Freitag, 19. April 2024

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Maker Faire
Technik selber gestalten, statt konsumieren

Selbstgebaute, feuerspeiende Fahrzeuge und selbstgelötete Leuchtkörper ziehen in den USA inzwischen hunderttausende Besucher an. Auch in Deutschland wächst die Begeisterung für die sogenannte Maker-Szene. In Hannover fand zum dritten Mal die Maker Faire statt, auf der es auch um eine spielerische Herangehensweise an Wissenschaft und Technik in Schulen ging.

Von Friederike Maier | 11.06.2015
    "Also gelb ist der Minuspol gewesen und schwarz hast du als Pin 13 definiert. Warte muss man nicht mit dem Knopf noch das hier abmachen?"
    Hier entsteht eine Roboterkatze. Die hat einen Körper aus Papier und zwei LED-Augen, die zum Blinken gebracht werden sollen. Stefania Druga leitet den Workshop. Sie hat das Erfinderlabor HacKIDemia gegründet und organisiert weltweit Technik-Workshops für Kinder.
    "Es gibt eine Menge Studien, die zeigen, dass Kinder besser lernen und sich das Gelernte auch besser merken können, wenn sie erst mal was Praktisches selber machen und die Theorie im Anschluss lernen. Dann verstehen sie - achso - darum geht das Licht an, wenn ich die Batterie anschließe."
    Bastelprojekte und Unterricht
    Außerdem arbeiten sie bei HacKIDemia daran, Unterrichtsmaterialien zu erstellen. Damit könnten Lehrer die kreativen Bastelprojekte einfacher in den Unterricht integrieren meint Stefania Druga. Das Interesse sei groß, die Integration in den regulären Unterricht allerdings kompliziert.
    In vielen Schulen gibt es AGs, in denen mit Technik gebastelt wird. Aleksandra Walasek ist Mathematik- und Geschichtslehrerin an der hannoverschen IGS Mühlenberg und betreut dort eine Robotik AG.
    "Es geht schon darum, den Kindern nicht einfach nur zu sagen, wie der Computer funktioniert, sondern dass man selber einen Computer bauen kann oder dass man selber einen Roboter bauen kann. Also dass sind Dinge, die wir wollen. Dass sie so eine Vorstellung bekommen, was man damit machen kann. Und dass sie vielleicht später einen Beruf wählen, der in diese Richtung geht. Und diese Vorstellung kann man halt nicht durch Theorie lernen, dass muss man selber machen."
    Paskal betreut einen kleinen, fahrenden Roboter, der ab und zu noch gegen eine Pappwand stößt. Er nimmt an der Robotik AG teil und hat den Linienfolgeroboter programmiert.
    "Der hat am Unterteil einen Sensor und der guckt dann nach Linien am Boden und wenn er welche findet, dann folgt er denen."
    Minirechner beliebt in der Maker-Szene
    Ein beliebtes Gerät in der Maker-Szene ist der Raspberry Pi. Der Minirechner hat in etwa die Größe einer Kreditkarte und ist je nach Version schon ab 20 Euro zu haben. Er wurde von der britischen Raspberry-Pi-Stiftung mit dem Ziel entwickelt jungen Menschen den Erwerb von Programmier- und Hardwarekenntnissen zu erleichtern. Tobias Hübner hat am Sankt Georgs Gymnasium in Bocholt eine Raspberry-Pi-AG gegründet. Dabei ist er nicht etwa Informatiklehrer, er unterrichtet normalerweise katholische Religion und Deutsch. Er findet aber, dass Computerkenntnisse heute zum Allgemeinwissen gehören.
    "Grade dieser Raspberry Pi bietet eben auch die Möglichkeit so elektronische Geräte anzuschließen, einfache Knöpfe, die man aus alten Elektrogeräten hat kann man daran anschließen und kann dann so sein eigenes Projekt realisieren für wenig Geld, dass man dann eben auch mit nach Hause nehmen kann."
    Ein wenig neidisch blickt Tobias Hübner dabei nach Großbritannien. Während er die ersten Raspberry Pis aus eigener Tasche bezahlt hat, sollen dort ab Herbst eine Million kleine Computer an Schüler verteilt werden. In Großbritannien lernen die Schüler von der ersten bis zur letzten Klasse, wie Computer funktionieren und wie man sie programmiert.
    Informatikunterricht in Deutschland
    In Deutschland besteht der Informatikunterricht dagegen teilweise noch aus dem Erlernen von Textverarbeitungsprogrammen. Einen tieferen Einstieg in die digitale Welt gibt es oft nur, wenn einzelne Lehrer AGs anbieten, freiwillig, am Nachmittag.
    "Was dahinter steht ist Schülern zu zeigen, wie Computer funktionieren, wie das Internet funktioniert und sie eigentlich dazu zu ermächtigen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen im digitalen Zeitalter. Und dafür muss man solche Dinge eben wissen. Also dass man nicht nur Anwender ist, sondern selber auch, zumindest ansatzweise, den Computer für seine Zwecke nutzen kann und nicht darauf angewiesen ist, dass andere Leute einem die Dinge vorsetzen, die man dann zu nutzen hat."
    Die Lehrmaterialien, die er dazu entwickelt hat stellt er im Internet zur Verfügung. Hübner hat inzwischen auch mehrere Bücher und eine DVD mit Videoanleitungen veröffentlicht. Denn ein wichtiger Aspekt der Maker-Szene ist: das Weitergeben von Wissen.