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Mallorca
Kampf dem Palmrüssler

Rund 90 Prozent der Palmen auf Mallorca, so schätzen Experten, sind krank. Schuld ist eine eingeschleppte asiatische Käferart, der Rote Palmrüssler. Er befällt vor allem Dattelpalmen und zerstört damit ganze Landschaften. Die Behörden haben dem Insekt nun mit Chemie den Kampf angesagt.

Von Oliver Neuroth | 23.05.2014
    Die Bildkombo zeigt einen Roten Palmrüssler (lat. Rhynchophorus ferrugineus) in verschiedenen Entwicklungsstadien als Käfer (oben), Kokon und Puppe. Der daumengroße, versteckt lebende Parasit frisst meterlange Gänge durch seine Lieblingsspeise, vor allem
    Mallorca leidet unter einer Insektenplage: Der Rote Palmrüssler befällt vor allem Dattelpalmen. (picture-alliance / dpa)
    Im Garten von Claude kommt jede Hilfe zu spät. Der rote Palmrüssler hat eine der Palmen vor seinem Haus auf Mallorca befallen. Der Franzose kann nur noch zuschauen, wie Gärtner die Pflanze mit Motorsägen zerlegen. Die Überreste kommen in Plastiksäcke, die wiederum werden in einer speziellen Deponie verbrannt. So schreibt es die Regierung der Balearen vor. Claude schüttelt den Kopf. Ihm war vor ein paar Wochen erst aufgefallen, dass die Palme krank ist.
    "Ich sah, wie einer der Palmwedel herunterfiel. Irgendein Tier hatte ihn angefressen. Später entdeckte ich den Palmrüssler. Der war so groß wie mein Daumen. Die Mallorquiner nennen das Insekt einfach Raupe."
    Der Palmrüssler kommt aus Asien. Die spanischen Behörden gehen davon aus, dass er über kranke Palmen aus Marokko eingeschleppt wurde. Der Käfer hat es vor allem auf Dattelpalmen abgesehen, die in vielen Gärten Mallorcas stehen - außerdem an Straßen und Plätzen. Der Palmrüssler nistet sich gerne in den Kopf der Palme ein. Von dort aus frisst er meterlange Gänge in den Stamm und legt dort seine Eier ab. Wenn man das frühzeitig erkennt, ist noch nicht alles zu spät, sagt Juan Fernandez, Gärtner aus Sóller im Nordwesten Mallorcas.
    "Es kommt darauf an, wie stark die Palme befallen ist. Dann gibt es Möglichkeiten, die Pflanze zu retten. Man kann sie auf eine bestimmte Art beschneiden und den Palmrüssler so eliminieren. Alle Wedel müssen runter, auch gesunde Teile der Palme. Der Stamm wird dann jeden Monat mit einem Spezialmittel behandelt. Nach einiger Zeit kann die Palme wieder so aussehen wie vor der Erkrankung."
    Juan Fernandez ist auf den Palmrüssler spezialisiert. Er verdankt dem Käfer ein gutes Geschäft. Wenn sein Team in einem Garten aktiv wird, kostet das den Besitzer schnell rund 200 Euro. Trotzdem hofft Juan, dass die Plage bald eingedämmt wird.
    "Die Leute müssen sich bewusst machen, dass schon 80 bis 90 Prozent der Palmen auf Mallorca vom Palmrüssler befallen sind. Wenn das so weitergeht, wird es in drei oder vier Jahren kaum noch gesunde Palmen geben. Der Käfer krempelt die komplette Landschaft der Insel um. Er zerstört das klassische Urlauberbild von Mallorca, zu dem einfach Palmen dazu gehören. So viel steht fest: Es wird sich einiges verändern."
    Der Gärtner kritisiert die Inselregierung: Sie hätte schon früher gegen den Palmrüssler kämpfen und die Bewohner von Mallorca besser aufklären müssen. Das Landwirtschaftsministerium in Palma beteuert, alles getan zu haben, was in seiner Macht steht. Andreu Juan, der zuständige Beamte im Ministerium, sagt:
    "Diese Plage ist sehr schwer zu kontrollieren. Immerhin gab es im vergangenen Jahr weniger neu erkrankte Palmen als im Jahr davor. Das zeigt uns, dass wir langsam Fortschritte machen."
    Kritiker sagen dagegen: Die Zahl der Neuerkrankungen sinke nur deshalb, weil kaum noch gesunde Palmen übrig seien. Auch Andreu Juan ist klar, dass größere Fortschritte her müssen und die Palmen auf Mallorca nicht verschwinden dürfen.
    "Palmen sind sehr wichtig für uns, wir müssen sie schätzen. Wenn es sie nicht mehr gäbe, wäre das traurig. Aber wer seine Palmen pflegt und vorsorgt, kann sicher sein, keine Palmrüssler befürchten zu müssen - das versichere ich!"
    Vorsorgen bedeutet: Auch gesunde Palmen mit Chemikalien einsprühen. Oppositionspolitiker auf Mallorca kritisieren diese Ansage der Inselregierung - sie sei schlecht für die Umwelt. Schließlich gibt es auch biologische Techniken gegen den Palmrüssler, die aber noch nicht so ausgereift sind und vor allem bei hohen Temperaturen im Sommer nicht wirken. Auch Franzose Claude, der schon eine seiner Palmen an den Käfer verloren hat, kann sich mit der chemischen Vorsorge nicht so richtig anfreunden:
    "Ich muss drei verschiedene Chemikalien mischen und auf die Palmen sprühen. Pro Palme dauert das Ganze etwa eine Stunde. Und man muss sein Gesicht vor den Gasen schützen. Ich mache das nicht gerne, aber was bleibt mir anderes übrig. Die einzige Alternative wäre: Alle Palmen vorsorglich abholzen."