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Makkabi-Spiele
Ein modernes Bild des Judentums vermitteln

Am Dienstag beginnt mit den Makkabi-Spielen die größte jüdische Veranstaltung Europas auf dem Berliner Olympia-Gelände - dort, wo Hitler 1936 die Juden ausgeschlossen hat. Der jüdische Sport erinnert - aber will auch frische Facetten des Judentums zeigen.

Von Ronny Blaschke | 26.07.2015
    Am Dienstagabend wird Bundespräsident Gauck in der Berliner Waldbühne die größte jüdische Veranstaltung Europas eröffnen: die Europäischen Makkabi-Spiele. 2.300 jüdische Athleten aus 36 Ländern werden ihre Wettbewerbe auf dem Olympia-Gelände bestreiten, wo Hitler 1936 Juden ausgeschlossen hat. Was ist schon jetzt in der Berlin von Makkabi zu spüren?
    Wer den Hauptbahnhof Richtung Reichstag verlässt, stößt auf 17 Skulpturen. Sie erinnern an herausragende deutsch-jüdische Sportler, die im Dritten Reich verfolgt und ermordet wurden. Touristen informieren sich über den Fußballer Julius Hirsch oder den Turner Alfred Flatow. Während der Eröffnung der Ausstellung sprach auch Monika Grütters, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Sie erklärte, warum die Ausstellung auf den Vorplatz des Berliner Hauptbahnhofs gehört:
    "Wo sie auch mal stört oder verstört, ein Stolperstein ist, dann aber auch große Begeisterung auslöst. Weil man sich mit Sportstars natürlich auch sehr schnell identifizieren kann, weil sie zu Idolen werden. Weil man dankbar ist, weil man an ihnen erlebt, wie man auch gemeinsam stolz sein kann auf eine Leistung."
    Erinnern und Vorausschauen
    Zwischen Gedenken und Gegenwart: In diesem Spannungsfeld zeigt der jüdische Sport nun viele Facetten. Am Dienstag werden die jüngeren Athleten die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen besuchen. Danach gibt es eine Gedenkzeremonie auf dem Maifeld im Olympiapark. Doch ab der Eröffnungsfeier wollen die Sportler nach vorn schauen.
    Das Organisationsteam setzt auf dynamische Ausdrucksformen, in Werbeclips und sozialen Medien. Monate lang hatten Wirtschaft und Medien kaum Interesse gezeigt – seit dem Ende der Fußballsaison ist das anders. In der Stadt hängen Plakate, darauf werden Wettkampf-Motive mit jiddischen Begriffen verknüpft: Mischpoke oder Meschugge. Die Organisatoren wollen zeigen, wie selbstverständlich jüdisches Leben ist. Dafür möchten sie ins Guinness-Buch der Rekorde: mit dem größten Kabbalat Schabbat der Geschichte, dem feierlichen Beginn des jüdischen Ruhetages. Mehr als 2.300 Gäste werden dafür erwartet. Der 25 Jahre alte Alexander Iskin aus Berlin wird bei den Spielen im Tischtennis starten. Iskin möchte nicht mehr auf die Opferrolle reduziert werden.
    "Ich finde die Plakate, die überall in Berlin verteilt sind, total lustig. Und freue mich, dass ein frisches neues Bild des Judentums in Berlin präsentiert wird. Und die Bedeutung der Vergangenheit oder die Schwere der Vergangenheit vielleicht für einige Wochen erstmal außer Kraft gesetzt wird."
    Keine Öffnung der Spiele für Nichtjuden
    Die jüdischen Institutionen haben ihr Programm erweitert, mit Symposien, Ausstellungen, Konzerten. Doch in nicht-jüdischen Organisationen des Berliner Politik-Betriebs sind selten Hinweise zu finden. Auch deshalb gehen die Organisatoren in die Offensive: Sie hätten die Wettbewerbe gern für Nicht-Juden geöffnet, doch das untersagt der Europäische Makkabi-Verband. Es wird andere Begegnungen geben: Die Makkabi-Fußballer spielen in einem Freundschaftsspiel gegen ehemalige Nationalspieler, die Basketballer treffen auf Alba Berlin. Bei allen Wettbewerben steht die Sicherheit im Fokus.
    Zur Eröffnungsfeier hat sich auch Silvan Schalom angekündigt, der stellvertretende Premierminister Israels. Die Berliner Polizei verrät wie üblich wenig über ihre Sicherheitsvorkehrungen. Hunderte Polizisten werden im Einsatz sein, dazu auch Hundestaffeln, berichtet die Deutschen Presse-Agentur. Makkabi selbst ist mit privaten Sicherheitskräften vertreten. Doch Alon Meyer, der Präsident von Makkabi Deutschland, sieht keine besondere Gefahrensituation.
    Sicherheitsvorkehrungen als jüdische Einrichtung und Sport-Großveranstaltung
    "Natürlich sind wir in intensiven Gesprächen. Klar, wir haben zum einen eine Sportveranstaltung. Per se jede große Sportveranstaltung wird abgesichert, vielleicht heutzutage noch einmal zusätzlich abgesichert. Per se wird jede jüdische Institution leider, muss ich sagen, in Deutschland noch einmal zusätzlich abgesichert. Und jetzt haben wir die Kombination aus beidem. Eine jüdische Veranstaltung und es ist eine Sport-Großveranstaltung. Klar, aber die entsprechenden Behörden und Institutionen setzen sich zusammen, um das Bestmögliche zu geben. Ich bin sicher, dass das klappen wird."
    In Berlin übernachten fast alle 2.300 Athleten in einem Hotel. Neunzig Köche werden rund 63.000 koschere Mahlzeiten zubereiten. 300 freiwillige Helfer engagieren sich. Mit dabei sind auch vierzig Gastfamilien. Sie alle ermöglichen Wettbewerbe in 19 Sportarten, darunter Schach, Bridge oder Futsal. Makkabi will an die Vergangenheit erinnern. Doch im Fokus steht die Gegenwart: der Alltag des Sports.