ja, ich hab es so und so gemacht."

Wie viele Väter wie viele Monate in der Charité nun genau zu Hause bleiben, darüber führt er keine Statistik. Er sagt aber schon: Elterngeld beziehen als Vater - das ist normaler geworden. Auch in einem Arbeitsumfeld, in dem ganz überwiegend Männer die Führungspositionen bekleiden.
"Es wird immer mehr angenommen, so dass auch Väter, die früher nie Elternzeit gemacht hätten, jetzt Elternzeit nehmen. Ich selbst bin auch in der Freiwilligen Feuerwehr engagiert, und da war es so, dass die aus ihren Betrieben auch immer wieder gesagt haben: Um Gotteswillen, nein, ich werde nicht mal fragen nach Elternzeit. Und ich sag, Mensch, du hast doch das Anrecht drauf. Die jetzt beim zweiten Kind gesagt haben, wo ich mit denen geredet habe: Und, Elternzeit? Na klar, schon beantragt."
Väterzeit als Karriereknick?
Doch auch in der dezidiert familienfreundlichen Charité sorgen sich viele seiner Kollegen nach wie vor, dass es ihnen zum Nachteil gereicht, wenn sie sich die gesetzlich garantierte Auszeit für die Familie etwas länger nehmen wollen.
"Diese Vorbehalte der werdenden Väter kenne ich nicht nur aus der Charité, sondern auch aus der Industrie. Dass Väter sagen, ich brauche gar nicht zu meinem Chef zu gehen. Wenn ich dem sage, ich möchte ein Jahr zuhause bleiben, sagt der, dann brauchst du gar nicht wiederzukommen. Das mag in der Industrie noch so sein, aber hier ist das mittlerweile auf jeden Fall so, dass man entspannt an die Sache rangehen kann."
Und sollte doch mal ein Chef nein sagen, rät er seinen Kollegen, sagt doch einfach: Soll ich dir mal unseren Väterbeauftragten vorbei schicken? Das reiche dann schon als dezenter Hinweis.