Seynsche: Herr Neßhöver, wie wurde die Studie von den Delegierten der UN-Biodiversitäts-Konferenz aufgenommen?
Neßhöver: Nun, die Reaktion ist eigentlich durchweg positiv. Wir hatten eigentlich nicht damit gerechnet, dass die Studie eine so breiten Aufmerksamkeit findet und auch Einfluss nimmt, wie man sieht, auf die Konferenz, auf die Entscheidungen, die hier teilweise getroffen werden. So gesehen, sind wir dadurch recht angetan, was die Aufnahme dieser Argumente für den Naturschutz betrifft.
Seynsche: Inwieweit nimmt sie denn Einfluss?
Neßhöver: Nun, im Naturschutz, in der Naturschutzdiskussion, in der Biodiversitätsdiskussion ist man sich mehr und mehr bewusst geworden, dass man nicht nur allein mit Argumenten weiterkommt, die einfach den Schutz der Natur in sich wertschätzen, sondern dass man, um auch die Gesellschaft in der Breite zu überzeugen, einfach nicht nur deutlich machen muss, was verlieren wir eigentlich so an Arten, an Ökosystemen, sondern was verlieren wir an Leistungen, die diese Ökosysteme für uns erbringen. Und Leistungen messen wir nun mal in ökonomischen Werten. Das kann ein Geldwert sein, das kann aber auch schlichtweg das Bewusstsein sein, dass eben zum Beispiel ein Waldstück unsern Frischwasser liefert und ähnlichem. Und solche Argumente sind einfach wichtig, um den ökologischen Gesichtspunkten in Entscheidungen über Investitionen, in Raumplanungsentscheidungen einfach mehr Gewicht zu verleihen. Und das merkt man hier, dass diese Argumente mehr und mehr gebraucht werden.
Seynsche: Wie verleihen Sie denn solchen Gütern, die eigentlich kein Preisschild haben, ein Preisschild? Einem Waldstück, oder einem Acker, oder was auch immer.
Neßhöver: Der Begriff Preisschild ist natürlich schon sehr schwierig. Man impliziert, wenn man über Ökonomie spricht, dann ist das immer gleich… Man tut überall ein Preisschild drauf. Für viele dieser, der Dienstleistungen, die die Natur für uns erbringt, haben wir auch ein richtiges Preisschild, weil wir haben Märkte dafür. Das sind die Agrarprodukte, die die Natur zur Verfügung stellt, teils auch die Holzprodukte und ähnliches. Und für andere Dinge ist das natürlich etwas schwieriger. Aber wir haben zum Beispiel das Beispiel der Leistung der Atmosphäre, CO2 aufzunehmen. Das hätte man früher auch nicht gedacht, dass man einen Markt dafür schafft oder sich bewusst macht, dass diese Leistung wertgeschätzt wird in geldwerten Dingen. Und man hat dann dafür diesen Emissionshandel entwickelt, in der Forschung, und dann auch teilweise in Europa eingeführt. Und genauso ist es denkbar, dass man andere, gerade solche Regulationsdienstleistungen der Natur durchaus ökonomisch erst einmal messbar macht, um dann bewusst zu machen, dass zum Beispiel eine Entscheidung, einen Fluss nicht weiter zu regulieren, sondern ihm Freiraum zu geben, damit die Hochwassergefahr sinkt, erst einmal ökonomische Bedeutung hat, nämlich dahingehend, dass man einfach Schäden vermeidet.
Seynsche: Sie haben es schon erwähnt: Es gibt positive Reaktion auf diese Studie. Wie sehen diese Reaktion aus? Gibt es jetzt Leute, die sagen: Wir schützen jetzt doch unser Naturschutzgebiet, weil es so viel wert ist?
Neßhöver: Das ist das eine, wo wir sehen, dass es auch gerade in Entwicklungsländern solche Ansätze gibt, die schon länger umgesetzt werden, solche so genannte Zahlungssysteme für Ökosystemdienstleistungen. Costa Rica hat so etwas eingeführt, Mexiko hat so etwas eingeführt, wo man etwa eine Steuer erhoben hat, um damit den Wert eines Waldes den Landbesitzern zu vergelten, wenn man so will. Und dadurch es wesentlich attraktiver wird, die Wälder zu erhalten, oder teilweise auch sie wiederaufzuforsten und damit diese ökologischen Leistungen, wie zum Beispiel die Wasserversorgung von Mexiko sicherzustellen.
Seynsche: Sie verfolgen ja das Treiben in Nagoya seit einer Woche. Was sind denn im Moment die großen Streitthemen? Worum geht es im Moment in der Diskussion?
Neßhöver: Ja, die Themen liegen etwas in einem anderen Bereich. Das eine Streitthema, das eigentlich schon seit 15 Jahren das zentrale Thema ist, und was auch ein ökonomisches ist, ist die Frage, wie kann man genetische Ressourcen insbesondere in südlichen Ländern nutzbar machen, auf der einen Seite, das geschieht in erster Linie durch Pharmafirmen und durch Kosmetikfirmen, und durch eben Innovationen, die Produkte entwickeln und vermarkten...
Seynsche: Das heißt, dass aus einer Pflanze ein neues Medikament gemacht wird, oder was kann ich mir darunter vorstellen?
Neßhöver: Zum Beispiel, genau. Das ist also das klassische Beispiel dafür. Und die Diskussion dreht sich natürlich darum, wie kann man sicherstellen, dass nicht nur das Unternehmen, was diese ganze Entwicklung macht, davon profitiert, sondern eben auch das Land und auch die durchaus indigene Bevölkerung vor Ort, die lokale Bevölkerung vor Ort, wo diese Pflanze herkommt. Das ist ein zentraler Ansatz der Konvention zur biologischen Vielfalt, diesen, ja, den Besitzanspruch dieser Südländer deutlich zu machen. Bisher war das immer so, dann konnte quasi dahin gehen, das mitnehmen und das quasi ausbeuten. Und das möchte man vermeiden. Aber das hat eben sehr schwierige rechtliche Implikationen, und man hat jetzt ganz klar für diese Konferenz gesagt, wir brauchen jetzt hier eine Entscheidung. Sonst geht es eben auf der anderen Seite auch nicht mit dem Naturschutz-Fragen und ähnlichem weiter.
Seynsche: Weil die das dann blockieren würden, oder?
Neßhöver: Genau, weil die südlichen Länder gesagt haben: Wir wollen jetzt eine Regelung haben, damit beendet wird, dass es da immer weiter zur Ausbeutung kommt, sonst sind wir nicht bereit, an den anderen Dingen mitzumachen.
Seynsche: Was sind die anderen Streitpunkte, sie hatten erwähnt: drei?
Neßhöver: Das zweite ist natürlich das liebe Geld. Man muss sich bewusst machen, dass natürlich alle Beschlüsse, die man hier fasst, Geld kosten. Zum Beispiel, wenn man erst so ein internationales Regime zum gerechten Vorteilsausgleichs einführt, muss man natürlich überprüfen, das heißt automatisch, es muss in allen Ländern ein focal point eingerichtet werden, der das überwacht. Es muss aber auch im Sekretariat der Konvention eine entsprechende Stelle geschaffen werden, die entsprechend ausgestattet ist, um das sicherzustellen. Auf der anderen Seite, und damit komme ich zum dritten Thema, was jetzt zentral diskutiert wird: Wir hatten ja für dieses Jahr das 2010-Ziel. Also bis zu diesem Jahr den Verlust der biologischen Vielfalt signifikant zu reduzieren. Das hat man nicht erreicht. Und jetzt braucht man eine neue Strategie, einen neuen strategischen Plan bis zum Jahr 2020. Und man verhandelt jetzt über diese einzelnen Ziele, die im Rahmen dieser Strategie umgesetzt werden sollen. Und auch da geht es natürlich um die Umsetzung und Geld dafür.
Seynsche: Glauben Sie, dass einer von diesen Punkten in Nagoya gelöst wird?
Neßhöver: Man muss eigentlich alle lösen, weil, wenn man mit einem nicht vorankommt, dann kann man schon sagen, dass die Konferenz gescheitert ist. Wir hatten gerade die Plenumssitzung in der Mitte der gesamten Tagung, wo also Bericht erstattet wurde aus den nationalen Arbeitsgruppen: Wie ist man vorangekommen. Und man merkt schon, dass es einen sehr, sehr großen Willen gibt, diesmal etwas wirklich zu erreichen. Aber man hat eben gerade bei dem gerechten Vorteilsausgleich noch einige recht dicke Bretter zu bohren, man hat hier sehr stark appelliert, dass jetzt auch die Delegationen noch einmal nachhause zurückkommentieren, was, an welchem Punkt man ist. Und bitte mit einem stärkeren Verhandlungsmandat und auch mehr Flexibilität dann morgen,, denn jetzt wird am Wochenende weiterverhandelt, in die Verhandlungen zurückkommt, damit wirklich etwas passiert. Und der Kollege, der Delegierter aus Malawi hat das sehr schön zusammengefasst. Der Mann hat gesagt: Ja, wir brauchen einen Beschluss, insbesondere beim gerechten Vorteilsausgleich, denn das ist quasi der Diamant in der Krone, wie er gesagt hat. Und wenn man wirklich diese TBD, diese sehr, sehr wichtige Konvention weiter bringen will, da braucht man dort einen Beschluss.
Neßhöver: Nun, die Reaktion ist eigentlich durchweg positiv. Wir hatten eigentlich nicht damit gerechnet, dass die Studie eine so breiten Aufmerksamkeit findet und auch Einfluss nimmt, wie man sieht, auf die Konferenz, auf die Entscheidungen, die hier teilweise getroffen werden. So gesehen, sind wir dadurch recht angetan, was die Aufnahme dieser Argumente für den Naturschutz betrifft.
Seynsche: Inwieweit nimmt sie denn Einfluss?
Neßhöver: Nun, im Naturschutz, in der Naturschutzdiskussion, in der Biodiversitätsdiskussion ist man sich mehr und mehr bewusst geworden, dass man nicht nur allein mit Argumenten weiterkommt, die einfach den Schutz der Natur in sich wertschätzen, sondern dass man, um auch die Gesellschaft in der Breite zu überzeugen, einfach nicht nur deutlich machen muss, was verlieren wir eigentlich so an Arten, an Ökosystemen, sondern was verlieren wir an Leistungen, die diese Ökosysteme für uns erbringen. Und Leistungen messen wir nun mal in ökonomischen Werten. Das kann ein Geldwert sein, das kann aber auch schlichtweg das Bewusstsein sein, dass eben zum Beispiel ein Waldstück unsern Frischwasser liefert und ähnlichem. Und solche Argumente sind einfach wichtig, um den ökologischen Gesichtspunkten in Entscheidungen über Investitionen, in Raumplanungsentscheidungen einfach mehr Gewicht zu verleihen. Und das merkt man hier, dass diese Argumente mehr und mehr gebraucht werden.
Seynsche: Wie verleihen Sie denn solchen Gütern, die eigentlich kein Preisschild haben, ein Preisschild? Einem Waldstück, oder einem Acker, oder was auch immer.
Neßhöver: Der Begriff Preisschild ist natürlich schon sehr schwierig. Man impliziert, wenn man über Ökonomie spricht, dann ist das immer gleich… Man tut überall ein Preisschild drauf. Für viele dieser, der Dienstleistungen, die die Natur für uns erbringt, haben wir auch ein richtiges Preisschild, weil wir haben Märkte dafür. Das sind die Agrarprodukte, die die Natur zur Verfügung stellt, teils auch die Holzprodukte und ähnliches. Und für andere Dinge ist das natürlich etwas schwieriger. Aber wir haben zum Beispiel das Beispiel der Leistung der Atmosphäre, CO2 aufzunehmen. Das hätte man früher auch nicht gedacht, dass man einen Markt dafür schafft oder sich bewusst macht, dass diese Leistung wertgeschätzt wird in geldwerten Dingen. Und man hat dann dafür diesen Emissionshandel entwickelt, in der Forschung, und dann auch teilweise in Europa eingeführt. Und genauso ist es denkbar, dass man andere, gerade solche Regulationsdienstleistungen der Natur durchaus ökonomisch erst einmal messbar macht, um dann bewusst zu machen, dass zum Beispiel eine Entscheidung, einen Fluss nicht weiter zu regulieren, sondern ihm Freiraum zu geben, damit die Hochwassergefahr sinkt, erst einmal ökonomische Bedeutung hat, nämlich dahingehend, dass man einfach Schäden vermeidet.
Seynsche: Sie haben es schon erwähnt: Es gibt positive Reaktion auf diese Studie. Wie sehen diese Reaktion aus? Gibt es jetzt Leute, die sagen: Wir schützen jetzt doch unser Naturschutzgebiet, weil es so viel wert ist?
Neßhöver: Das ist das eine, wo wir sehen, dass es auch gerade in Entwicklungsländern solche Ansätze gibt, die schon länger umgesetzt werden, solche so genannte Zahlungssysteme für Ökosystemdienstleistungen. Costa Rica hat so etwas eingeführt, Mexiko hat so etwas eingeführt, wo man etwa eine Steuer erhoben hat, um damit den Wert eines Waldes den Landbesitzern zu vergelten, wenn man so will. Und dadurch es wesentlich attraktiver wird, die Wälder zu erhalten, oder teilweise auch sie wiederaufzuforsten und damit diese ökologischen Leistungen, wie zum Beispiel die Wasserversorgung von Mexiko sicherzustellen.
Seynsche: Sie verfolgen ja das Treiben in Nagoya seit einer Woche. Was sind denn im Moment die großen Streitthemen? Worum geht es im Moment in der Diskussion?
Neßhöver: Ja, die Themen liegen etwas in einem anderen Bereich. Das eine Streitthema, das eigentlich schon seit 15 Jahren das zentrale Thema ist, und was auch ein ökonomisches ist, ist die Frage, wie kann man genetische Ressourcen insbesondere in südlichen Ländern nutzbar machen, auf der einen Seite, das geschieht in erster Linie durch Pharmafirmen und durch Kosmetikfirmen, und durch eben Innovationen, die Produkte entwickeln und vermarkten...
Seynsche: Das heißt, dass aus einer Pflanze ein neues Medikament gemacht wird, oder was kann ich mir darunter vorstellen?
Neßhöver: Zum Beispiel, genau. Das ist also das klassische Beispiel dafür. Und die Diskussion dreht sich natürlich darum, wie kann man sicherstellen, dass nicht nur das Unternehmen, was diese ganze Entwicklung macht, davon profitiert, sondern eben auch das Land und auch die durchaus indigene Bevölkerung vor Ort, die lokale Bevölkerung vor Ort, wo diese Pflanze herkommt. Das ist ein zentraler Ansatz der Konvention zur biologischen Vielfalt, diesen, ja, den Besitzanspruch dieser Südländer deutlich zu machen. Bisher war das immer so, dann konnte quasi dahin gehen, das mitnehmen und das quasi ausbeuten. Und das möchte man vermeiden. Aber das hat eben sehr schwierige rechtliche Implikationen, und man hat jetzt ganz klar für diese Konferenz gesagt, wir brauchen jetzt hier eine Entscheidung. Sonst geht es eben auf der anderen Seite auch nicht mit dem Naturschutz-Fragen und ähnlichem weiter.
Seynsche: Weil die das dann blockieren würden, oder?
Neßhöver: Genau, weil die südlichen Länder gesagt haben: Wir wollen jetzt eine Regelung haben, damit beendet wird, dass es da immer weiter zur Ausbeutung kommt, sonst sind wir nicht bereit, an den anderen Dingen mitzumachen.
Seynsche: Was sind die anderen Streitpunkte, sie hatten erwähnt: drei?
Neßhöver: Das zweite ist natürlich das liebe Geld. Man muss sich bewusst machen, dass natürlich alle Beschlüsse, die man hier fasst, Geld kosten. Zum Beispiel, wenn man erst so ein internationales Regime zum gerechten Vorteilsausgleichs einführt, muss man natürlich überprüfen, das heißt automatisch, es muss in allen Ländern ein focal point eingerichtet werden, der das überwacht. Es muss aber auch im Sekretariat der Konvention eine entsprechende Stelle geschaffen werden, die entsprechend ausgestattet ist, um das sicherzustellen. Auf der anderen Seite, und damit komme ich zum dritten Thema, was jetzt zentral diskutiert wird: Wir hatten ja für dieses Jahr das 2010-Ziel. Also bis zu diesem Jahr den Verlust der biologischen Vielfalt signifikant zu reduzieren. Das hat man nicht erreicht. Und jetzt braucht man eine neue Strategie, einen neuen strategischen Plan bis zum Jahr 2020. Und man verhandelt jetzt über diese einzelnen Ziele, die im Rahmen dieser Strategie umgesetzt werden sollen. Und auch da geht es natürlich um die Umsetzung und Geld dafür.
Seynsche: Glauben Sie, dass einer von diesen Punkten in Nagoya gelöst wird?
Neßhöver: Man muss eigentlich alle lösen, weil, wenn man mit einem nicht vorankommt, dann kann man schon sagen, dass die Konferenz gescheitert ist. Wir hatten gerade die Plenumssitzung in der Mitte der gesamten Tagung, wo also Bericht erstattet wurde aus den nationalen Arbeitsgruppen: Wie ist man vorangekommen. Und man merkt schon, dass es einen sehr, sehr großen Willen gibt, diesmal etwas wirklich zu erreichen. Aber man hat eben gerade bei dem gerechten Vorteilsausgleich noch einige recht dicke Bretter zu bohren, man hat hier sehr stark appelliert, dass jetzt auch die Delegationen noch einmal nachhause zurückkommentieren, was, an welchem Punkt man ist. Und bitte mit einem stärkeren Verhandlungsmandat und auch mehr Flexibilität dann morgen,, denn jetzt wird am Wochenende weiterverhandelt, in die Verhandlungen zurückkommt, damit wirklich etwas passiert. Und der Kollege, der Delegierter aus Malawi hat das sehr schön zusammengefasst. Der Mann hat gesagt: Ja, wir brauchen einen Beschluss, insbesondere beim gerechten Vorteilsausgleich, denn das ist quasi der Diamant in der Krone, wie er gesagt hat. Und wenn man wirklich diese TBD, diese sehr, sehr wichtige Konvention weiter bringen will, da braucht man dort einen Beschluss.