Origiganl-Ton Ingo Appelt: "Männer muss man schlagen. Das klingt natürlich erst einmal brutal, aber seien wir ehrlich. Wenn man in Ruhe darüber nachdenkt, kommt man zwangsläufig zu dem Schluss: stimmt! Männer sind einfach eine zivilisatorische Katastrophe.. Wer steht denn fröhlich grölend auf dem Gepäckträger eines Fahrrads und knüppelt mit einem Baseballschläger Omis Geranientöpfe von der Fensterbank? – Männer. – Und da kann man im Guten hinreden wie man will: die hören doch nicht zu. Also: jeden Morgen alle Männlein in eine Reihe, schon prophylaktisch, und patsch, patsch, patsch allen schön eine aufs Maul geben. – Und wenn sie fragen warum? – Gleich noch eine rein. Frag nicht so dumm!"
Christoph Heinemann: "Frag nicht so dumm!" Wir haben in der Schule gelernt, es gibt keine dummen Fragen. Guten Morgen, Ingo Appelt.
Ingo Appelt: Einen wunderschönen guten Morgen, Herr Heinemann.
Heinemann: Sind Sie heute schon geschlagen worden?
Appelt: Nicht direkt. Ich bin ja auch unterwegs. Von daher geht's.
Heinemann: Warum nicht?
Appelt: Weil meine Frau ist nicht da.
Heinemann: Werden Sie bei Schach oder Skat oder handgreiflich geschlagen?
Appelt: Handgreiflich nicht. Das schreibt ja auch Dieter Nuhr in dem Vorwort. Meine Frau ist ja eher eine Pianistin. Sie hat einen feinen Anschlag auf dem Klavier. Mich schlägt sie weniger. Dieter Nuhr meint, "schade eigentlich".
Heinemann: Es gibt aber schon regelmäßig eins drüber?
Appelt: Ja. Man muss sich als Mann ja grundsätzlich geschlagen geben und Männer sind gut zu schlagen, weil sie haben ja auch keine Lobby. Frauen darf man nicht schlagen, Kinder darf man nicht schlagen, Ausländer darf man nicht schlagen, noch nicht einmal einen Baum darf man schlagen, ohne dass man eine Menschenkette am Hals hat. Aber bei Männern hat man so das Gefühl, es geht.
Heinemann: Zum Titel Ihres Programms. Warum muss man Männer schlagen?
Appelt: Das ist natürlich so ein Aufruf. Das klingt jetzt sehr kampffeministisch. Aber ich habe einfach so die Erkenntnisse der letzten Jahre quasi zusammengefasst. Es hat ja gar keinen Sinn, sich als Mann hinzustellen und zu sagen, "wir armen Männer", dass man jetzt sagt, "uns geht es schlecht, wir werden geschlagen". Dieses Gejammer nützt nichts, weil ich habe auch die Erfahrung gemacht, wenn ein Mann sich hinstellt und sagt, meine Frau schlägt mich, dann kriegt man von dem Kollegen gleich noch eins auf die Fresse. Es hat keinen Sinn. Deswegen sage ich, wir Männer müssen uns daran beteiligen, an der Zerstörung des männlichen Egos selbst mitzuarbeiten. Denn erst wenn der Mann zerstört auf dem Boden liegt, werden die Frauen als Trümmerfrauen aus den Ecken kommen und uns wieder aufbauen.
Heinemann: Verteidigung zwecklos?
Appelt: Das glaube ich sehr wohl. Es hat keinen Sinn, weil es ist lächerlich. Es gibt keinen Männerschutzbund. Neulich war Weltmännertag. Das hat einfach keinen interessiert. Muttertag ist ein wichtiger Tag. Da werden die Mütter geehrt. Vatertag – was machen die Jungs? Die gehen zum Saufen in den Wald, und da gehören sie hin.
Heinemann: Und Sie analysieren das aus kampffeministischem Ansatz heraus?
Appelt: Ja. Ich habe ja die ganzen Kampfbücher gelesen. Alice Schwarzer habe ich gelesen, habe jetzt auch neulich mitgekriegt, Schwarzer ist jetzt Präsident der Vereinigten Staaten. Fand ich auch sehr schön. Herzlichen Glückwunsch Alice. Schwarzer – in Wirklichkeit Obama. Aber jetzt hat er's nicht begriffen! – Herr Heinemann! – Ein Mann, gleich eine rein!
Heinemann: Alice Schwarzer wirbt neuerdings für die "Bildzeitung". Das heißt, auch die andere Seite hat inzwischen Federn gelassen.
Appelt: Ja, natürlich. Ich habe ja auch festgestellt, dass Alice Schwarzer sagt, auch Männer sind Menschen. Da muss ich natürlich vehement widersprechen. Das finde ich schon fast beleidigend.
Heinemann: Wieso?
Appelt: Männer sind eben eine zivilisatorische Katastrophe. Seien wir ganz ehrlich. Männer müssen erzogen werden. Sie stören in der Schule, sie stören im zivilen Ablauf und da muss man halt einfach gucken. Der Mann wird ja als Figur gar nicht mehr gebraucht und da muss der Mann halt eine neue Rolle finden. Das heißt, Frauen zivilisieren den Mann schon automatisch. Eine Frau wirkt immer etwas besser als der Mann. Sie wirkt so elfenartig, toll, emotional, verbal, moralisch überlegen. Das liegt aber eben daran, weil wir Männer so scheiße sind. Deswegen müssen wir uns anstrengen, den Frauen gerecht zu werden. Ich bin froh, dass es eine Charlotte Roche gibt, die jetzt quasi immer die Peinlichkeit der Frauen auch mal nach oben steigert, wo man halt merkt aha, die Frauen können es also auch. Man stelle sich vor, Ingo Appelt hätte das Buch "Feuchtgebiete" geschrieben. Ich hätte Ärger bekommen. Man hätte mich verprügelt wahrscheinlich, hätte mir die saure Gurke verliehen und mir wäre gar nichts anderes übrig geblieben als zu sagen, ich nehme den Preis nicht an.
Heinemann: Sie haben jetzt ein paar Beispiele schon genannt. Vom dummen Jungenstreich bis zu Hooligan, Amokläufern oder Neonazis – fast immer Männer. Wieso benehmen sich Männer so oft daneben?
Appelt: Sie sind halt auf Risiko getrimmt. Deswegen haben wir ja auch diese Bankenkrise beispielsweise. Das ist dieses Pokern, dieses "ich bin besser, ich kann mehr". Da wird natürlich alles hochgejubelt. Da wird einfach mit Risiko, Risiko, Risiko. Und jetzt haben wir die Bankenkrise, und wer muss es wieder gut machen? Die Bundesmutti, unsere Angela Merkel. Sie muss in die Haushaltskasse greifen, um die Spielschulden der Jungs zu bezahlen. Da sieht man es wieder.
Heinemann: Sie haben geschrieben, "der Verlust von Überlegenheitsgefühlen sei eine schmerzliche Erfahrung". Wo tut es denn weh?
Appelt: Überall. Die Kirchen haben uns ja immer gewarnt: wenn wir den Frauen das Lesen beibringen, ist es vorbei. Und so ist es auch gekommen! Die Frauen haben wir immer unterdrückt als Mann und das war natürlich eine böse, böse Lüge, weil wir immer geahnt haben, sie sind eigentlich besser als wir. Und da wir ja alte Konkurrenz-Hannesse sind, haben wir die Frauen immer verhindert. Und jetzt kommt die Rache, und die tut richtig weh!
Heinemann: Schon in der Schule schaffen die Mädchen die besseren Abschlüsse. Insofern haben Sie Recht. Die Mädchen oder die Frauen sind besser. Zu viele Jungs schauen in die Röhre, auch bildlich. "Selbst Schuld", könnte man jetzt sagen mit Charles Darwin.
Appelt: Das ist natürlich immer dieses "selbst Schuld". Ich meine, wir haben Frauenförderprogramme, aber es gibt keine Männerförderprogramme. Aber was willst du da auch Fördern? Man muss umerziehen. Ich habe selber neulich in Köln ein Hauptschulprojekt gemacht und ich kam in die Klasse und da waren die Mädchen weg. Und ich sage, was machen denn die Mädchen? – Die machen gerade Selbstbehauptungstraining. Die sitzen also da mit einer Gynäkologin und einer Psychologin und lernen, sich zu verteidigen, und die Jungs müssen Physik machen. Dieses Prinzip "der Mann ist selbst Schuld" ist natürlich einfach zu weit verbreitet. Die Frauen haben Selbstbehauptung, sie haben Selbstverwirklichung, sie haben Selbstbestätigung; Männer haben selbst Schuld und bestenfalls noch Selbstbefriedigung. Das ist natürlich auch schade.
Heinemann: Sollten Sie ein Männerförderprogramm leiten, was müssten die Inhalte sein?
Appelt: Bügeln, Kochen, sich anständig benehmen, sich quasi willfährig den Frauen als Opfer mal hinzuschmeißen und mal aufzuhören, immer der Bessere zu sein. Versuche mal klein zu sein, sich selber runtermachen, sich selber auf den Arm nehmen. Die Frauen sagen immer, der Mann soll stark sein, aber gebrochen. Das müssen wir bringen. Also das Grönemeyer-Prinzip. Der ist ja auch stark, aber jämmerlich.
Heinemann: Ingo Appelt, was ist in der Evolution schief gegangen?
Appelt: Die Evolution ist nicht schief gegangen. Wir haben viel erreicht als Mann und Frau. Das muss man ganz klar sehen. Aber die Steinzeit ist vorbei. Der Mann wird als Beschützer einfach nicht mehr gebraucht. Ich habe einen Bekannten; der hat in der Küche einen Spruch hängen. Der geht ungefähr so: Eine Welt ohne Männer, was wäre das? – Eine Welt ohne Krieg und lauter dicke glückliche Frauen. Das sagt eigentlich alles.
Heinemann: Ist der Mann der Verlierer der Geschichte? So versteht Ihr Kollege Dieter Nuhr jedenfalls Ihren Aufschrei.
Appelt: Ja, leider. Wie gesagt, die Umstände haben sich geändert. Wir leben in einer Zivilgesellschaft. Weibliche Bedürfnisse sind einfach Einkaufen gehen. Darum geht es. Der Mann als Beschützer, als aggressiver Krieger oder eben als sexualorientierter Besteiger wird einfach so in der Form nicht mehr gebraucht und da hat er jetzt einfach ein Problem.
Heinemann: Nun sind Sie gedanklich in die Küchen hineinmarschiert. Es gab Zeiten, zu denen bekam Gerhard Schröder zu Hause keine Currywurst. Gehört die Biodiktatur dazu?
Appelt: Die Biodiktatur ist auf jeden Fall da. Das weiß man. Die Frauen wollen ja immer ultimativ auf der richtigen Seite der Geschichte stehen. Sie sind immer die Pazifisten, sie sind immer die Klimaschützer und sie sind natürlich immer die überkorrekten Ernährer. Sie stehen am Samstag auf dem Biomarkt und kaufen Biogemüse, weil einfach nur gesund reicht nicht: Es muss gesund, gesund, 150.000prozentig, also eben Bio sein. Meine Frau ist genauso. Auf dem Grabstein wird wahrscheinlich irgendwann stehen, "sie ist tot, aber gesund".
Heinemann: Loriot hat sinngemäß gesagt, Komik setze Ordnung voraus, die durch die Komik in Frage oder auf den Kopf gestellt wird. Verstehen Sie sich als Komiker oder als Chronist einer aus den männlichen Fugen geratenen Welt?
Appelt: Herr Heinemann, wie darf ich das jetzt verstehen? Das klingt fast etwas intellektuell. Ich bin Hauptschüler!
Heinemann: Entschuldigung. Ich nehme alles zurück.
Appelt: Ich bin ein Mann. Hallo!
Heinemann: Trotzdem, versuchen Sie die Antwort.
Appelt: Loriot hat natürlich schon Recht, aber ich verstehe mich da eher als Chronist, als Begleiter auch. Ich möchte den Männern eigentlich nahebringen, dass sie eben verloren haben, aber es nicht so tragisch nehmen sollen. FC Köln ist auch in Ordnung. Es muss nicht immer Bayern München sein.
Heinemann: Aha.
Appelt: Ja. Ich habe eine gewisse Sympathie für Verlierer.
Heinemann: Verlierer? Moment: Platz 8.
Appelt: Wer ist Platz 8?
Heinemann: FC Köln.
Appelt: Na ja, gut. Aber mittlerweile. Dann nehmen wir das FC-Köln-Beispiel eben raus. – Aber Sie wissen doch was ich meine. Ich bin ja auch Mitglied der SPD und das sieht man ja auch im Moment, was da los ist. Bekämpfe nie die SPD, könnte Herr Koch sagen; warte, bis sie es selber tut. Und das ist auch schön.
Heinemann: Eine Frage, die Sie bestimmt verstehen werden. Die Schauspielerin Veronica Ferres wollte Ihnen einmal eine Ohrfeige verpassen, genau gesagt eine scheuern. Wir wissen nicht womit. Das hat sie jedenfalls der Zeitschrift "Stern" anvertraut. Wäre das für Sie die endgültige Bestätigung Ihrer Thesen?
Appelt: Natürlich und vor allen Dingen, dass eine Frau so was sagen darf, ohne dafür bestraft zu werden, das finde ich gut. Sie ist für Züchtigung. Das war jetzt gegen mich gerichtet, aber ich finde, ich hab's eben auch verdient. Man geht nicht zu einer großen Fernsehverleihung und sagt, Frau Ferres hätte mit Helmut Dietl geschlafen. Das darf man nicht sagen. Das klingt nach hochgebumst und da heißt es eben "auf die Schnauze".
Heinemann: Würden Sie, wenn der Schlag kommt, auch die andere Wange hinhalten?
Appelt: Ich würde mich wahrscheinlich umdrehen und die anderen Backen auch noch hinhalten, weil das macht dann auch schon wieder Spaß.
Heinemann: Aus Prinzip oder wegen Veronica Ferres?
Appelt: Aus Prinzip, aus einem männlichen Prinzip heraus. Männer mögen es, geschlagen zu werden. Wir haben das gesehen bei Max Mosley, diesem Formel-1-Bos, der sich dann ja auch sogar noch erwischen hat lassen, filmen hat lassen, wie ihm in netten Nazi-Kostümen bekleidete leichte Damen quasi ein paar hinten draufgehauen haben. Ich habe daran gemerkt, dass ich als Kind einen Fehler gemacht habe. Als meine Mutter mich immer schlagen wollte, habe ich geweint und gewimmert, "Mama, schlag mich nicht". Heute wäre ich schlau und würde sagen, "Mama, zieh Dir was anderes an, dann können wir darüber reden".
Heinemann: Der Comedy-Künstler Ingo Appelt in den "Informationen am Morgen" über sein neues Programm "Männer muss man schlagen". Herr Appelt, danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Appelt: Danke, Herr Heinemann.
Christoph Heinemann: "Frag nicht so dumm!" Wir haben in der Schule gelernt, es gibt keine dummen Fragen. Guten Morgen, Ingo Appelt.
Ingo Appelt: Einen wunderschönen guten Morgen, Herr Heinemann.
Heinemann: Sind Sie heute schon geschlagen worden?
Appelt: Nicht direkt. Ich bin ja auch unterwegs. Von daher geht's.
Heinemann: Warum nicht?
Appelt: Weil meine Frau ist nicht da.
Heinemann: Werden Sie bei Schach oder Skat oder handgreiflich geschlagen?
Appelt: Handgreiflich nicht. Das schreibt ja auch Dieter Nuhr in dem Vorwort. Meine Frau ist ja eher eine Pianistin. Sie hat einen feinen Anschlag auf dem Klavier. Mich schlägt sie weniger. Dieter Nuhr meint, "schade eigentlich".
Heinemann: Es gibt aber schon regelmäßig eins drüber?
Appelt: Ja. Man muss sich als Mann ja grundsätzlich geschlagen geben und Männer sind gut zu schlagen, weil sie haben ja auch keine Lobby. Frauen darf man nicht schlagen, Kinder darf man nicht schlagen, Ausländer darf man nicht schlagen, noch nicht einmal einen Baum darf man schlagen, ohne dass man eine Menschenkette am Hals hat. Aber bei Männern hat man so das Gefühl, es geht.
Heinemann: Zum Titel Ihres Programms. Warum muss man Männer schlagen?
Appelt: Das ist natürlich so ein Aufruf. Das klingt jetzt sehr kampffeministisch. Aber ich habe einfach so die Erkenntnisse der letzten Jahre quasi zusammengefasst. Es hat ja gar keinen Sinn, sich als Mann hinzustellen und zu sagen, "wir armen Männer", dass man jetzt sagt, "uns geht es schlecht, wir werden geschlagen". Dieses Gejammer nützt nichts, weil ich habe auch die Erfahrung gemacht, wenn ein Mann sich hinstellt und sagt, meine Frau schlägt mich, dann kriegt man von dem Kollegen gleich noch eins auf die Fresse. Es hat keinen Sinn. Deswegen sage ich, wir Männer müssen uns daran beteiligen, an der Zerstörung des männlichen Egos selbst mitzuarbeiten. Denn erst wenn der Mann zerstört auf dem Boden liegt, werden die Frauen als Trümmerfrauen aus den Ecken kommen und uns wieder aufbauen.
Heinemann: Verteidigung zwecklos?
Appelt: Das glaube ich sehr wohl. Es hat keinen Sinn, weil es ist lächerlich. Es gibt keinen Männerschutzbund. Neulich war Weltmännertag. Das hat einfach keinen interessiert. Muttertag ist ein wichtiger Tag. Da werden die Mütter geehrt. Vatertag – was machen die Jungs? Die gehen zum Saufen in den Wald, und da gehören sie hin.
Heinemann: Und Sie analysieren das aus kampffeministischem Ansatz heraus?
Appelt: Ja. Ich habe ja die ganzen Kampfbücher gelesen. Alice Schwarzer habe ich gelesen, habe jetzt auch neulich mitgekriegt, Schwarzer ist jetzt Präsident der Vereinigten Staaten. Fand ich auch sehr schön. Herzlichen Glückwunsch Alice. Schwarzer – in Wirklichkeit Obama. Aber jetzt hat er's nicht begriffen! – Herr Heinemann! – Ein Mann, gleich eine rein!
Heinemann: Alice Schwarzer wirbt neuerdings für die "Bildzeitung". Das heißt, auch die andere Seite hat inzwischen Federn gelassen.
Appelt: Ja, natürlich. Ich habe ja auch festgestellt, dass Alice Schwarzer sagt, auch Männer sind Menschen. Da muss ich natürlich vehement widersprechen. Das finde ich schon fast beleidigend.
Heinemann: Wieso?
Appelt: Männer sind eben eine zivilisatorische Katastrophe. Seien wir ganz ehrlich. Männer müssen erzogen werden. Sie stören in der Schule, sie stören im zivilen Ablauf und da muss man halt einfach gucken. Der Mann wird ja als Figur gar nicht mehr gebraucht und da muss der Mann halt eine neue Rolle finden. Das heißt, Frauen zivilisieren den Mann schon automatisch. Eine Frau wirkt immer etwas besser als der Mann. Sie wirkt so elfenartig, toll, emotional, verbal, moralisch überlegen. Das liegt aber eben daran, weil wir Männer so scheiße sind. Deswegen müssen wir uns anstrengen, den Frauen gerecht zu werden. Ich bin froh, dass es eine Charlotte Roche gibt, die jetzt quasi immer die Peinlichkeit der Frauen auch mal nach oben steigert, wo man halt merkt aha, die Frauen können es also auch. Man stelle sich vor, Ingo Appelt hätte das Buch "Feuchtgebiete" geschrieben. Ich hätte Ärger bekommen. Man hätte mich verprügelt wahrscheinlich, hätte mir die saure Gurke verliehen und mir wäre gar nichts anderes übrig geblieben als zu sagen, ich nehme den Preis nicht an.
Heinemann: Sie haben jetzt ein paar Beispiele schon genannt. Vom dummen Jungenstreich bis zu Hooligan, Amokläufern oder Neonazis – fast immer Männer. Wieso benehmen sich Männer so oft daneben?
Appelt: Sie sind halt auf Risiko getrimmt. Deswegen haben wir ja auch diese Bankenkrise beispielsweise. Das ist dieses Pokern, dieses "ich bin besser, ich kann mehr". Da wird natürlich alles hochgejubelt. Da wird einfach mit Risiko, Risiko, Risiko. Und jetzt haben wir die Bankenkrise, und wer muss es wieder gut machen? Die Bundesmutti, unsere Angela Merkel. Sie muss in die Haushaltskasse greifen, um die Spielschulden der Jungs zu bezahlen. Da sieht man es wieder.
Heinemann: Sie haben geschrieben, "der Verlust von Überlegenheitsgefühlen sei eine schmerzliche Erfahrung". Wo tut es denn weh?
Appelt: Überall. Die Kirchen haben uns ja immer gewarnt: wenn wir den Frauen das Lesen beibringen, ist es vorbei. Und so ist es auch gekommen! Die Frauen haben wir immer unterdrückt als Mann und das war natürlich eine böse, böse Lüge, weil wir immer geahnt haben, sie sind eigentlich besser als wir. Und da wir ja alte Konkurrenz-Hannesse sind, haben wir die Frauen immer verhindert. Und jetzt kommt die Rache, und die tut richtig weh!
Heinemann: Schon in der Schule schaffen die Mädchen die besseren Abschlüsse. Insofern haben Sie Recht. Die Mädchen oder die Frauen sind besser. Zu viele Jungs schauen in die Röhre, auch bildlich. "Selbst Schuld", könnte man jetzt sagen mit Charles Darwin.
Appelt: Das ist natürlich immer dieses "selbst Schuld". Ich meine, wir haben Frauenförderprogramme, aber es gibt keine Männerförderprogramme. Aber was willst du da auch Fördern? Man muss umerziehen. Ich habe selber neulich in Köln ein Hauptschulprojekt gemacht und ich kam in die Klasse und da waren die Mädchen weg. Und ich sage, was machen denn die Mädchen? – Die machen gerade Selbstbehauptungstraining. Die sitzen also da mit einer Gynäkologin und einer Psychologin und lernen, sich zu verteidigen, und die Jungs müssen Physik machen. Dieses Prinzip "der Mann ist selbst Schuld" ist natürlich einfach zu weit verbreitet. Die Frauen haben Selbstbehauptung, sie haben Selbstverwirklichung, sie haben Selbstbestätigung; Männer haben selbst Schuld und bestenfalls noch Selbstbefriedigung. Das ist natürlich auch schade.
Heinemann: Sollten Sie ein Männerförderprogramm leiten, was müssten die Inhalte sein?
Appelt: Bügeln, Kochen, sich anständig benehmen, sich quasi willfährig den Frauen als Opfer mal hinzuschmeißen und mal aufzuhören, immer der Bessere zu sein. Versuche mal klein zu sein, sich selber runtermachen, sich selber auf den Arm nehmen. Die Frauen sagen immer, der Mann soll stark sein, aber gebrochen. Das müssen wir bringen. Also das Grönemeyer-Prinzip. Der ist ja auch stark, aber jämmerlich.
Heinemann: Ingo Appelt, was ist in der Evolution schief gegangen?
Appelt: Die Evolution ist nicht schief gegangen. Wir haben viel erreicht als Mann und Frau. Das muss man ganz klar sehen. Aber die Steinzeit ist vorbei. Der Mann wird als Beschützer einfach nicht mehr gebraucht. Ich habe einen Bekannten; der hat in der Küche einen Spruch hängen. Der geht ungefähr so: Eine Welt ohne Männer, was wäre das? – Eine Welt ohne Krieg und lauter dicke glückliche Frauen. Das sagt eigentlich alles.
Heinemann: Ist der Mann der Verlierer der Geschichte? So versteht Ihr Kollege Dieter Nuhr jedenfalls Ihren Aufschrei.
Appelt: Ja, leider. Wie gesagt, die Umstände haben sich geändert. Wir leben in einer Zivilgesellschaft. Weibliche Bedürfnisse sind einfach Einkaufen gehen. Darum geht es. Der Mann als Beschützer, als aggressiver Krieger oder eben als sexualorientierter Besteiger wird einfach so in der Form nicht mehr gebraucht und da hat er jetzt einfach ein Problem.
Heinemann: Nun sind Sie gedanklich in die Küchen hineinmarschiert. Es gab Zeiten, zu denen bekam Gerhard Schröder zu Hause keine Currywurst. Gehört die Biodiktatur dazu?
Appelt: Die Biodiktatur ist auf jeden Fall da. Das weiß man. Die Frauen wollen ja immer ultimativ auf der richtigen Seite der Geschichte stehen. Sie sind immer die Pazifisten, sie sind immer die Klimaschützer und sie sind natürlich immer die überkorrekten Ernährer. Sie stehen am Samstag auf dem Biomarkt und kaufen Biogemüse, weil einfach nur gesund reicht nicht: Es muss gesund, gesund, 150.000prozentig, also eben Bio sein. Meine Frau ist genauso. Auf dem Grabstein wird wahrscheinlich irgendwann stehen, "sie ist tot, aber gesund".
Heinemann: Loriot hat sinngemäß gesagt, Komik setze Ordnung voraus, die durch die Komik in Frage oder auf den Kopf gestellt wird. Verstehen Sie sich als Komiker oder als Chronist einer aus den männlichen Fugen geratenen Welt?
Appelt: Herr Heinemann, wie darf ich das jetzt verstehen? Das klingt fast etwas intellektuell. Ich bin Hauptschüler!
Heinemann: Entschuldigung. Ich nehme alles zurück.
Appelt: Ich bin ein Mann. Hallo!
Heinemann: Trotzdem, versuchen Sie die Antwort.
Appelt: Loriot hat natürlich schon Recht, aber ich verstehe mich da eher als Chronist, als Begleiter auch. Ich möchte den Männern eigentlich nahebringen, dass sie eben verloren haben, aber es nicht so tragisch nehmen sollen. FC Köln ist auch in Ordnung. Es muss nicht immer Bayern München sein.
Heinemann: Aha.
Appelt: Ja. Ich habe eine gewisse Sympathie für Verlierer.
Heinemann: Verlierer? Moment: Platz 8.
Appelt: Wer ist Platz 8?
Heinemann: FC Köln.
Appelt: Na ja, gut. Aber mittlerweile. Dann nehmen wir das FC-Köln-Beispiel eben raus. – Aber Sie wissen doch was ich meine. Ich bin ja auch Mitglied der SPD und das sieht man ja auch im Moment, was da los ist. Bekämpfe nie die SPD, könnte Herr Koch sagen; warte, bis sie es selber tut. Und das ist auch schön.
Heinemann: Eine Frage, die Sie bestimmt verstehen werden. Die Schauspielerin Veronica Ferres wollte Ihnen einmal eine Ohrfeige verpassen, genau gesagt eine scheuern. Wir wissen nicht womit. Das hat sie jedenfalls der Zeitschrift "Stern" anvertraut. Wäre das für Sie die endgültige Bestätigung Ihrer Thesen?
Appelt: Natürlich und vor allen Dingen, dass eine Frau so was sagen darf, ohne dafür bestraft zu werden, das finde ich gut. Sie ist für Züchtigung. Das war jetzt gegen mich gerichtet, aber ich finde, ich hab's eben auch verdient. Man geht nicht zu einer großen Fernsehverleihung und sagt, Frau Ferres hätte mit Helmut Dietl geschlafen. Das darf man nicht sagen. Das klingt nach hochgebumst und da heißt es eben "auf die Schnauze".
Heinemann: Würden Sie, wenn der Schlag kommt, auch die andere Wange hinhalten?
Appelt: Ich würde mich wahrscheinlich umdrehen und die anderen Backen auch noch hinhalten, weil das macht dann auch schon wieder Spaß.
Heinemann: Aus Prinzip oder wegen Veronica Ferres?
Appelt: Aus Prinzip, aus einem männlichen Prinzip heraus. Männer mögen es, geschlagen zu werden. Wir haben das gesehen bei Max Mosley, diesem Formel-1-Bos, der sich dann ja auch sogar noch erwischen hat lassen, filmen hat lassen, wie ihm in netten Nazi-Kostümen bekleidete leichte Damen quasi ein paar hinten draufgehauen haben. Ich habe daran gemerkt, dass ich als Kind einen Fehler gemacht habe. Als meine Mutter mich immer schlagen wollte, habe ich geweint und gewimmert, "Mama, schlag mich nicht". Heute wäre ich schlau und würde sagen, "Mama, zieh Dir was anderes an, dann können wir darüber reden".
Heinemann: Der Comedy-Künstler Ingo Appelt in den "Informationen am Morgen" über sein neues Programm "Männer muss man schlagen". Herr Appelt, danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Appelt: Danke, Herr Heinemann.