
Für den Arzt Gabriel Nunez sind die Bakterien des Mikrobioms die wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen Darminfektionen. Die Billionen Bakterien, die im Magen-Darm-Trakt jedes gesunden Menschen leben, sind schlagkräftige Verteidiger.
"Die Bakterien können uns resistent gegen die Besiedlung von Krankheitserregern machen, die wir mit der Nahrung oder mit dem Trinkwasser aufnehmen. Das ist ein ganz grundlegender Verteidigungsmechanismus. Wenn man bei Mäusen die Darmflora mit Antibiotika zerstört, werden sie sehr anfällig für Infektionen und dann kann schon eine kleine Dosis bestimmter Keime eine Maus töten."
Deshalb will Gabriel Nunez mit seiner Forschungsgruppe herausfinden, welche Faktoren für den Erfolg der mikrobiellen Schutztruppen entscheidend sind.
"Wir konzentrieren uns auf die Frage, wie die Bakterien des Mikrobioms die Krankheitserreger zurückdrängen können. Auf welcher Basis läuft dieser Konkurrenzkampf ab? Konkurrieren sie um Nährstoffe oder geht es um bestimmte räumliche Nischen?"
Zu Beginn haben die Eindringlinge die Oberhand
Das untersuchen Gabriel Nunez und seine Kollegen an Mäusen, die mit dem Darmkeim Citrobacter rodentium infiziert sind. An diesem Modell können die Wissenschaftler verfolgen, wie sich das Gleichgewicht zwischen den Bakterien der Darmflora und den Krankheitserregern im Verlauf der Infektion verschiebt. Zu Beginn haben die Eindringlinge die Oberhand, doch nach einer Weile lassen ihre Kräfte nach. Das könnte unter anderem daran liegen, dass die Verteidiger dafür sorgen, dass den Angreifern die Nahrung ausgeht.
"Wir verstehen das noch nicht besonders gut, aber unsere bisherige Arbeit zeigt, dass sie um bestimmte Zuckerarten konkurrieren, die für die Bakterien eine wesentliche Nahrungsgrundlage sind."
Dabei geht es nicht um irgendeinen Zucker, sondern um ganz bestimmte Arten, sogenannte Einfachzucker wie Glucose oder Fructose. Diese Stoffe sind die beste Energiequelle für die Bakterien, weil Einfachzucker nicht erst weiter zerlegt werden müssen, bevor sie im Stoffwechsel genutzt werden können.
Bisherige Ansätze zur Behandlung von Darminfektionen zielen darauf ab, einen Krankheitserreger mithilfe anderer Bakterien zu bekämpfen, die zu diesem Zweck von außen zugeführt werden. Das Wissen um die genaue biochemische Basis des Konkurrenzkampfes zwischen rivalisierenden Arten könnte die Behandlung aber noch effektiver machen, glaubt Gabriel Nunez.
"Zum jetzigen Zeitpunkt würde man einen Krankheitserreger noch mit seinem direkten Konkurrenten bekämpfen. Wahrscheinlich müssen wir das aber auch mit einer speziellen Ernährung verbinden, die die Situation zu Ungunsten des Eindringlings verschiebt. Wir müssen geschickt genug sein und die entsprechende Ernährung und den jeweiligen Konkurrenten auf die wirkungsvollste Art kombinieren."