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Mamma mia, la Merkel!

Die Bundeskanzlerin berät heute in Rom mit ihrem italienischen Amtskollegen Mario Monti über die Eurokrise. Mit deutschen Rezepten – vor allem Haushaltsdisziplin - soll ganz Europa gestärkt aus der Krise hervorgehen und weltweit eine größere Rolle spielen. Die Italiener allerdings sehen das skeptisch.

Von Tilmann Kleinjung | 13.03.2012
    Vor allem in den Medien des Berlusconi Konzerns bekommt die deutsche Kanzlerin regelmäßig ihr Fett ab. Die üblichen Nazi Vergleiche, gerne auch Beschimpfungen unter der Gürtellinie. Die Kampagne verfehlt nicht ihre Wirkung:

    "Sie ist zu streng, sie will alleine in Europa bestimmen."

    "Sie ist sehr gerissen, wenn es darum geht, deutsche Interessen zu vertreten."

    "Wir sind doch ein Europa, da muss man auch an die Schwächeren denken, so brauchen wir Europa nicht mehr."

    Das Merkel-Bashing im Berlusconilager hat einen einfachen Grund: Es fehlt zurzeit ein klares Feindbild, man ist in eine große Koalition unter Mario Monti gezwungen worden, da lässt sich an der deutschen Kanzlerin wunderbar der Frust abbauen. Außerdem macht man sie für den Rücktritt des ewigen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi verantwortlich. Nicola Filippone von der Zeitung "Il sole 24 Ore" hält nichts von solchen Verschwörungstheorien.

    "Sie hat wenig mit dem Sturz Berlusconis zu tun. Aber das ist der Eindruck, der entstanden ist: Diese Wende in Italien hat natürlich auch eine europäische und deutsche Dimension."

    Rückblende: Vor einem Jahr schwärmte das Bel Paese noch von der deutschen Kanzlerin. Da galt sie als erfolgreicher Gegenentwurf zum Skandal-Ministerpräsidenten Berlusconi und zu einer Politikerklasse, die nicht das Land, sondern sich selbst bereichert. Man sprach mit Hochachtung von "La Merkel":

    "Es ist doch sinnvoll, was Merkel macht, die Europäische Union muss sich bewegen, wir müssen mehr Opfer bringen und vor allem ehrlicher werden."

    Mit Mario Monti hat ein neuer Politikstil in Italien Einzug gehalten. Und während der neue Ministerpräsident in der Bevölkerung immer populärer wird, sinken die Werte für Merkel in den Keller. Nein, so richtig beliebt ist sie nicht in Italien.

    "Ach, sie ist mir gar nicht so unsympathisch, sie hat was drauf. Aber sie ist mir zu entscheidungsfreudig."

    Da unterscheidet sich das deutsche vom italienischen Merkel-Bild. In der Heimat gilt die Kanzlerin ja eher als eine, die zaudert; in Italien hat sie ein Macher-Image. Eiskalt, schnell und auf den deutschen Vorteil bedacht.
    "Wir haben sie früher mehr gemocht. Aber dann war sie vor allem Griechenland gegenüber sehr hart. Ich glaube, sie hätte Griechenland etwas früher helfen können."

    Und nun fürchten die Italiener: Als Nächstes sind wir an der Reihe. Auch wenn Monti gebetsmühlenartig wiederholt: Wir sparen nicht für Brüssel, sondern für die Zukunft unserer Kinder, sehen viele Italiener in Angela Merkel die eigentlich Verantwortliche für drastische Sparmaßnahmen, Journalist Nicola Filippone:

    "In Italien gibt es die Auffassung, dass viele Maßnahmen auf sie zurückzuführen sind. Sie gilt als die Regisseurin, dass man mehr auf Haushaltsdisziplin und weniger auf Wachstum setzt. Und dafür gibt es ja auch eine Grundlage, denn die Falken in ihrer Regierung, zum Beispiel Schäuble, drängen ja genau in diese Richtung."

    Eine Karikatur sagt mehr als viele Worte. Im "Corriere della Sera" sitzt Monti am gedeckten Tisch, daneben die gestrenge Angela Merkel mehr Domina als Kellnerin. Dazu die Empfehlung: Schlucks runter, mit der Deutschen ist nicht zu scherzen.