Wer einen Beipackzettel in die Hand nimmt, findet viele Hinweise zu Nebenwirkungen und Risiken, die vom jeweiligen Präparat ausgehen können. Streng genommen gelten die meisten dieser Empfehlungen für Männer, weil die Wirkstoffe vor allem mit männlichen Versuchspersonen getestet wurden. Der typische Studienteilnehmer ist männlich, zwischen 20 und 40 Jahre alt und wiegt 75 Kilogramm; dementsprechend ist der Beipackzettel auf diese Personengruppe zugeschnitten.
Dieses ist geschehen nach den Erfahrungen mit Contergan, um eben die Frauen zu schützen, weil wir ja gerade bei neuen Arzneistoffen nicht wissen, ob sie potentiell gefährlich für das ungeborene Kind sind, und prinzipiell natürlich jede junge Frau auch im Rahmen einer klinischen Studie mal schwanger werden könnte.
Seit Jahren beschäftigt sich Prof. Petra Thürmann - klinische Pharmakologin der Universität Witten-Herdecke - mit der geschlechtsspezifischen Wirkung von Medikamenten - insbesondere mit Blick auf die Frauen. Wissenschaftlicher Befund: Frauen reagieren durchweg anders auf Medikamente als Männer.
Manche Medikamente, die zur Malariaprophylaxe eingenommen werden, machen erhebliche Symptome wie Schwindel bis hin zu Halluzinationen, und das tritt erstaunlicher Weise bei Frauen viel häufiger auf – unabhängig von der Dosis und vom Blutspiegel.
Gründe für die unterschiedlichen Reaktionen der Frauen sind vielfältiger Natur. Da ist zum einen der größere Anteil von Fettgewebe bei Frauen. Fettlösliche Präparate verbleiben bei den Patientinnen deshalb länger im Körper – entsprechend länger leiden sie unter möglichen Nebenwirkungen. Ein weiteres Beispiel:
Metropolol ist ein sogenannter Betablocker, der viel bei Patienten mit Bluthochdruck, mit Herzmuskelschwäche, aber auch bei Migräne eingesetzt wird. Wir wissen aus neueren Untersuchungen, dass dieser Wirkstoff bei Frauen etwa halb so langsam verstoffwechselt und abgebaut wird wie bei Männern. Und das Ganze halbiert sich noch einmal, wenn die Frauen orale Kontrazeptiva, also die Pille einnehmen.
Sogar Acetylsalizylsäure – der Wirkstoff u.a. im Aspirin – wird bei Einnahme der Pille nur halb so schnell abgebaut. Entsprechende Hinweise fehlen jedoch auf den Beipackzetteln. Doch auch die Männer werden durch den Medizinbetrieb nicht optimal versorgt. Da fehlt zum Beispiel immer noch der Facharzt für Andrologie – als Ansprechpartner für männliche Patienten – vergleichbar mit der Gynäkologie für die Frau. Männer – so Prof. Ulrich Langenbeck – Humangenetiker im Universitätsklinikum Frankfurt - leiden viel häufiger an genetisch bedingten Erkrankungen, weil sie zwei verschiedene Chromosomen im Erbgut haben: X und Y.
Es gibt darüber mehrere Hypothesen, auch aktuelle Hypothesen, dass auf dem X-Chromosom besonders viele Erbanlangen sitzen, die etwas mit Intelligenz zu tun haben. Viele Gene, die im Gehirn eine wesentliche Funktion haben, auf dem X-Chromosom codiert sind. Und das führt dazu, dass natürlich eine Frau, die eine Mutation in einem dieser Gene hat, diesen Defekt mit einem entsprechenden Gen auf dem anderen X-Chromosom kompensieren kann, während der Mann diese Chance nicht hat und das führt dazu, dass wesentlich mehr Männer als Frauen geistig behindert sind.
Der Mann ist zweifellos die genetisch schlechtere Ausgabe der Gattung Mensch – so das Urteil des Humangenetikers. Dass Frauen heute statistisch sieben Jahre länger leben als Männer, und die Schere der Lebenserwartung auch in Zukunft weiter auseinander klaffen wird, das kann mit den Genen allein allerdings nicht erklärt werden, meint Prof. Elmar Brähler, Medizinsoziologe der Universität Leipzig:
Warum die Männer sieben Jahre früher sterben, dafür gibt es hausgemachte Ursachen. Sie trinken mehr, sie rauchen mehr, sie essen mehr heiß und fettig, essen also weniger Obst und Gemüse, und sie machen weniger Vorsorgeuntersuchungen, wo klar wird, dass Männer früher sterben.
Männer leiden vor allem unter einem "Unversehrbarkeitsgefühl", urteilt Dr. Werner Gehring – Antiaging-Mediziner aus Bad Münder. Sie leben unter dem Trugschluss, generell gesund zu bleiben, und achten deshalb nur wenig auf Vorsorge:
Frauen haben eine andere Ebene, wie sie sich selber kommunizieren. Dadurch sind sie einfacher erreichbar. Für die Frau bedeutet Wohlbefinden das Primäre. Das ist der große Unterschied zum Mann. Der Mann kennt das Wort "Wohlbefinden" gar nicht, er denkt über Wohlbefinden erst dann nach, wenn er bereits krank ist. Und da bei einer Frau sichtbar Alterung ab dem 30. Lebensjahr beginnt, beginnt natürlich auch das Nachdenken über Alterungsprozesse. Das nimmt ein Mann gar nicht wahr. Ein Mann nimmt Altern wahr, nach dem Herzinfarkt oder nach der ersten Erektionsstörung.
Mehr zu den Unterschieden von Mann und Frau - medizinisch gesehen - erfahren Sie am Ostersonntag und Ostermontag in Forschung aktuell, Wissenschaft im Brennpunkt, jeweils um 16 Uhr 30 im Deutschlandfunk.
Beitrag als Real-Audio
030415-maennlich-weiblich.ram
Dieses ist geschehen nach den Erfahrungen mit Contergan, um eben die Frauen zu schützen, weil wir ja gerade bei neuen Arzneistoffen nicht wissen, ob sie potentiell gefährlich für das ungeborene Kind sind, und prinzipiell natürlich jede junge Frau auch im Rahmen einer klinischen Studie mal schwanger werden könnte.
Seit Jahren beschäftigt sich Prof. Petra Thürmann - klinische Pharmakologin der Universität Witten-Herdecke - mit der geschlechtsspezifischen Wirkung von Medikamenten - insbesondere mit Blick auf die Frauen. Wissenschaftlicher Befund: Frauen reagieren durchweg anders auf Medikamente als Männer.
Manche Medikamente, die zur Malariaprophylaxe eingenommen werden, machen erhebliche Symptome wie Schwindel bis hin zu Halluzinationen, und das tritt erstaunlicher Weise bei Frauen viel häufiger auf – unabhängig von der Dosis und vom Blutspiegel.
Gründe für die unterschiedlichen Reaktionen der Frauen sind vielfältiger Natur. Da ist zum einen der größere Anteil von Fettgewebe bei Frauen. Fettlösliche Präparate verbleiben bei den Patientinnen deshalb länger im Körper – entsprechend länger leiden sie unter möglichen Nebenwirkungen. Ein weiteres Beispiel:
Metropolol ist ein sogenannter Betablocker, der viel bei Patienten mit Bluthochdruck, mit Herzmuskelschwäche, aber auch bei Migräne eingesetzt wird. Wir wissen aus neueren Untersuchungen, dass dieser Wirkstoff bei Frauen etwa halb so langsam verstoffwechselt und abgebaut wird wie bei Männern. Und das Ganze halbiert sich noch einmal, wenn die Frauen orale Kontrazeptiva, also die Pille einnehmen.
Sogar Acetylsalizylsäure – der Wirkstoff u.a. im Aspirin – wird bei Einnahme der Pille nur halb so schnell abgebaut. Entsprechende Hinweise fehlen jedoch auf den Beipackzetteln. Doch auch die Männer werden durch den Medizinbetrieb nicht optimal versorgt. Da fehlt zum Beispiel immer noch der Facharzt für Andrologie – als Ansprechpartner für männliche Patienten – vergleichbar mit der Gynäkologie für die Frau. Männer – so Prof. Ulrich Langenbeck – Humangenetiker im Universitätsklinikum Frankfurt - leiden viel häufiger an genetisch bedingten Erkrankungen, weil sie zwei verschiedene Chromosomen im Erbgut haben: X und Y.
Es gibt darüber mehrere Hypothesen, auch aktuelle Hypothesen, dass auf dem X-Chromosom besonders viele Erbanlangen sitzen, die etwas mit Intelligenz zu tun haben. Viele Gene, die im Gehirn eine wesentliche Funktion haben, auf dem X-Chromosom codiert sind. Und das führt dazu, dass natürlich eine Frau, die eine Mutation in einem dieser Gene hat, diesen Defekt mit einem entsprechenden Gen auf dem anderen X-Chromosom kompensieren kann, während der Mann diese Chance nicht hat und das führt dazu, dass wesentlich mehr Männer als Frauen geistig behindert sind.
Der Mann ist zweifellos die genetisch schlechtere Ausgabe der Gattung Mensch – so das Urteil des Humangenetikers. Dass Frauen heute statistisch sieben Jahre länger leben als Männer, und die Schere der Lebenserwartung auch in Zukunft weiter auseinander klaffen wird, das kann mit den Genen allein allerdings nicht erklärt werden, meint Prof. Elmar Brähler, Medizinsoziologe der Universität Leipzig:
Warum die Männer sieben Jahre früher sterben, dafür gibt es hausgemachte Ursachen. Sie trinken mehr, sie rauchen mehr, sie essen mehr heiß und fettig, essen also weniger Obst und Gemüse, und sie machen weniger Vorsorgeuntersuchungen, wo klar wird, dass Männer früher sterben.
Männer leiden vor allem unter einem "Unversehrbarkeitsgefühl", urteilt Dr. Werner Gehring – Antiaging-Mediziner aus Bad Münder. Sie leben unter dem Trugschluss, generell gesund zu bleiben, und achten deshalb nur wenig auf Vorsorge:
Frauen haben eine andere Ebene, wie sie sich selber kommunizieren. Dadurch sind sie einfacher erreichbar. Für die Frau bedeutet Wohlbefinden das Primäre. Das ist der große Unterschied zum Mann. Der Mann kennt das Wort "Wohlbefinden" gar nicht, er denkt über Wohlbefinden erst dann nach, wenn er bereits krank ist. Und da bei einer Frau sichtbar Alterung ab dem 30. Lebensjahr beginnt, beginnt natürlich auch das Nachdenken über Alterungsprozesse. Das nimmt ein Mann gar nicht wahr. Ein Mann nimmt Altern wahr, nach dem Herzinfarkt oder nach der ersten Erektionsstörung.
Mehr zu den Unterschieden von Mann und Frau - medizinisch gesehen - erfahren Sie am Ostersonntag und Ostermontag in Forschung aktuell, Wissenschaft im Brennpunkt, jeweils um 16 Uhr 30 im Deutschlandfunk.
Beitrag als Real-Audio
030415-maennlich-weiblich.ram