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Malta
Vom Erzkatholizismus zum liberalsten Land der EU

Malta gilt als katholische Hochburg der EU. Erst 2011 wurde die Ehescheidung eingeführt. Doch mit Ministerpräsident Joseph Muscat von der Labour Partei öffnet sich das Land. Gerade wurde die Homo-Ehe mit Adoptionsrecht erlaubt.

Von Tilmann Kleinjung | 22.04.2014
    Maltas Premier Joseph Muscat blickt in die Kamera.
    Erst Homo-Ehe, jetzt die Legalisierung weicher Drogen: Maltas Premier Muscat stellt den streng katholischen Inselstaat auf den Kopf. (dpa/Jp Amet)
    Streng katholisch. Normalerweise wird der Inselstaat Malta nur in Kombination mit diesen beiden Adjektiven genannt. "Katholisch" gilt immer noch, der Katholizismus bleibt Staatsreligion. Aber "streng" kann man ab sofort streichen. Der Bürgerrechts Aktivist Neil Falzon:
    "Die Debatte um die Scheidung vor einigen Jahren zeigt, dass das Land die alten politischen Ansichten nicht mehr teilt. Das war ziemlich überraschend für die Kirchenvertreter und andere Institutionen."
    In einem Volksentscheid sprach sich 2011 eine knappe Mehrheit der Malteser für die Einführung der zivilrechtlichen Scheidung aus – gegen den Widerstand der katholischen Kirche. Da konnte man schon ahnen, dass etwas in Bewegung ist in diesem Land. Dann wählten die Malteser den jungen Labour Politiker Joseph Muscat zum neuen Premier und der trat an mit dem Versprechen, homosexuelle Paare gleichzustellen.
    Party in La Valletta. Ein Jahr nach Amtsantritt hat Joseph Muscat sein Versprechen eingelöst. Das maltesische Parlament hat ein Gesetz zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft verabschiedet. Das beinhaltet auch das Adoptionsrecht für schwule und lesbische Paare. Damit hat das einstige konservative Bollwerk Malta eines der liberalsten Partnerschafts-Gesetze in der EU.
    "Damit trennt Malta die Vergangenheit von der Zukunft", sagte Muscat bei der Regenbogenparty in Valletta. Und die Zukunft Maltas sei "liberal, progressiv europäisch".
    Selbst die Opposition von der konservativen Nationalist Party war für die Legalisierung homosexueller Partnerschaften. Nur beim Adoptionsrecht wollte man nicht mitmachen und enthielt sich deshalb bei der Abstimmung der Stimme. Die katholische Kirche stand in dieser Debatte auf verlorenem Posten. Weihbischof Charles Scicluna beklagt: Mit dem neuen Gesetz werden eingetragene Partnerschaften Ehen komplett rechtlich gleichgestellt.
    "Es gibt doch keine Notwendigkeit unsere Definition von Ehe zu ändern, um nicht heterosexuellen Paaren Würde und rechtliche Anerkennung zu geben."
    Wie rasant sich die maltesische Gesellschaft in diesen Jahren gewandelt hat, zeigt ein Blick in die jüngste Vergangenheit. 2012 hat Malta mit Tonio Borg einen Gesundheitskommissar nach Brüssel geschickt, der sich vehement gegen jede Gleichberechtigung für Homosexuelle gewehrt hatte. Zum Vorschlag, auch gleichgeschlechtliche Paare bei der Rentenreform zu berücksichtigen, sagte Borg: "Das hat uns gerade noch gefehlt, jetzt auch noch Schwule zu tolerieren." So klingt die Vergangenheit Maltas, sagt Neil Falzon von der Menschenrechtsorganisation Aditus:
    "Es gibt einen Teil der Bevölkerung, der es nicht gut findet, dass ein so hohes Amt einem Mann mit solch uneuropäischen Ansichten gegeben wird. Da geht es nicht um seine religiösen Überzeugungen. Aber auf einem solch hohen Level in der EU sollte man doch die Werte der Union reflektieren und welchen Weg die EU einschlägt."
    Nun hat Tonio Borg als EU Gesundheitskommissar Gelegenheit eine neue Gesetzesinitiative aus seiner Heimat zu "reflektieren". Ministerpräsident Muscat plant als Nächstes, den Konsum von weichen Drogen zu legalisieren.