Donnerstag, 28. März 2024

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Mali
Handschriften von Timbuktu sind in Sicherheit

Vor zwei Jahre eroberten islamistische Rebellen Timbuktu. Die Stadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, wurde größtenteils zerstört. Gerettet werden konnte hingegen viele der wertvollen Handschriftensammlungen. Experten beraten nun, wie diese sie dauerhaft erhalten werden können.

Michael Hanssler im Gespräch mit Christoph Schmitz | 18.06.2014
    Blick auf einen Panzer.
    2012 eroberten islamistische Rebellen die Oasenstadt Timbuktu in Mali. (picture alliance / dpa / Arnaud Roine)
    Christoph Schmitz: Vor zwei Jahren eroberten islamistische Rebellen im Westen Afrikas, in Mali, die Oasenstadt Timbuktu. Sie versuchten, die Sharia einzuführen, zerstörten denkmalgeschützte Mausoleen, verbrannten Handschriftensammlungen. Die Handschriftensammlungen von Timbuktu gehören ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe. Hunderttausende sind es. In privaten und öffentlichen Bibliotheken lagerten und lagern sie. Zum Teil stammen sie aus dem 12. Jahrhundert und spiegeln das naturwissenschaftliche, philosophische und theologische Wissen der ganzen arabischen Welt wieder.
    In über 2000 Kisten konnten zahlreiche Schriften vor den Islamisten nach Bamako, die Hauptstadt Malis, gerettet werden. Handschriftenexperten aus Mali und Hamburg bemühen sich, die Texte zu erhalten. Im Auswärtigen Amt kommen heute und morgen Experten zusammen, um zu beraten, wie es mit Erhalt und Sicherung weitergehen kann. Die Gerda-Henkel-Stiftung in Düsseldorf unterstützt das Projekt.
    Wie steht es derzeit um die geretteten Manuskripte in Bamako? Das habe ich den Vorstandsvorsitzenden der Gerda-Henkel-Stiftung gefragt, Michael Hanssler.
    Hanssler: Handschriften befinden sich in Sicherheit
    Michael Hanssler: Die gute Nachricht ist, dass die Manuskripte in Sicherheit sind, sich in der Hauptstadt befinden und nicht vor unmittelbarer Zerstörung durch irgendwelche islamistischen Gruppen bedroht sind, allerdings jetzt in einem feuchtheißen Klima lagern, nicht mehr in dem trockenen Wüstenklima Timbuktus, sondern in dem sehr feuchten Klima Bamakos, und deswegen Eile geboten ist, die Manuskripte endgültig einem sicheren Verwahrungsort zuzuführen.
    Schmitz: Werden denn die Manuskripte auch jetzt schon mit Ihrer Hilfe in Bamako restauriert, erhalten, werden die vom Schimmel befreit, oder was auch immer?
    Hanssler: Ja, von Schmutz, von Schimmel befreit, gereinigt, aber auch in ersten Ansätzen bereits katalogisiert und hoffentlich in den nächsten Schritten auch digitalisiert, was ein gewaltiges Unterfangen ist, angesichts der Tatsache, dass es sich ja um mehr als 280.000 Manuskripte handelt.
    Schmitz: Das ist die Zahl, die sich jetzt in Bamako befindet. Wie viele sind noch in Timbuktu?
    Hanssler: Soweit ich weiß, sind die Manuskripte, die gerettet werden konnten, inzwischen komplett in Bamako. Mit letztendlicher Sicherheit kann ich Ihnen das aber nicht sagen, da sich ja viele der Handschriften seit Jahrhunderten in Familienbesitz befinden und davon auszugehen ist, dass einige vielleicht noch bei Familien irgendwo in den Häusern versteckt sind. Aber das Gros der Manuskripte ist sicher in der Hauptstadt Malis gelandet.
    Schmitz: Sie sagten, dass es in Bamako ein sehr feuchtes Klima gibt, das den Manuskripten überhaupt nicht gut tut. Wohin sollen die denn gebracht werden?
    Hanssler: Sie sollen in Bamako zumindest mittelfristig verbleiben, allerdings gelagert werden in einer Art Archiv, in einem Museum, das auch schon im Entstehen ist. Das Gebäude ist vorbereitet, es gibt eine Solaranlage, die eine kontinuierliche Stromversorgung und Klimatisierung – das ist der wesentliche Punkt – gewährleistet und auch eine adäquate Lagerung der Handschriften in Regalen und in säurefreien Kartons.
    Manuskript aus der Bibliothek des Ahmed-Baba-Instituts in Timbuktu
    Manuskript aus der Bibliothek des Ahmed-Baba-Instituts in Timbuktu (picture alliance / dpa - Evan Schneider)
    Schmitz: Handschriftenexperten sind ja schon vor Ort aus Hamburg, aber auch eigene aus Mali. Wer schickt die dorthin, wer finanziert diese Kräfte?
    Hanssler: Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt ja ein Konsortium, auch ein internationales Konsortium von Mittelgebern, darunter natürlich auch das Auswärtige Amt, aber auch die Freunde der Stiftung, die Aga Khan Foundation zum Beispiel, die Ford Foundation hat in der Vergangenheit sehr, sehr viel geholfen. Und wir spezialisieren uns in unserem Element der Unterstützung tatsächlich auf die wissenschaftliche Behandlung der Manuskripte, nicht so sehr auf die baulichen Maßnahmen, die andere übernehmen könnten, zum Beispiel die Entwicklungsorganisationen oder die Auswärtigen Ämter der Staaten, die beteiligt sind an der Rettungsaktion.
    Schmitz: Politiker aus Mali sind jetzt in Berlin heute Abend, Manuskriptexperten beraten morgen über Strategien der Sicherung. Welche konkreten Strategien sind denn da im Blick?
    Hanssler: Es sind ja zwei Minister aus Mali hier und Außenminister Steinmeier wird ja heute auch mit dabei sein bei der Veranstaltung. Es geht um ein sogenanntes Strategietreffen, wo möglichst alle Beteiligten, sowohl die lokalen Eigentümer und Treuhänder, als auch die Förderorganisationen, gemeinsam überlegen möchten, welche Schritte sind jetzt prioritär und welche Organisation kann in der Finanzierung was übernehmen.
    Schmitz: Sie haben die Hoffnung, dass das alles ein gutes Ende nimmt?
    "Ich habe die Hoffnung, dass das ein gutes Ende nimmt"
    Hanssler: Ich habe die Hoffnung, dass das ein gutes Ende nimmt, denn sonst würden wir uns als Stiftung hier auch nicht beteiligen. Allerdings ist die große Frage, können die Manuskripte irgendwann, was aus meiner Sicht der Idealzustand wäre, auch wieder zurück nach Timbuktu. Das ist natürlich eine große politische Frage, ob die Situation, die Sicherheitslage es zulässt, dass die in absehbarer Zukunft auch wieder nach Timbuktu, wo sie aus meiner Sicht hingehören, zurück können.
    Schmitz: Michael Hanssler, Vorsitzender der Gerda-Henkel-Stiftung, über das Expertentreffen in Berlin zur Rettung der Manuskripte von Timbuktu.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.